Die 135 schlichten Kreuze mit der Aufschrift RLP liegen auf einer Rasenfläche gegenüber des Landtages, ein Kreuz für jedes Todesopfer im Kreis Ahrweiler. Namen der Verstorbenen seien keine auf den Kreuzen angebracht, sagte Inka Orth, die Mutter der verstorbenen Johanna, dem SWR. Von einigen Verstorbenen wurden Fotos aufgestellt.
Nur 22 Jahre alt ist Johanna Orth geworden. Sie gehörte zu den 67 Todesopfern aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, die in der Nacht der Flut-Katastrophe vom 14. auf den 15. Juli 2021 ihr Leben verloren hatte. Die junge Frau hatte erst im April 2021 ihre Meisterprüfung als Konditorin bestanden und wollte sich ihren Traum von einem eigenen Café verwirklichen.
"Wir können bestimmt niemals damit abschließen", sagte Johannas Vater in Mainz, "genauso wenig wie die Angehörigen der anderen Opfer". Er sagte, es wäre gut, wenn es jetzt eine Anklage und ein öffentliches Verfahren vor Gericht gebe. Man verstehe die Mahnwache auch als ein Aufrütteln der Abgeordneten im Landtag. 135 Menschen seien gestorben durch das Versäumnis von Menschen, die ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden seien, sagte Ralph Orth dem SWR. Das wolle man in Erinnerung rufen.
Mahnwache für Opfer der Flutkatastophe im Ahrtal Vater von Johanna fordert Anklage durch Staatsanwaltschaft
Ralph Orth, Vater der 22-jährigen verstorbenen Johanna Orth, ist unter den Demonstranten vor dem Mainzer Landtag. Er drängt darauf, dass die Schuldfrage endlich geklärt wird.
Die Abgeordneten mussten die Mahnwache am Ernst-Ludwig-Platz auf dem Weg ins Landtagsgebäude zu einer weiteren Sitzung des Untersuchungsauschusses zur Flutkatastrophe passieren.
Druck auf die Staatsanwaltschaft soll erhöht werden
Mit der Mahnwache wolle man den U-Ausschuss, daran erinnern, dass es nicht nur um die Frage gehen solle, ob die Landesregierung in der Verantwortung gewesen wäre. "Uns ist es wichtig, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Herrn Pföhler erhebt", sagte Inka Orth. Der CDU-Politiker war als Landrat in der Flutnacht verantwortlich für das Krisenmanagement.
Sie kritisiert auch, dass der Opfer der Flutkatastrophe nicht ausreichend gedacht werde. Dass es bis zum heutigen Tage kein offizielles Denkmal in Bad Neuenahr-Ahrweiler gebe, sei absolut unverständlich. Gerade im Stadtgebiet seien die meisten zu Tode gekommen. Es sei wichtig, ein solches Denkmal zu haben für die Familie, Angehörige, Freunde, aber auch die vielen Helfer und Besucher, die den ums Leben Gekommenen ihre Aufwartung machen wollen.
Abschlussbericht zur Ahrflut kommt später U-Ausschuss zur Flutkatastrophe nimmt Beweisaufnahme wieder auf
Der Flut-Untersuchungsausschuss des Landtags in RLP nimmt seine Arbeit wieder auf. Grund ist ein neues Gutachten zur Flutkatastrophe.
Die Eltern werfen den Behörden Versagen vor. Johannas Wohnung lag nur etwa 300 Meter von der Ahr entfernt. Dennoch habe die Feuerwehr noch am Abend des 14. Juli über Lautsprecherdurchsagen dazu aufgerufen, zu Hause zu bleiben, kritisieren sie. Das letzte Lebenszeichen ihrer Tochter sei ein Anruf um 0:30 Uhr gewesen. Danach sei die Verbindung abgebrochen. Die Eltern hielten sich zu dieser Zeit auf Mallorca auf. Beim Versuch, sich ins Freie zu retten, sei Johanna wohl von der Strömung mitgerissen worden und ertrunken. Ihr Leichnam wurde zwei Tage später in der Tiefgarage des Wohnkomplexes gefunden.
Auch Kreisverwaltung und Landesbehörden sollen versagt haben
Die Kreisverwaltung um den zurückgetretenen Landrat Jürgen Pföhler (CDU) und das Land hätten die Bevölkerung früher vor den Fluten warnen müssen, sagen Inka und Ralph Orth. Gegen Pföhler und ein Mitglied der Einsatzleitung laufen weiter Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Koblenz. Es geht um die Frage, ob die beiden beim Schutz der Bevölkerung versagt haben und Menschenleben - etwa durch frühere Warnungen - hätten gerettet werden können. Auch der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) war infolge der Flutkatastrophe zurückgetreten.
Weitere Sitzung des Flutausschusses im Landtag
Der Ausschuss des Landtags zur Flutkatastrophe befasst sich mit dem neuen Gutachten zur Einsatzleitung im Kreis Ahrweiler, das die Staatsanwaltschaft Koblenz in Auftrag gegeben hatte. Darin hatte der Gutachter Dominic Gißler den Kreisbehörden eine zum Zeitpunkt der Flut schlechte Organisation des Katastrophenschutzes vorgeworfen. Auch das Land habe die Landkreise bei den Einsatzführungskonzepten zu sehr allein gelassen.
U-Ausschuss zur Flutkatastrophe Ahrflut: Gutachter sieht keine Entlastung von Ex-Landrat Pföhler
Im Flut-Untersuchungsausschuss des Landtag hat ein Sachverständiger sein Gutachten zur Einsatzleitung im Kreis Ahrweiler vorgestellt. Grundlegende Sachen seien nicht geregelt gewesen, sagte Dominic Gißler.
Der Untersuchungsausschuss hatte seine Beweisaufnahme eigentlich Ende April formell beendet. Im Dezember sollte der Abschlussbericht des Gremiums vorliegen und im Landtag diskutiert werden. Dies wird sich nun verzögern.
Ausstellung zur Flutkatastrophe im Landtag
Bis zum 22. Dezember läuft jetzt auch eine Fotoausstellung im Landtag zur Flutkatastrophe. Die Fotografin Annett Baumgartner aus Roßbach im Westerwald stellt hier unter dem Titel "Flut 2021 - Stille Zeitzeugen" ihre Fotografien aus. Nach Angaben eines Sprechers des Landtags war Baumgartner selbst als freiwillige Helferin nach der Flutkatastrophe ins Ahrtal gekommen. Hier fotografierte sie Motive, hinter denen Geschichten der Flutnacht zu erahnen sind - beispielsweise verkeilte Gegenstände, schlammverkrustete Eimer oder die Hände der Helferinnen und Helfer.
Preise für Podcast von SWR und WDR über Johannas Schicksal
Das Schicksal von Johanna Orth ist auch Thema im Podcast "Die Flut - Warum musste Johanna sterben". Die Koproduktion von WDR und SWR hat unter anderem den Deutschen Podcast-Preis und den Robert-Geissendörfer-Preis gewonnen. Beim Deutschen Radiopreis gingen die Autoren dagegen leer aus.
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