Nachdem TikTok gegen Inhalte des Stuttgarter Podcasters Philip Hopf und seines Teamkollegen Kiarash "Hoss" Hossainpour vorgegangen ist, haben die beiden zu den Vorwürfen Stellung bezogen. Denn die Plattform hatte zuletzt bekanntgegeben, sie habe ein Konto "wegen gefährlicher Falschinformationen und gefährlicher Verschwörungstheorien" gesperrt. Es enthielt Videos ihres erfolgreichen YouTube- und Spotify-Podcasts "Hoss & Hopf".
Inhalte offline Wegen Falschinformationen: TikTok sperrt einen Kanal mit "Hoss & Hopf"-Inhalten
Schon seit einigen Tagen steht der Podcast in der Kritik, der unter anderem von einem Stuttgarter produziert wird. Der Vorwurf: gefährliche Falschinformationen. Jetzt hat Tiktok den Kanal gesperrt.
"Hoss & Hopf" räumen Fehler ein
Die beiden Podcastmacher waren vor der TikTok-Ankündigung bereits von mehreren Fachleuten und Journalistinnen und Journalisten kritisiert worden, dass sie in ihrer Show unter anderem Informationen sehr einseitig darstellten. In ihrer aktuellen Folge unter dem Titel "Wird unser Podcast bald zensiert?" gingen "Hoss und Hopf" teilweise auf Kritik ein und kündigten Verbesserungen an. Sie wollten "mehr Faktenchecker einstellen" und Gäste einladen, um einen Dialog und Meinungsvielfalt zu ermöglichen, hieß es von den beiden.
Hopf nahm in der Folge außerdem eine frühere Aussage zurück. Er hatte einmal gesagt, Deutschland habe mehr Geflüchtete aufgenommen als alle anderen EU-Länder zusammen. Doch diese Information sei falsch gewesen, räumte er nun ein. Man wolle keine Reichweite mithilfe von Falschinformationen erreichen und auch nicht dafür bekannt sein, verkürzte Informationen zu transportieren.
Verteidigung statt inhaltliche Auseinandersetzung
Doch von all dem abgesehen gibt es von "Hoss & Hopf" weder eine Bitte um Entschuldigung für Fehler noch eine tiefergehende inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorwürfen. So erklären sie beispielsweise nicht, was aus ihrer Sicht Geflüchtete mit der derzeitigen Wirtschaftslage zu tun haben, obwohl sie einen Zusammenhang hergestellt haben. Stattdessen liest einer der beiden in der neuen Podcastfolge eine Zuschrift vor: Jemand lobt darin "Hoss & Hopf" dafür, in ihrem Podcast die Wahrheit auszusprechen, was ja ansonsten öffentlich so nicht mehr vorkomme.
"Hoss & Hopf" wurde bisher immer wieder vorgeworfen, auch populistische Behauptungen aufzustellen, beispielsweise über Geflüchtete. So sagte Hossainpour in einer der Podcast-Folgen aus dem Oktober 2023, er fühle sich beim Besuch des Stuttgarter Schlossplatzes wie "in einem Zoo":
Rechtslibertär oder rechtsextrem? Podcaster weisen Kritik zurück
Den Vorwurf in diesem Zusammenhang, sie seien rechtslibertär oder sogar rechtsextrem, weisen "Hoss & Hopf" als "absurd" zurück: Das könne doch angesichts von Hossainpours iranischer Herkunft nicht sein - und auch nicht wegen der Tatsache, dass Hopf mit einer Muslima aus Tunesien verheiratet ist.
Dass es aber beispielsweise mehrere Gründe haben könnte, warum Migration im Stuttgarter Stadtbild stärker sichtbar geworden ist, wie es "Hoss" mit seiner "Zoo"-Äußerung andeutet, kommt im Podcast nicht vor. Stattdessen wird das Bild vermittelt, Stuttgart sei eine unsichere Landeshauptstadt, in der sich vor allem Frauen nicht mehr in der Fußgängerzone bewegen könnten. Doch "Hoss & Hopf" sehen in solchen verkürzten Darstellungen offenbar kein Problem - auch nicht für ihre Hörer und Hörerinnen.
Hossainpour und Hopf: "Wir sind ja keine Journalisten"
Bereits seit den vergangenen zehn Folgen gibt es immer einen Link mit Quellen, auf die sich die beiden für Infos aus ihrem Podcast berufen. Doch "Hoss & Hopf" verwenden immer wieder seriöse Quellen neben unseriösen - als seien beide gleichwertig. In einer Folge steht so das Statistische Bundesamt gleichwertig als Quelle neben einem YouTube-Verschwörungstheoretiker. Eine Einordnung der Informationen oder ein objektiver Umgang damit fehlt oft. "Müssen wir ja nicht leisten, wir sind ja keine Journalisten", sagen "Hoss & Hopf" in der aktuellen Folge und fühlen sich darin durch die Berichterstattung des WDR-News-Podcasts zu den Sperrungen vergangene Woche noch bestätigt.
