Gespräch

Leïla Slimani - Das Land der Anderen

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Interview
Alexander Wasner im Gespräch mit Martin Ebel

Leïla Slimani ist eine der wichtigsten Autorinnen Frankreichs. Ihr neuer Roman „Das Land der anderen“ wurde in Frankreich schon gefeiert. Ein Familienroman, der die koloniale Vergangenheit im Blick hat.

Die aus Marokko stammende französische Autorin wurde bekannt mit ihrem ersten Roman „Dann schläfst auch du“. Erzählt wird eine berührende, fast schon antike Tragödie um ein Kindermädchen, das die ihm anvertrauten Kinder tötet. Leïla Slimani hat dafür den berühmten Prix Goncourt gewonnen und seitdem sind Bücher von ihr ein Ereignis.

Leïla Slimani hat Motive ihrer eigenen Familiengeschichte verarbeitet

Leïla Slimani hat „Das Land der anderen“ an ihre eigene Familiengeschichte angelehnt – ihre Großmutter stand Pate für die Hauptfigur.

Der Roman ist der erste Teil einer Trilogie über drei Generationen. Im vorliegenden ersten Band stehen die Großeltern im Mittelpunkt, die Handlung spielt in den 40er und 50er Jahren in Marokko.

Amin und Mathilde - ein Paar aus zwei Kulturen

Es geht um den marokkanischen Soldaten Amin, der im Zweiten Weltkrieg in der französischen Armee gedient hat und beim Kriegseinsatz im Elsass die Französin Mathilde kennengelernt hat. Mit ihr will er ein Stück Land urbar machen.

Das Thema des Romans, meint Literaturkritiker Martin Ebel, ist das Leben der beiden sozusagen im Land des jeweils anderen. Die christliche, gebildete Französin im traditionsverhafteten islamischen Land, in dem Frauen keine Bildungschancen haben. Sie als Angehörige der Kolonialmacht aber gleichzeitig bessergestellt ist in einem Land, das von Männern beherrscht wird.

Formen der Unterdrückung: die der Kolonialmacht und die zwischen Mann und Frau

Beide sind kolonisiert, meint Ebel. Leïla Slimani bildet zwischen den beiden Formen der Unterdrückung eine Analogie. Amin verfügt über den Körper der Frau, sie nimmt das hin. Unterdrückung und Anziehung schließen sich nicht aus im Werk von Leïla Slimani – ein heikles Thema, aber sie hat heikle Themen nie gescheut.

Leïla Slimani spielt kunstvoll mit der Erzählperspektive

Literarisch meint Ebel ist der Roman ein großes Fresko mit verschiedenen Erzählschichten. Eine große Leistung sei die der Einsatz der Erzählperspektive. Die Autorin schwebt allwissend über der Geschichte, aber sie sieht trotzdem die Handlung aus den Augen der jeweiligen Figuren, aus ihrer jeweils verkürzten Perspektive.

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Alexander Wasner im Gespräch mit Martin Ebel