Die politische Ausgangslage
Was die Ergebnisse angeht, hatte der Bundestagswahlkreis Offenburg in der Vergangenheit wenig Abwechslung zu bieten. Seit 1949 hat die CDU hier immer das Direktmandat gewonnen. Und: Seit 1972 – und damit seit fast 50 Jahren – hat hier stets Wolfgang Schäuble die Nase vorne. Der aktuelle Bundestagspräsident Schäuble ist seit 1949 überhaupt erst der dritte CDU-ler, der sich im Wahlkreis Offenburg um ein Bundestagsmandat bewirbt.
Für frischen Wind sorgt in diesem Jahr ein SPD-Kandidat. Der 58-jährige Matthias Katsch ist bundesweit bekannt als Aktivist für die Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Katsch war als Jugendlicher am Canisius-Kolleg unter der Trägerschaft des Jesuitenordens in Berlin selbst misshandelt worden. Katsch ist Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs. Seit Jahren trägt er maßgeblich mit dazu bei, das Thema sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche öffentlich zu machen und aufzuarbeiten. Er ist in Offenburg verheiratet und kandidiert deshalb in diesem Wahlkreis. Außerdem wurde er zum neuen SPD-Kreisvorsitzenden der Ortenauer SPD gewählt.
Die größten Herausforderungen vor der Bundestagswahl
Die CDU mit ihrem prominenten Kandidaten Wolfgang Schäuble will das Direktmandat natürlich verteidigen. Schäuble wird am Tag der Bundestagswahl bereits 79 Jahre alt sein. Dass er erneut kandidieren möchte, daran hatte er früh keine Zweifel gelassen. Er ist in der CDU des Ortenaukreises immer noch das absolute Zugpferd, die Person, an der sich alle orientieren. Als ehemaliger Innen- und Finanzminister, früherer Bundesvorsitzender seiner Partei und einstiger Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion genießt er nach wie vor das Vertrauen. Dennoch bleibt es abzuwarten, ob SPD-Kandidat Matthias Katsch ihm Stimmen abnehmen kann.
Vor vier Jahren bei der Bundestagswahl 2017 hatte Schäuble 48 Prozent der Erststimmen geholt, die SPD-Kandidatin Elvira Drobinski-Weiß – immerhin selbst jahrelang Abgeordnete im Deutschen Bundestag – war lediglich auf 17 Prozent der Erststimmen gekommen.
Die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten
Diese Kandidaten bewerben sich um das Bundestagsdirektmandat: Wolfgang Schäuble (CDU), Matthias Katsch (SPD), Thomas Zawalski (Grüne), Martin Gaßner-Herz (FDP), Taras Maygutiak (AfD), Simon Bärmann (Die Linke), Cornelius Lötsch (Die Partei), Adolf Huber (Freie Wähler) und Peter Cleiß (Die Basis).
Wolfgang Schäuble (CDU), der derzeitige Bundestagspräsident, lebt direkt in der Offenburger Innenstadt. Für die SPD tritt der gebürtige Berliner Matthias Katsch an, bekannt als Sprecher der Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Er ist in Offenburg verheiratet und wohnt ebenso wie Schäuble direkt in der Innenstadt.
Für die Grünen tritt Thomas Zawalski aus Offenburg an, ebenfalls ein gebürtiger Berliner, der seit 23 Jahren in Baden-Württemberg lebt. Der Unternehmensberater bezeichnet sich als "Pragmatiker mit Wirtschaftskompetenz und sozialen Wurzeln" und möchte Klimaschutz und Wirtschaft zusammen denken.
Die AfD schickt mit Taras Maygutiak ihren Kreissprecher und Vorsitzenden der Offenburger AfD-Gemeinderatsfraktion ins Rennen. Für die FDP wirft mit Martin Gaßner-Herz ein Politikwissenschaftler aus Schutterwald bei Offenburg seinen Hut in den Ring. Der Kandidat der Linken, Simon Bärmann ist Informatik- und Politikstudent.
Alle Kandidatinnen und Kandidaten im Vergleich SWR Kandidatencheck zur Bundestagswahl 2021 in Baden-Württemberg
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Die Top-Themen vor der Wahl
Das große Thema in Offenburg und im Ortenaukreis ist derzeit die Krankenhaus-Strukturreform. Kliniken in Kehl und Oberkirch sollen zu Gesundheitszentren werden, in Offenburg und Achern hingegen werden für viel Geld große, neue Häuser gebaut. Ob dieses Landkreis-Thema bei der Bundestagswahl eine Rolle spielt, bleibt abzuwarten.
Ansonsten ist gerade der Bereich nördlich von Offenburg, die Gegend um Oberkirch im Renchtal, stark landwirtschaftlich geprägt. Waren die Landwirte früher der CDU treu, gibt es immer mehr unter ihnen, die Grün wählen. Das könnte zu einem Aspekt werden.
So gehen die großen Parteien in den Wahlkampf
Im Wahlkampf werden die klassischen Themen bedient. Wolfgang Schäuble diskutiert online darüber, "was christlich für die CDU heute bedeutet". SPD-Kandidat Matthias Katsch informiert sich vor Ort über die Stromerzeugung durch Windräder im Schwarzwald und der Grüne Thomas Zawalski besucht die Badischen Stahlwerke in Kehl.
Wie überall wird es wegen der Corona-Pandemie zunächst wohl keine großen Wahlkampfveranstaltungen geben.