Am Theater Freiburg hat am 27. Januar das Musical „Company“ Premiere. Regisseur Joan Anton Rechi, eigentlich primär Opernregisseur mit einem besonderen Sinn für Komik, versucht sich an dem Broadway-Musical von Stephen Sondheim aus den 1970er-Jahren.
Junggeselle aus Überzeugung
„Company“ wirft die Zuschauer zurück in die Welt der 1970er-Jahre: Bunte Outfits, glänzende Stoffe, die an Bonbonpapiere erinnern, und Haartollen, die jeden wilden Tanz überstehen. Dazu typische Klänge der Seventies, die merkwürdig vertraut klingen.
Bobby nennen die Freunde ihren Junggessellen-Liebling, der sich dem Heiraten verwehrt. Sie versuchen, ihn ans Telefon zu bekommen, aber es ist ständig besetzt. Das repetitive Tuten ist das wiederkehrende Motiv des Musicals „Company“. Stephen Sondheim hat es schon 1970 so komponiert.
Regisseur Joan Anton Rechi versucht, das Gefühl von damals aufzugreifen: „Die Musik ist sehr modern auf eine Art“, so Rechi. „Wir leben in der am stärksten vernetzten Zeit der Geschichte, aber wir sind so unverbunden in der Welt.“
Das Musical hat einen anderen Rhythmus als eine Oper
Rechi selbst ist nicht nur Regisseur sondern auch ausgebildeter Schauspieler, inzwischen hat er sich aber auf Opern spezialisiert. Für seine Freiburger Inszenierung von Rossinis „Barbier von Sevilla“ wurde er 2008 von der Zeitschrift „Opernwelt“ als Regisseur des Jahres ausgezeichnet.
Ein Musical ist für ihn eine besondere Herausforderung: „Es ist die Kombination aus Musik und Text. Wenn man eine Oper inszeniert, bestimmt die Musik den Rhythmus der Show. In einem Musical mit seinem ganzen Sprechtext muss man viel mehr an dem Rhythmus arbeiten, den mann der Show geben möchte.“
Regisseur Joan Anton Rechi stellt klassische Beziehungsmodelle infrage
Diesen Rhythmus durchbricht der Hauptdarsteller Bobby immer wieder. Umringt von seinen Freunden zeigt Regisseur Joan Anton Rechie seinen Protagonisten hier trotz seiner vielen Affären oft allein.
Im New York der Siebziger sträubt sich Bobby, klassische Beziehungsmodelle einzugehen – ganz im Gegensatz zu seinen Freunden, die alle verheiratet sind. Ob glücklich oder nicht, lässt das Musical offen.
Regisseur Joan Anton Rechi stellt mit der Art seiner Inszenierung klassische Beziehungsmodelle konsequent infrage: „Am Anfang versuchen Paare, Bobby zur Heirat zu bewegen, aber dann sieht man, dass die Paare unglücklich sind, und man fragt sich, warum sie ihn verheiraten wollen, wenn sie selbst nicht glücklich sind.“
Opern- und Schauspielensemble gemeinsam auf der Bühne
Robert durchläuft im Musical verschiedene Male seinen Geburtstag, seine Freunde veranstalten eine Überraschungsparty für ihn. Dabei kann das Publikum nicht ganz sicher sein, ob wir uns in einem Traum Roberts befinden oder in der Realität, in der sich verschiedene Paare mit passiver Aggressivität überbieten.
Ein durchaus unterhaltsames Spektakel. Der Freiburger Dramaturg Rüdiger Bering arbeitet deswegen schon seit Jahren gern mit Regisseur Rechi zusammen und schätzt seine Unterhaltungskunst: „Er ist ein Komödienspezialist. Das liegt aber auch daran, weil er ein Klima schafft, in dem Schauspielerinnen und Schauspieler Lust haben, sich auszuprobieren und gemeinsam was zu entwickeln.“
Und experimentieren müssen die Akteure auch. Regisseur Rechi holt, wie inzwischen immer mehr Inszenierungen am Theater Freiburg, Darstellerinnen und Darsteller aus dem Bereich der Oper und aus dem Schauspiel gemeinsam auf die Bühne. Er lässt sie singen, tanzen und spielen.
„Beim Musical arbeitet man mit Opernsängern und mit Schauspielern zusammen“, erklärt der Regisseur. „Das hat eine andere Dynamik, man muss mit diesen beiden Gruppen arbeiten, sie integrieren und etwas schaffen, das in eine gemeinsame Richtung geht."
Lockerer Wortwitz und viele eigene Ideen
Das Musical ist gespickt mit lockerem Wortwitz und viel eigenen Ideen, die die Akteure auf die Bühne bringen. Die Vielfalt begeistert auch Dramaturg Rüdiger Bering: „Das Tolle ist, dass es so eine Begegnung ist. Das ist eine der Qualitäten des Stückes, dass, je nachdem wie man es besetzt, die Darsteller viel Eigenes mitbringen können. Und das funktioniert erstaunlich gut zusammen."
So wird auch die relativ eindimensionale Darstellung der Frauen im Text von George Furth etwas ironisch kommentiert. Denn jede von Roberts Affären hat ihren eigenen Witz, ihren eigenen Dialekt und ist somit nicht nur Opfer seiner Spielereien.
Das Publikum kann Robert dabei in seinem vielschichtigen Ringen beobachten. Ist er glücklich allein oder sehnt er sich doch nach einer wirklichen Bindung? Company überlässt diese Fragen am Ende dem Publikum.
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