Die Justizvollzugsanstalten (JVA) werben mit dem Slogan “Der schnellste Weg ins Gefängnis. Dein Job!” um Personal. In der JVA Ulm sucht man vor allem junge Leute für eine Ausbildung im mittleren Vollzugsdienst.
Allerdings sind Jobs im Knast nicht gerade beliebt. Auch, weil es mitunter viele Vorbehalte gegen die Arbeit mit Gefangenen gibt. Doch der 24-jährige Jan Stützle hat hinter Gittern seinen Traumjob gefunden. Bei einem Infotag gab der Azubi Einblicke in seinen Alltag in der JVA Ulm.
So ein Job im Vollzugsdienst ist echt vielfältig und die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.
Traumjob in der JVA Ulm: "Beste Entscheidung"
Jan Stützle flitzt den ganzen Tag über die Treppen in den Gebäuden der JVA Ulm hin und her. Denn er wird als Azubi überall gebraucht: "So ein Job im Vollzugsdienst ist echt vielfältig und die beste Entscheidung, die ich treffen konnte", sagt der 24-Jährige dem SWR.
Dass er mal in der JVA Ulm arbeiten würde, hätte er nie gedacht. Vorher habe er eine Ausbildung zum Elektroniker gemacht und dann noch zwei Jahre in dem Beruf gearbeitet: "Wenn man mich da gefragt hätte, wo ich mich in fünf Jahren sehe, hätte ich niemals 'im Gefängnis' gesagt".
Über einen Bekannten, der in einer anderen Justizvollzugsanstalt in Baden-Württemberg gearbeitet hat, sei er darauf aufmerksam geworden. Wenig später habe er dann einen Eignungstest gemacht und ihn bestanden: "Da ging es um Allgemeinbildung, Grammatik, Mathe, aber auch logisches Denken und Psychologie. Wie geht man mit Menschen um, sowas halt". Jetzt sei er als Anwärter für den mittleren Vollzugsdienst schon im zweiten Ausbildungsjahr.

Der Reiz am Job hinter Gittern: Umgang mit Gefangenen
Heute geht er voll in seinem Job auf, der sich vor allem um die Betreuung der Gefangenen dreht: "Wir begleiten sie auch zu Verhandlungen vor Gericht oder zum Arzt", so Jan über seinen Alltag. Das sei interessant, weil man die Gefangenen dort nochmal anderes erlebe, mehr über ihre Geschichte erfahre.
Außerdem ist Jan häufig zur Aufsicht dabei, wenn Insassen Besuch bekommen. Oder bei der Torwache am Eingang - der wichtigen Schnittstelle für Außenkontakte:
Wenn man mich da gefragt hätte, wo ich mich in fünf Jahren sehe, hätte ich niemals 'im Gefängnis' gesagt.
24-jähriger Azubi: "Gutes Gespür für Menschen wichtig"
Ab und zu komme es auch vor, dass er Gefangene an die Regeln im Haus erinnern müsse, erzählt der Azubi. Wenn jemand verbotener Weise ein Handy nutzt. Oder, wenn Insassen mal agressiv reagierten. Selten komme es vor, dass der Verweis in eine Arrestzelle notwendig sei. Gerade im offenen Vollzug in der Talfinger Straße in Ulm seien meist alle entspannt. Auch, weil sie sich auf dem Gelände frei bewegen könnten.
Aber man brauche ein "gutes Gespür" für die Insassen der JVA. Vor allem im geschlossenen Vollzug: "Die Gefangenen sind 23 Stunden in einer Zelle, eine Stunde im Hofgang. Das macht dann natürlich was mit den Menschen und mit der Psyche", weiß Jan. Da sei es wichtig, deeskalierend einzuwirken.

Ausbildungsleiter: "Wir können uns aufeinander verlassen"
Auch Norbert Teichmann, Ausbildungsleiter der JVA Ulm, ist beim Infotag dabei. Er kümmert sich um die Azubis, ist seit über 20 Jahren im Job und kennt sich aus: "Wichtig ist, dass man sich als Team aufeinander verlassen kann". Daher seien bei allen Aufgaben meist Kolleginnen und Kollegen in der Nähe, um gegebenenfalls zu unterstützen, erzählt er. So seien selbst schwierige Situationen zu meistern.
Wichtig ist, dass man sich als Team aufeinander verlassen kann.
Eine brenzlige Situation habe er mal selbst erlebt, als ihm nachts bei einem Kontrollgang plötzlich auf dem Hof ein Gefangener gegenüber stand: "Eigentlich soll hier ja keiner nachts unterwegs sein, sondern in der Zelle". Aber der Mann habe sich koopererativ verhalten. Das sei schon eine "Schrecksekunde" gewesen, die aber gut ausging. Wenngleich der Gefangene danach in den geschlossenen Vollzug kam, weil dies als Fluchtversuch im Raum gestanden habe.

Vorurteile gegen Jobs hinter Gittern
Leider habe die Arbeit mit Gefangenen in der Bevölkerung nicht das beste Image und sei oft Angst behaftet, ist die Erfahrung von Gabriele Schmidt von der Teamleitung der JVA Ulm. Zudem sei Schichtdienst nicht sehr beliebt, sagt sie beim Infotag in der JVA Ulm. Dabei gebe es viele Möglichkeiten eine Karriere zu gestalten.
Bereits mit Hauptschulabschluss in Kombination mit einer abgeschlossenen Ausbildung in einem anderen Beruf - könnten junge Leute eine Ausbildung im mittleren Vollzugsdienst anstreben, so Schmidt. Zudem gebe es auch höhere Laufbahnen und Spezialisierungen auf bestimmte Bereiche.

Infotag in der JVA lockt potentielle Bewerber
Rund 30 junge Besucherinnen und Besucher haben am Infotag in der JVA Ulm des offenen Vollzugs beim Rundgang durch die Gebäude mitgemacht. Darunter waren auch junge Leute aus anderen Berufen. Etwa ein Sanitäter aus dem Notfalldienst oder ein Soldat bei der Bundeswehr: "Ich habe nächstes Jahr das Ende meiner Dienstzeit - ich möchte mich weiterbilden und Menschen helfen."
Es sei interessant herauszufinden, warum Menschen überhaupt kriminell werden, meint eine junge Frau, die sich eine Ausbildung in der JVA durchaus vorstellen kann. Vor allem sei es kein typischer Bürojob, findet ein Bald-Abiturient.
Manche wollen sich nach dem Blick hinter die Kulissen der JVA Ulm vielleicht dort bewerben. Eine Ausbildung im mittleren Vollzugsdienst etwa dauert zwei Jahre und hat später den Beamtenstatus.