„Schieb deine Verantwortung nicht weg“ – unter diesem Slogan hat diese Woche eine bundesweite Kampagne begonnen, die Kinder und Jugendliche vor sexueller Gewalt schützen soll. Erziehungswissenschaftlerin Ulli Freund bildet Erwachsene zum Thema Prävention weiter.
Bei der Prävention gehe es nicht nur darum, Kindern ein Gefühl für ihre eigenen Grenzen zu geben, sagt Ulli Freund in SWR2. Vielmehr gehe es auch darum, Kindern „zu erlauben, den Kopf wegzudrehen, vom Schoß runterzurutschen, die Kinder nicht zu überrumpeln oder ihnen Dinge zuzumuten, die sie eigentlich nicht wollen.“ Erst dann merkten die Kinder, dass sie selbstwirksam seien, so Freund.
Die Täter stammen oft aus dem engen Umfeld vertrauter Personen
Die neuesten Zahlen aus dem Bundeskriminalamt zeigen, dass im Jahr 2022 in Deutschland mehr als 17.000 Kinder unter 14 Jahren Opfer sexueller Gewalt wurden. Die meisten Täter seien den betroffenen Kindern vertraut, so Freund. Es sei wichtig, die Täter nicht zu dämonisieren und damit weit wegzuschieben, sondern anzuerkennen, dass Täter sich auch im engsten Familienkreis, in der Nachbarschaft, im Sportverein finden können, erklärt Ulli Freund.
Familienministerin Paus: Kindesmissbrauch findet häufig im direkten Nahfeld statt
Prävention beginnt im Elternhaus
Bereits kleine Kinder sollten in einem präventiven Umfeld aufwachsen, das müsse sich später in Kita, Schule und Vereinen fortsetzen, fordert Freund. Dafür sei es nötig, Kurse und Informationsveranstaltungen für Eltern und Erzieher anzubieten, fordert sie. Doch dafür fehle häufig das Geld. Auch in der Ausbildung von Pädagogen sollte das Thema Prävention einen größeren Raum bekommen, sagt Freund.
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Sexuelle Gewalt: Bis zu zwei Kinder pro Schulklasse schon Opfer
Am Vormittag startet eine bundesweite Aktionswoche zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt. Mit Fernsehspots, Plakaten, Social-Media-Aktivitäten und Veranstaltungen wollen Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus die Aktionswoche "Schieb deine Verantwortung nicht weg!" beginnen. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind bis zu eine Million Kinder in Deutschland schon Opfer sexueller Gewalt geworden. Das seien ein bis zwei Kinder pro Schulklasse. Der Landtag in Rheinland-Pfalz will den Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt gesetzlich regeln: Ab 2028 soll es dort verpflichtend Schutzkonzepte gegen sexuellen Missbrauch geben, sagte der Vorsitzende des Kinderschutzbundes Rheinland-Pfalz, Klaus Peter Lohest, in SWR Aktuell. "Das ist insofern schon mal ein Fortschritt, dass sich alle Parteien zusammengetan haben." Es sei auch ein Fortschritt, dass es gelungen sei, hier zu einer Einigung zu kommen, nachdem ein Antrag der CDU erst gescheitert war, sagte Lohest.
Warum es Kritik an dem rheinland-pfälzischen Konzept gibt und ob sich die Prävention in den vergangenen Jahren verbessert hat, bespricht SWR Aktuell-Moderator Arne Wiechern mit Klaus Peter Lohest.
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