Am 15. März kletterte ein 14-Jähriger in Guntersblum (Kreis Mainz-Bingen) auf einen Güterzug und erlitt einen tödlichen Stromschlag an der Oberleitung. Die Deutsche Bahn (DB) appellierte kurz darauf:
Bitte bleibt Bahngleisen und den Abstellanlagen fern. Wer Bahnanlagen betritt, bringt sich in Lebensgefahr.
Diese Unfälle lösen jedes Mal Entsetzen aus und werfen die Frage auf, ob man sie nicht verhindern könnte. SWR Aktuell hat bei der Deutschen Bahn und der Bundespolizei nachgefragt.
Warum sind Bahn-Oberleitungen so gefährlich?
Wie oft kommt es zu tödlichen Stromschlägen durch Bahn-Oberleitungen?
Könnte man Bahn-Oberleitungen besser sichern?
Ist die Bahn in der Pflicht mehr zu tun?
Welche Strafen drohen bei Missachtung des Betretungsverbot?
Warum sind Bahn-Oberleitungen so gefährlich?
Durch Bahn-Oberleitungen fließt Starkstrom, um Züge mit Strom zu versorgen. Dafür haben die Oberleitungen eine Stromstärke von 1.000 Ampere und eine Spannung von 15.000 Volt: Das ist etwa 65 Mal stärker als der Strom aus der normalen Steckdose. Für den Menschen können die Oberleitungen bei einem Stromschlag lebensgefährliche Verletzungen oder den Tod bedeuten. Ganz wichtig: Um einen Stromschlag auszulösen, muss die Oberleitung nicht berührt werden. Der Starkstrom kann durch die Luft auf den menschlichen Körper überspringen.
Bahnstrecke zwischenzeitlich gesperrt Guntersblum: 14-Jähriger klettert auf Güterzug und stirbt nach Stromschlag
Ein Jugendlicher war am Samstagabend auf einen abgestellten Güterzug in Guntersblum (Kreis Mainz-Bingen) geklettert. Er erlitt einen tödlichen Stromschlag an der Oberleitung.
Wie oft kommt es zu tödlichen Stromschlägen durch Bahn-Oberleitungen?
Bundesweit gibt es immer wieder ähnliche Fälle. So ereigneten sich 14 Unfälle allein zwischen Januar und Oktober des vergangenen Jahres - vier davon endeten tödlich. Die Betroffenen seien nicht nur Jugendliche, sondern auch Kinder und Erwachsene, berichtet die Bundespolizei.
Könnte man Bahn-Oberleitungen besser sichern?
Theoretisch, sagt Christian Ollhof von der Bundespolizeiinspektion Kaiserslautern im SWR, könnten alle abgestellten Bahnwaggons mit Zäunen und Hindernissen abgesperrt werden. In der Praxis sei das aber sehr schwierig. Auf SWR-Nachfrage teilte die DB mit, dass man nicht abertausende Kilometer Zaun ziehen könne. Das alleinige Aufstellen von Zäunen könne zudem nicht verhindern, dass Personen darüber klettern.
Ist die Bahn in der Pflicht mehr zu tun?
Gleise und Anlagen unterliegen gemäß Eisenbahn-Bau und Betriebsordnung (EBO) einem Betretungsverbot. Zur Kennzeichnung hängen "Betreten verboten"-Schilder. Darüber hinaus ist die Bahn nicht zu weiteren direkten Sicherungsmaßnahmen verpflichtet.
Wir als DB setzen verstärkt auf Prävention - vor Ort, persönlich und über die Medien. Oft sind Unaufmerksamkeit und Unkenntnis Ursachen für selbstgefährdendes Verhalten. Jeder dieser Unfälle ist einer zu viel!
Dafür hat die DB die Anzahl der Präventionsexpertinnen und -experten innerhalb von drei Jahren verdoppelt. Derzeit arbeiten rund 24 Bahn-Mitarbeitende im Bereich Präventionsarbeit. Zusammen mit der Bundespolizei und anderen Partnern veranstaltet die DB Präventionsveranstaltungen in Schulen und Kitas, um auf die Gefahren aufmerksam zu machen.
Neben der Arbeit vor Ort leistet die Bahn auch auf ihren Social-Media-Kanälen Präventionsarbeit - beispielsweise mit Kurzvideos aus der Sicherheitskampagne "Wir wollen, dass du sicher ankommst“ oder auf Instagram.
Welche Strafen drohen bei Missachtung des Betretungsverbots?
Wer Bahnanlagen betritt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann mit einer Geldstrafe von bis zu 5.000 Euro geahndet werden. Wird durch das Betreten der Gleisanlagen der Bahnbetrieb konkret gefährdet, liegt sogar eine Straftat vor. Dann droht eine höhere Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.