Wird eine kleine Insel im Pazifik zum Spielball internationaler Investoren? Ein vielschichtiger Roman über ein gigantisches Wohnprojekt auf dem Meer, die faszinierende Welt unter Wasser und die Zukunft der Ozeane.
Wird die kleine Insel noch einmal zum Spielfeld internationaler Investoren? Vor dieser Frage stehen die 80 Bewohner von Makatea, mitten im Pazifischen Ozean. Bis in die 1960er-Jahre wurde dort rücksichtslos Phosphat abgebaut. Nun könnte eine Basis für ein gigantisches Wohnprojekt auf dem Meer entstehen: Es kann der Insel einerseits Wohlstand bringen, sie gleichzeitig aber tiefgreifend verändern. Die Bewohner sollen über das sogenannte „Seasteading“, den Bau von schwimmenden Wohn- und Lebensstätten auf dem Meer, abstimmen.
Fragen für den gesamten Globus
Das ist die Rahmenhandlung von Richard Powers‘ Roman „Das große Spiel“.
Das Monster Kapitalismus zeigt sich in Richard Powers Roman in verschiedener Gestalt: In den „Seasteading“-Plänen, in den verlassenen Minen auf der Insel, im Plastik-Müll, der an den Stränden von Makatea liegt. Und ebenso in der Welt, aus der Todd Keane, eine der Hauptfiguren, stammt. Er ist ein Pionier der Computer-Technologie und mit der Entwicklung von Software stinkreich geworden. An einer unheilbaren Krankheit leidend diktiert er einer KI die Lebensgeschichte – eine Erzählebene im Roman.
Faszination fürs Programmieren
Richard Powers sagt, Todd Keane sei in vieler Hinsicht ein Alter Ego. Wie er stammt auch diese Figur aus der North Side von Chicago.
Später studiert Todd Keane – wie Richard Powers – an der University of Illinois, in Downstate. Ebenso Rafi Young, die zweite Hauptfigur. Er ist Schwarz und stammt aus dem Süden Chicagos, aus einer prekären Welt. Als kleiner Junge wird er von seinem Vater zum Lesen gedrillt, daraus erwächst aber eine große Liebe zur Literatur.
Rafi besucht, keineswegs selbstverständlich für ein Kind seiner Herkunft, eine private katholische Schule und lernt dort Todd kennen. Sie werden Freunde und fanatische Schach- und Go-Spieler. „Das große Spiel“ erzählt auch von der Faszination des Spielens.
Die Freundschaft zwischen Rafi und Todd zerbricht eines Tages, das Spiel der beiden gegeneinander geht derweil weiter und führt zu den „Seasteading“-Plänen.
Pionierin der Ozeanologie
Zwei weitere Figuren – und ihre Lebensgeschichten – sind mit diesem Duo verbunden: Ina Aroita, Bildhauerin, Rafis Frau, sie und ihre Kinder leben auf Makatea. Und Evelyne Beaulieu, seit der Kindheit begeisterte Taucherin. Sie zählt zu den Pionierinnen der Ozeanologie und war an den berühmten Tektite-Forschungsmissionen 1969 und 1970 beteiligt.
Evelyne Beaulieu, 92 Jahre alt, lebt auf Makatea. Auch sie soll abstimmen über die Zukunft der Insel. Mit ihrer Geschichte, inspiriert durch die Biographie der amerikanischen Ozeanographin Sylvia Earle, führt Richard Powers seine Leserinnen und Leser hinab in die Tiefe des Meeres, ins Herz der großen Ozeanmaschine, auf die Hauptbühne des Lebens, wie es heißt in „Das große Spiel“.
Ein vielschichtiger Roman, der daran erinnert, wie beeindruckend dieses Reich unter Wasser ist. Und ebenso daran, dass wir uns sorgen müssen um die Zukunft dieses übergroßen Teils der Erde.
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