Nur noch etwa 30 statt 96 Hektar - der Ulmer Gemeinderat hat im Februar beschlossen, dass ein mögliches Windenergiegebiet im Wald "Großer Gehrn" bei Ulm-Jungingen deutlich verkleinert werden soll. Das Ulmer Klimanetz sieht die Wirtschaftlichkeit des Windparks gefährdet und befürchtet, ein Bau könnte deshalb scheitern. Deshalb wirbt das Netz nun für die ursprüngliche Fläche des möglichen Windparks. Obwohl dafür dann wohl mehr Bäume gefällt werden müssten.
Spaziergang zu möglichen Standorten für Windräder
Am Sonntagmittag hatte das Klimanetz zu einem Vor-Ort-Termin in dem fraglichen Waldgebiet eingeladen. Bei einem Spaziergang wurde immer wieder an Stellen Halt gemacht, an denen Windräder gebaut werden könnten. Dort erklärten Aktive der Initiative dann ihre Argumente. "Wir sehen auch den Konflikt zwischen Naturschutz und den Windkraftanlagen," so Martin Ruff. Allerdings sei im Gewann "Großen Gehrn" nicht überall "hochwertiger Wald" vorhanden.
"Wenn man sich hier umschaut, dann ist der Waldumbau sowieso im Gange", meint Ruff. Fichten sind "von Käfern befallen" oder haben Sturmschäden. Teile der Flächen seien sogar schon gerodet. Gefällte Bäume würden durch Aufforstung an anderer Stelle ersetzt. Mit Arten, die besser mit höheren Temperaturen umgehen können als die Fichte.
Nur drei Windräder - nicht wirtschaftlich?
Mit dem vom Regionalverband Donau-Iller ursprünglich vorgeschlagenen Windenergiegebiet gebe es "mehr Flexibilität" bei der Auswahl der Flächen, auf denen die Windräder dann gebaut werden könnten, so Ruff. Außerdem sei eine größere Zahl von Windrädern möglich.
Denn in dem vom Gemeinderat favorisierten Gebiet können wohl höchstens drei Windräder gebaut werden. Das Klimanetz befürchtet, dass der Windpark damit nicht wirtschaftlich ist. Das könnte potenzielle Investoren abschrecken und somit den Bau der Windräder insgesamt gefährden.
Ulmer Baubürgermeister: "zu Beginn große Ablehnung"
Ulms Baubürgermeister Tim von Winning (parteilos) zeigt Verständnis für das Klimanetz. Er hält deren Einsatz für "ganz arg wichtig". Ihm selbst wäre eine größere Anzahl an Windrädern auch lieber. Der Gemeinderat müsse jedoch auch auf die Bedenken der Bürgerschaft Rücksicht nehmen. "Wir hatten zu Beginn des Prozesses eine sehr große und durchgängige Ablehnung", so von Winning.
Zu der Entscheidung des Gemeinderats habe vor allem die intensive Beanspruchung des Stadtteils Jungingen geführt, zu dem das Waldgebiet gehört. "Wir haben dort die Autobahn, wir haben die B10, wir haben große Gewerbegebiete mit wirklich auch großen Gebäuden", so von Winning. Es gebe nur noch ein kleines bisschen Wald. "Und dieser Wald hat durchaus eine wirklich relevante Naherholungsfunktion."
Wie viel Naherholung steckt in dem Waldgebiet bei Ulm?
Gerade das Argument der Naherholungsfunktion des Wäldchens zwischen Jungingen und der Autobahnraststätte Seligweiler kann das Klimanetz nicht nachvollziehen. Martin Ruff verweist auf die Autobahn 8, die durch das Gebiet führt. "Man kann sich an manchen Stellen fast gar nicht unterhalten, weil die Autos so laut sind." Er versteht, dass sich für die Anwohner der Ausblick durch die Windräder ändert, "aber das würde per se nicht den Naherholungseffekt kaputt machen, aus unserer Sicht."
Das Ulmer Klimanetz hofft nun, dass viele, die beim Spaziergang am Sonntag dabei waren, sich jetzt an den Regionalverband Donau-Iller wenden und für die größere Fläche werben. Der Verband sammelt noch bis zum kommenden Sonntag (10.11.) Stellungnahmen und legt dann die endgültigen Windenergievorranggebiete fest.