Für die Videos ihrer Fans auf TikTok, die aus dem Podcast oder durch Infos daraus entstehen, wollen sie keine Verantwortung übernehmen: Man habe immer zur Vorsicht gemahnt, dass Meinungen und Inhalte nicht verkürzt rüberkommen sollten, heißt es dazu von "Hoss & Hopf" in ihrer aktuellen Folge. Auch jugendgefährdend seien sie nicht, denn die Kernzielgruppe auf YouTube sei zwischen 25 und 34 Jahre alt. Der Anteil Jugendlicher betrage nur 0,4 Prozent, heißt es von den beiden über ihre Inhalte bei YouTube.
Verknüpfung politischer Themen mit Geldanlagen?
Doch selbst wenn sie auf YouTube nur wenige jugendliche Fans haben: Die sind dafür auf TikTok und sorgen dort fleißig dafür, dass sich die verkürzten und teils falschen Aussagen von "Hoss & Hopf" in Videos weiterverbreiten. Für die beiden Podcastmacher ist das Werbung.
Finanzberatung würden sie in ihrem Podcast nicht betreiben, reagieren sie auf einen weiteren Vorwurf. Direkte Tipps kommen tatsächlich nicht vor, allerdings drehen sich schon sehr viele Folgen um den Finanzmarkt, Krypto-Währung oder die wirtschaftliche Entwicklung. Philip Hopf betreibt außerdem zusammen mit einem Bitcoin-Experten eine Finanzberatung in Stuttgart. Diese hat auch einen eigenen YouTube-Kanal, auf dem Hossainpour schon mal zu Gast war. Abgesehen davon hat Hossainpour noch einen eigenen YouTube-Kanal mit 244.000 Abonnenten - mehr als "Hoss & Hopf" mit 219.000 - , auf dem er als "Selfmade-Millionär" Makroökonomie und Krypto-Währungen, vor allem Bitcoin, erklärt und thematisiert.
Genau diese Verknüpfungen hält Hans-Peter Burghof für schwierig. Er ist Professor am Lehrstuhl für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen der Universität Hohenheim. "Hier wird eine große Anzahl an Podcast-Folgen zu verschiedenen politischen Themen produziert und zu Themen, die in den Anlage-Bereich zumindest hineinspielen. Denn die wirtschaftliche und politische Entwicklung hat etwas mit der Anlageberatung zu tun. Das lässt sich nicht so sauber trennen", ist Burghof überzeugt.
Finanzmarkt-Experte: "Das ist durchaus ein Geschäftsmodell"
Die beiden Macher schaffen nach Ansicht von Finanzprofessor Burghof eine "gemeinsame Marke mit dem alles erklärenden Hopf an der Spitze, in der der Kunde in gewisser Weise auch gefangen wird". Er erklärt weiter: "Und dann werden dem Kunden bestimmte Finanzprodukte nahegelegt. Das ist durchaus ein Geschäftsmodell, und das wird eben mit diesen politischen Themen verbunden."
Burghof sieht die Gefahr, dass junge Männer, die sich von diesem und ähnlichen Podcasts angesprochen fühlen, unabschätzbare Risiken eingehen. "Es wird problematisch, wenn dann gar keine andere Information mehr an diese jungen Männer herankommt und sie nicht das, was sie beispielsweise in Podcasts hören, abwägen können gegen das, was sie woanders hören", so der Finanzmarkt-Experte.
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Antisemitismus-Beauftragter warnt vor Verschwörungstheorien
Michael Blume sieht nicht nur finanzielle Risiken für die Fans von "Hoss & Hopf". Der Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg beobachtet, wie sich auf TikTok Inhalte aus dem Podcast weiterverbreiten. Die beiden Macher loben dafür regelmäßig einen Wettbewerb mit finanzieller Belohnung aus. "Die verwickeln da junge Menschen, indem sie sagen 'Verbreitet unsere Inhalte' und dafür auch noch Geld geben", kritisiert Blume. "Und wenn man da mitmacht, dann identifiziert man sich natürlich auch damit. Wenn da Verschwörungstheorien verbreitet werden, dann führt das zur Radikalisierung."
"Toxische Internetkultur" rund um Geld und Frauen
Blume spricht im Zusammenhang mit "Hoss & Hopf" von einer "toxischen Internetkultur". In ihr vermische sich Frauenfeindlichkeit mit Verschwörungsmythen, hinzu kämen das Versprechen von Reichtum, wie man Erfolg bei Frauen hat und vieles mehr. "Auf der Suche nach Vorbildern gibt es da sehr schnell Identifikationsmomente für junge Männer und männliche Jugendliche", so der Experte und bezeichnet "Hoss & Hopf" insgesamt als "Verschwörungsunternehmer", da sie daraus ein Geschäft machten.
Doch sie seien nicht die einzigen: Stattdessen sei im Netz über die Jahre eine "libertäre Verschwörungsmythologie des Geldes" entstanden, mit vielen Anbietern, die im Kontext von Selbstoptimierung und Selbstfindung ihre Ideen verbreiteten.