Haben Sie schon mal Knete im Museum gesehen?
Wahrscheinlich verneinen die meisten diese Frage und verknüpfen Knete eher mit spielenden Kindern. Doch Knete im Museum ist nicht ungewöhnlich: Leni Hoffmann und Henrik Jacob sind zwei solcher Kunstschaffenden, die unter anderem mit Knetmasse künstlerisch arbeiten und die zeigen, wie unterschiedlich Arbeiten mit diesem vielseitigen Werkstoff aussehen können.
Leni Hoffmann entwickelt mit Knetmasse geometrische Raumbilder, die meistens sehr farbintensiv sind und Bezug auf die Architektur nehmen. Den Betrachter bezieht sie dabei mit ein, sodass man manchmal mittendrin oder mittendrauf steht – Kunst zum Anfassen und auf der die Besuchenden ihre Spuren hinterlassen.
In Karlsruhe, wo Leni Hoffmann lebt und arbeitet, kann man ihre Kunstwerke ab Ende März 2024 in der Städtischen Galerie erleben.
Knete als Archiv von Fingerabdrücken
Mitten aus dem Leben gegriffen ist die Knetkunst von Henrik Jacob: Porträts von Rudi Völler oder Erich Honecker, Skulpturen oder eine lebensgroße Bar, an der man sich niederlassen kann. Tresen, Kühlschrank und Röhrenfernseher: alles reell im Raum. Henrik Jacob arbeitet in Grautönen, was den nostalgischen Charme unterstützt. Dreidimensional und weich sehen die Oberflächen aus und man möchte sie am liebsten anfassen.
„Das ist das Interessante an der Knete“, sagt Jacob, „tausende Fingerabdrücke sind auf ihr archiviert – und es können immer neue dazu kommen.“ Seine Werke sind international gefragt und auch in Mannheim ist seine Kunst zu sehen. Hier war er auch als Gastdozent an der Freien Kunstakademie Mannheim tätig.
Auch auf der Leinwand nicht wegzudenken: Knete im Film
Auch in Film und Fernsehen kommt Knete regelmäßig zum Einsatz. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Filme mit Plastilin produziert – zunächst jedoch nur kürzere Sequenzen. Der erste vollständig animierte Knetfilm war „Long Live the Bull“ (1926).
In den 1970er Jahren entwickelten sich dann modernere Knetanimationen, auch Claymations genannt. Der britische Animationskünstler Will Vinton gilt als Vorreiter. Zusammen mit Knetgummianimator Bob Gardiner stellte er unter anderem den Film „Closed Mondays“ her, der 1975 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde.
Oscarprämierte Knetfiguren
Ende der 1980er und in den 1990er Jahren erfand der Trickfilmer Nick Park die Figuren „Wallace & Gromit“ – ein Erfolgsschlager, der mit zahlreichen Preisen, darunter dem Oscar ausgezeichnet wurde.
Nick Park arbeitet seit 1985 für das weltberühmte Stop-Motion-Studio Aardman Animations in Bristol. Ebenso erfand er „Shaun das Schaf“, eine gleichermaßen erfolgreiche wie beliebte Serie für Groß und Klein.
Beim Knetfilm ist Geduld gefragt
Knetfilme sind Stop-Motion-Animationen mit Figuren aus Plastilin, die sehr arbeitsintensiv sind – Produktionen dauern teilweise mehrere Jahre. Das liegt daran, dass pro Position ein Bild aufgenommen wird, die Knetfiguren also vor jedem Foto minimal verändert werden müssen. Tausende von Einzelbildern entstehen und werden am Ende zusammengefügt und bearbeitet, damit sie einen flüssigen Bewegungsablauf bekommen und zum Film werden.
Für etwa drei Sekunden Film wird dabei ein Drehtag benötigt. Ein Blick hinter die Kulissen:
Knete und Musik: Wie passt das zusammen?
Knete findet sich auch in der Musikbranche wieder, zur Untermalung von Musikvideos. Legendär ist das Musikvideo „Sledgehammer“ von Peter Gabriel aus dem Jahr 1986, in dem Knetfiguren und Suppenhühner durch Stop-Motion-Techniken animiert wurden. An den Arbeiten war wieder Trickfilmer Nick Park beteiligt.
„Sledgehammer“ von Peter Gabriel (1986) bei YouTube:
Einige Musikkurzfilme von Michael Jackson, wie beispielsweise „Speed Demon“ von 1988 sind mit animierten Knetfiguren in Stop-Motion-Technik gestaltet. Michael Jackson wollte immer innovativ und technisch auf der Höhe der Zeit sein. Verantwortlich für Regie und Produktion der Animationen war Stop-Motion-Pionier und Oscar-Preisträger Will Vinton.
Wenn man bedenkt, dass in den 1980er Jahren die Animationen manuell mit Plastilin-Drahtgitter-Figuren erstellt wurden, sind die Ergebnisse beeindruckend.
Mit Knete Kohle machen: YouTuber Simon Haase alias ClayClaim
Mit seiner Knetkunst berühmt wurde Simon Haase aus Remscheidt: Schon als Kind hat er die Leidenschaft zur Knete entdeckt und beeindruckende Figuren und Welten erschaffen. Sein Talent hat er genutzt – inzwischen gehört er zu den bekanntesten YouTubern der Kreativ-Szene.
2016 beginnt er mit Figuren wie Asterix, Loriot, Pumuckl und Mickey Mouse. In seinen Videos zeigt er, wie er diese Figuren modelliert und kommentiert das auf witzige Art. Am Anfang wird er kaum wahrgenommen, seine Tutorials werden nur wenig geschaut. Doch auf einmal nimmt sein YouTube-Kanal „ClayClaim“ enorme Fahrt auf.
„Es gab diesen einen Moment, der mir gezeigt hat, dass es mit dem Kneten klappen kann. Weil mich mein Kind wachgehalten hat, habe ich in einer Nacht ein Pokémon geknetet. Daraus wurde mein erstes Video mit über 100.000 Views“, erklärt Haase.
Und so beginnt sein Weg zu heute mehr als drei Millionen Abonnent*innen auf YouTube und zu einem eigenen Filmstudio mit einem mehrköpfigen Team, das den ersten Stop-Motion-Film plant.