Jede menschliche Beziehung hat „Zündstoff“ sagt Peter Carp, Regisseur und Intendant des Theaters Freiburg. Auch „Eurotrash“, der jüngste Roman von Christian Kracht, den Carp für die Bühne inszeniert.
Eine menschliche Studie über zwei starke Charaktere
Die Romanfigur, ein Ich-Erzähler, der sich „Christian Kracht“ nennt, begibt sich mit seiner Mutter auf eine Reise durch die Schweiz: „Es ist eine Suche nacheinander“, sagt Carp, bei der aber auch viele Verletzungen eine Rolle spielen. In der Geschichte gehe es darum, „wie sie sich aufeinander zubewegen“, erklärt Carp.
Viele Rechnungen bleiben offen – in der Vergangenheit der Mutter und in der Beziehung zu ihrem Sohn. Daher versuchen beide immer wieder der Situation zu entkommen. Aber neben diesem tiefgründigen Stoff, „gibt es auch viel Komik-Potenzial“, so Carp.
Platz 1 (69 Punkte) Christian Kracht: Eurotrash
Die Fortsetzung von „Faserland“, 25 Jahre später. Der Ich-Erzähler besucht seine Mutter und sucht gemeinsam mit ihr Orte auf, die einmal wichtig waren. Selbstverschleierung, Selbstironisierung – kunstvoll fällt uns die Leere an.
„Orte, die mir vertraut sind“
Das Roman spielt an zwei Orten: Hamburg und Zürich: „Beide Orte und Milieus sind mir sehr vertraut“, erklärt Carp, und diese werden „sehr eindringlich beschrieben“. Was Carp ebenfalls an der Erzählung fasziniert, sei die „Mutter-Sohn“-Begegnung und die Sprache, die „unglaublich genau und kunstvoll“ sei: „Der Roman hat ein hohes Sprachbewusstsein“, so Carp.
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Buchkritik Wenig Neues aus dem Kracht-Kosmos: Christian Kracht – Eurotrash
Der 1966 in der Schweiz geborene Schriftsteller Christian Kracht hat mit Romanen wie „Faserland“, „1979“ und „Imperium“ ein literarisches Werk veröffentlicht, das stilprägend für die jüngere deutschsprachige Literatur war und ist. Mit „Eurotrash“ knüpft er inhaltlich an „Faserland“ an. Aber „das affektierte Herumkreisen ums eigene Werk und Leben ist leider auf die Dauer ermüdend“, meint SWR2 Literaturkritiker Carsten Otte.
Rezension von Carsten Otte.
Kiepenheuer und Witsch, Köln 2021, 210 Seiten, 22 Euro
Literatur Gstrein, Kracht und Sanyal: Längst bekannte Titel auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis
Die Shortlist zum Deutschen Buchpreis wirkt provozierend: Norbert Gstrein, Der zweite Jakob, 1961 geboren, im Februar bei Hanser erschienen. Monika Helfer, Vati, 1947 geboren, im Januar bei Hanser erschienen, Mithu Sanyal, Identitti, 1971 geboren, erschienen im Februar bei Hanser. Thomas Kunst, 1965 geboren, erschienen im Februar bei Suhrkamp. Antje Ravik Strubel, 1974 geboren, erschienen im August bei S. Fischer. Christian Kracht, eurotrash, 1966 geboren, erschienen im März bei KiWi.
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Gespräch Schnappschüsse des Zeitgeistes: Kulturmagazin „Das Wetter“ feiert 10. Geburtstag mit Sammelband
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