In der Kurzlebigkeit des Literaturbetriebs ist es durchaus nicht verkehrt, im Fall von Tim Staffel von einem Comeback zu sprechen. Das ist nicht deswegen falsch, weil auch Staffels Verlag das behauptet und vorsichtshalber auch gleich in den Klappentext geschrieben hat.
Vor exakt 25 Jahren veröffentlichte der 1965 in Kassel geborene und seit Anfang der 1990er-Jahre in Berlin lebende Staffel seinen viel beachteten Debütroman „Terrordrom“, der von Frank Castorf an der Berliner Volksbühne auch als Theaterstück inszeniert wurde. Danach arbeitete Staffel selbst für das Theater, veröffentlichte im Jahr 2008 noch einen Roman, der aber eher unterging, bevor nun im noch jungen Kanon Verlag Staffels neues Buch „Südstern“ erschien, das als eine der vielen Überraschungen auf der Longlist des Deutschen Buchpreises landete. „Südstern“ erzählt eine ungewöhnliche Berliner Kiez-Geschichte. So wie an jenem Platz, der dem Roman seinen Namen gibt, gleich mehrere Straßen des Stadtteils Kreuzberg zusammenlaufen, so überkreuzen sich in Staffels Roman auch Geschichten und Lebensläufe: Vanessa und Deniz heißen die beiden Hauptfiguren. Er ist Polizist und auch irgendwie stolz darauf und pflegt neben seinem Beruf auch noch seinen erkrankten Vater. Sie ist studierte Pharmakologin, die in einer Bar arbeitet, mit einem Abgeordneten der Grünen zusammenlebt und heimlich Pillen vertickt.
Die Stadt Berlin ist im Grunde die eigentliche Heldin von „Südstern“. Ein urbaner Raum, der Reibungen erzeugt, Störgeräusche und einen hohen Druck, der irgendwie abgefangen werden muss. Eine Liebesgeschichte und zugleich ein Buch, das von Überforderung erzählt. Ein gegenwärtiger Text im strengen Präsens.
