Kunst im Kinderbuch

Berühmte Bilder in Büchern: Wie Illustratorinnen die Jugendliteratur prägten

Stand
Autor/in
Mareike Gries
Mareike Gries, Autorin und Moderatorin bei SWR Kultur

Kaum jemandem ist der Name Ilon Wikland wirklich geläufig, doch höchstwahrscheinlich haben oder hatten die allermeisten mindestens eines ihrer Werk zu Hause, denn Ilon Wikland hat die Bücher von Astrid Lindgren bebildert. Sie ist nicht die einzige Kinderbuch-Illustratorin, die unbekannt und dabei doch weltberühmt ist.

Illustratorin Ilon Wikland posiert zwischen ihren Bildern von Ronja Räubertochter und Karlsson vom Dach.
Illustratorin Ilon Wikland zwischen ihren bildlichen Umsetzungen der Figuren Astrid Lindgrens. 2018 wurde die Künstlerin mit dem Ehrenpreis der Schwedischen Verlagsgesellschaft ausgezeichnet.

Ihre Figuren kennen die meisten, ihren Namen nicht

Ein Mädchen mit pechschwarzen, lockigen Haaren. Barfuß und mit Pfeil und Bogen in den Händen stapft sie durchs Gras, im Hintergrund ragt eine imposante Burg in den Himmel. Astrid Lindgrens „Ronja Räubertochter“ steht mit diesem Cover seit Jahrzehnten in den Bücherregalen der Kinderzimmer. Und das auf der ganzen Welt.

Während der Roman längst zum Kanon der Kinder- und Jugendliteratur gehört und Autorin Astrid Lindgren auch dank dieser Figur unvergessen ist, ist die Illustratorin des Buches nahezu unbekannt.

Ilon Wikland hat das Werk von Astrid Lindgren bildlich geprägt

Genauso wie Lindgren stammt Ilon Wikland aus Schweden, geboren wurde sie 1930 in Estland. Sie hat nicht nur Räubertochter Ronja ein Gesicht gegeben, sondern auch den Kindern aus Bullerbü oder Karlsson vom Dach.

Ilona Wikland und Astrid Lindgren betrachten Illustrationen.
Während Astrid Lindgren (rechts) es zu Weltruhm brachte, wirkte Ilon Wikland im Hintergrund.

Ilon Wikland und Astrid Lindgren lernten sich zu Beginn der 1950er-Jahre kennen, damals war die Autorin noch kaum bekannt. Lindgren gefielen Wiklands Arbeiten so gut, dass sie ihr bei den Illustrationen komplette künstlerische Freiheit ließ. Jahrzehntelang arbeiteten die beiden Frauen miteinander.

Um fast vergessene Illustrator*innen zu ehren, hat Nina Dulleck – selbst erfolgreiche Illustratorin zum Beispiel der Reihe „Die Schule der magischen Tiere“ – den Goldenen Pinsel ins Leben gerufen. Ilon Wikland bekommt den Preis 2024.

Cover des Buches "Wir Kinder aus Bullerbü"
Die Abenteuer von Lasse, Bosse und den anderen Kindern aus Bullerbü beindrucken junge Leser*innen bis heute. Illustriert wurde das Buch von Ilon Wikland, die ebenso wie Astrid Lindgren aus Schweden stammt.

Felicitas Kuhn: Einprägsamer Stil erweckt Märchen zum Leben

Wie Ilon Wikland haben auch andere Kinderbuch-Illustrator*innen literarische Werke mit ihrer ganz eigenen, künstlerischen Handschrift geprägt. Und mit zu deren Erfolg beigetragen. So zum Beispiel auch Felicitas Kuhn.

Ihren Namen hat kaum jemand gehört, doch ihre Bilder von Schneewittchen oder Rotkäppchen sind längst im kollektiven Gedächtnis verankert. Erst vor wenigen Jahren wurden die von ihr illustrierten Märchenbücher noch einmal neu aufgelegt und prägen damit auch das Bild der Figuren bei den Kindern von heute.

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Cover des Buches "Mein großer Märchenschatz"
Von Schneewittchen bis Aschenputtel: Das Buch „Mein großer Märchenschatz“ mit den Illustrationen von Felicitas Kuhn aus den 1970er-Jahren steht bis heute in vielen Kinderzimmern.

Auch Felicitas Kuhn wurde bereits mit dem Goldenen Pinsel ausgezeichnet. Zwei Jahre vor ihrem Tod wurde die 94-jährige Illustratorin 2020 für ihr umfangreiches Werk geehrt.

Rund 300 Kinderbücher hatte die Österreicherin in ihrem farbigen, unverkennbaren Stil illustriert. „Ich habe als Kind Stunden damit verbracht, ihre Bilder zu betrachten“, erinnert sich Nina Dulleck. „Nebenher habe ich lesen gelernt.“

Leo Lionni: Der Illustrator, der zum Autor wurde

In Sachen Popularität haben es die Künstler*innen leichter, die auch die Texte ihrer Bücher verfassen. Damit landet ihr Name automatisch auf dem Cover. Im Bereich Illustration war das lange Zeit unüblich und ändert sich erst seit wenigen Jahren.

Bekanntes Beispiel eines für Kinder schreibenden Künstlers ist der amerikanische Grafiker Leo Lionni. Sein „Das kleine Blau und das kleine Gelb“ steht bis heute in vielen Kitas, Kindergärten und Kinderzimmern.

Cover des Buches "Frederick"
Während die anderen Mäuse eifrig Vorräte für den Winter sammeln, sammelt Frederick Sonnenstrahlen, Farben und Wörter für die dunkle Jahreszeit. Das Buch von Leo Lionni ist 1967 erschienen.

Auch die Sonnenstrahlen sammelnde Maus „Frederick“ stammt aus der Feder von Lionni. Sie ist fast 60 Jahre alt und verzaubert junge Leser*innen bis heute. Beigetragen hat dazu sicher auch Leo Lionnis unverwechselbarer Stil: Er arbeitete oft mit Collagen, für die er unter anderem Tapete oder Zeitungspapier benutzte. Außerdem verwendete der 1999 verstorbene Künstler Pastell, Bleistift und unterschiedliche Drucktechniken.

Helmut Spanner beeindruckte mit realistischem Stil

Während diese Collagetechnik von Leo Lionni zu Abstraktion führt, sehen die Bilder von Helmut Spanner überaus realistisch aus. Bekannt wurde er in den 1980er-Jahren mit seiner Tier-Reihe. „Ich bin die kleine Katze“ oder „Ich bin die kleine Ente“ gehörten fest zur Kindheit in der alten Bundesrepublik. Auf der Textebene passiert in diesen Büchern nicht sonderlich viel. Die detailreichen Illustrationen aber eröffnen ganze Welten.

Cover des Buches "Ich bin die kleine Katze"
Helmut Spanner hat sich die Abenteuer der kleinen Katze, aber auch einer kleinen Ente oder eines kleinen Bären erdacht und mit detailreichen Bildern illustriert.

Ein Blick auf diese und andere Buchcover reicht, um sich ins Kinderzimmer zurückzuversetzen. Wer sich an die Namen der Urheber nicht erinnert, kennt trotzdem ihre Bilder in- und auswendig.

Illustrator*innen sind damit oft die ersten Helden der Kindheit. Oder zumindest diejenigen, die den Helden der Kinder-Geschichten ihre Gesichter gegeben haben. Und die bleiben ein Leben lang in Erinnerung.

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