Einladung zum Perspektivwechsel

Von Fliegenfängern und Katzenklappen: So komplex sind die Beziehungen zwischen Mensch und Tier

Stand
Autor/in
Maja Hattesen

Wie kann man die vielfältigen Beziehungen zwischen Menschen und anderen Lebewesen neu denken? Alphabetisch angeordnet von B wie „Bärchenwurst“ über K wie „Katzenklappen“ lädt dieser unterhaltsame Sammelband ein, genau hinzusehen.

Mensch und Tier – eine symbiotische Beziehung

Fast 400 Seiten – keine Kleinigkeit also, wie es uns der Untertitel „39 Kleinigkeiten zwischen den Arten“ weismachen will. Die sechs Herausgeber*innen sind Teil eines interdisziplinären Forschungsprojektes von Geisteswissenschaftler*innen an der Uni Frankfurt, das sich mit den Beziehungen zwischen den Arten beschäftigt.  

„Die Multispecies-Studies fragen danach, wie diese Beziehungen neu gedacht werden können“, so eine der Herausgeberinnen, die Literaturwissenschaftlerin Frederike Felcht. „Ein Beispiel wäre: Was ist ein Mensch? Wir haben im Darm eine große Anzahl von Bakterien, wir haben eine lange Geschichte der Tierhaltung, eine lange Geschichte der Landwirtschaft.“

B wie „Bärchenwurst“

Um nicht nur eine wissenschaftliche Leserschaft zu erreichen, sondern eine breitere Öffentlichkeit, präsentieren die Herausgeber und Herausgeberinnen alphabetisch angeordnet Alltags-Kleinigkeiten, die fast jeder kennt. Unter „B“ findet sich zum Beispiel die „Bärchenwurst“ für Kinder, humoristisch betrachtet von Ulrich Ermann, Professor für Humangeographie.

Gerade weil das Bärchen nicht jenes Tier ist, welches für diesen Genuss sterben muss, ist es dafür prädestiniert, die Verbindung der Wurst zu dem Tier, aus dessen Fleisch sie gefertigt wurde, durch die Hervorrufung angenehmerer Assoziationen zu vertuschen. Bestimmt gibt es hier und da auch Wurst in Gestalt eines lachenden Ferkels – die Vorstellung ist aber doch recht makaber im Vergleich zum Bild des am Produktionsprozess der Wurst völlig unbeteiligten Bärchens.

Wer hat beim Gassigehen die Hosen an?

Vom Schwein zum Hund sind es nur ein paar Buchstaben, unter „H“ findet sich die „Hundeleine“. Der Autor und Soziologe Robert Gugutzer hat durch tägliche Spaziergänge mit seinem Dackel Pippa auf jeden Fall die nötige Street Credibility, um einen auf seine Reise zur Hundeleinen-Typologie mitzunehmen.

Schon Loriot zeichnete in der Umkehrung der Mensch-Hund-Abhängigkeit, wer beim Gassigehen die Hosen anhat. Gugutzer schreibt:

Nach zwölf Jahren Spaziergehen mit Pippa und der dabei angestellten Beobachtungen anderer Hund-Mensch-Paardynamiken lässt sich die zugegebenermaßen recht subjektive These (…) aufstellen, dass den drei Hundeleinen-Typen drei Menschentypen korrespondieren.

Die Schleppleine lasse auf den „engagiert Misstrauischen“, die Rollleine auf den „pragmatisch Faulen“ und die Führleine auf den „sicher Souveränen“ schließen. Erkenntnisse, die einem nicht nur bei der nächsten Jogging-Runde garantiert zu denken geben werden. 

Wie kann man Tiere jagen?

Unter Buchstabe „K“ findet sich der Aufsatz „Kimme und Korn“ des Wolfsforschers und Kulturanthropologen Thorsten Gieser von der Universität Koblenz. Jahrelang streifte er nachts durch die Wälder, hat Interviews mit Hunderten Jägerinnen und Jägern geführt, selbst seinen Jagdschein gemacht, um ein Paradoxon zu verstehen.

Wie lässt sich die intime Nähe, die man mit dem Fernrohr auf dem Gewehr beim Beobachten des Wildschweins herstellt, mit dem Töten vereinbaren? Die Diskussion rund um das Jagen sei seit Jahren aufgeheizt und gehe mit einer vorschnellen Verurteilung einher.

Buch lädt ein, genau hinzuschauen

Thomas Gieser hat herausgefunden, dass das Töten eben nur ein Prozent der Jägertätigkeit einnimmt. Der Rest sei Hege und Pflege des Reviers, erklärt Gieser: stundenlange intensive Beobachtung der Natur und der Tiere. Damit sei ein Jäger viel näher dran an der Spezies Wildtier als jeder andere.

Dem Autor gelingt es gerade durch seine intensive Feldforschung – so wie auch anderen im Buch – einen Perspektivwechsel für den Leser und die Leserin zu ermöglichen: Dass wir bei vielen sogenannten „Kleinigkeiten zwischen den Arten“ genauer hinschauen sollten – im Sinne der Achtung der Biodiversität. Wir sind eben nicht allein auf dieser Welt.

Das Tier und wir

Militärgeschichte Tiere im Krieg: Von haarigen Helden und armen Schweinen

Der Einsatz von Tieren als Kriegswaffe hat eine lange Tradition. Bereits der kathargische Heerführer Hannibal zog mit Elefanten gegen Rom. Pferde, Hunde, Tauben dienten militärischen Zwecken und wurden zugleich als Maskottchen oder Kriegshelden verehrt.

Treuer Gefährte, Nationalsymbol, Serienheld Der Deutsche Schäferhund: Zwischen Rassenwahn und Kommissar Rex

Vor 125 wird in Karlsruhe der Verein für Deutsche Schäferhunde gegründet. Seine Geschichte beginnt mit militärischer Härte, grausamen Rasse-Ideologien und Deutschtümelei.

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Maja Hattesen