Kritik an Elterngeld und Einkommensgrenze
Sandra Runge engagiert sich für Elternrechte und weist über soziale Netzwerke und als Autorin immer wieder auf rechtliche Missstände hin. Die Juristin lebt in Berlin und ist selbst Mutter von zwei Söhnen. Zuletzt hat sie sich im politischen Berlin mit einer Petition zur allgemeinen Erhöhung des Elterngeldes zu Wort gemeldet, sammelte Unterschriften und erläuterte ihren Standpunkt während einer Anhörung im Deutschen Bundestag.
»Ich finde, man muss ganz generell schauen: Soll man an familienpolitische Leistungen ran, die sich bewährt haben? Kann man nicht einfach sagen: Das Thema Familie und Fürsorge ist uns als Staat so wichtig, dass wir diesen Bereich mit viel stärkeren finanziellen Mitteln ausstatten?«
Elterngeld, Kindergrundsicherung, Kindergeld: wer bekommt was?
Im Juli hatte Bundesfamilienministerin Lisa Paus eine neue Einkommensgrenze beim Elterngeld für Paare und Alleinerziehende von 150.000 Euro zu versteuerndes Einkommen vorgeschlagen, sie wurde am 17. August vom Kabinett beschlossen. Der Vorstoß hatte zuvor eine erneute Diskussion zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ausgelöst.
Sandra Runge erfuhr von dem Vorschlag direkt nach ihrer Anhörung im Bundestag, bei der sie mit Mitstreitern für eine Erhöhung des Elterngelds gekämpft hatte.
»Das war wie ein Faustschlag in die Magengrube, als wir da rauskamen […] und dann rief uns jemand zu: Ihr habt schon gehört, […] dass das Elterngeld gekürzt werden soll?«
Zusätzlich diskutiert die Ampelkoalition weiterhin über die Ausgestaltung der Kindergrundsicherung, bisher ohne Erfolg. Einen Gesetzentwurf hat Paus nach eigenen Angaben inzwischen fertiggestellt.
ARD Faktenfinder: Neue Einkommensgrenze - wen treffen die Änderungen beim Elterngeld?
Die Pläne des Familienministeriums, die Einkommensgrenze für das Elterngeld zu senken, werden heiß diskutiert. Doch was genau bedeuten die Änderungen? Und wie viele Familien wären davon betroffen?
Runge selbst hat nach der Babypause mit ihrem ersten Sohn ihren Job verloren. Sie leitete damals eine Rechtsabteilung und ihr wurde gesagt, die Abteilung werde ausgelagert. Das habe sich im Nachhinein aber als unwahr erwiesen. Laut Runge verliert jede vierte Frau in Deutschland nach der Elternzeit ihren Job.
»Man muss da tatsächlich ganz klar von Elterndiskriminierung und Mütterdiskriminierung sprechen. Das ist Alltag in deutschen Unternehmen.«
Wie viel ist uns die Sicherheit unserer Kinder wert und wie weit sind wir wirklich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und einer gleichberechtigten Verteilung der Erziehungs- und Care-Arbeit?
»Da muss häufig ein Umdenken kommen, diese Vorurteile müssen abgebaut werden. Und was ich oft vermisse, ist ein Vertrauensvorschuss: Dass man erstmal sagt: Ich bin jetzt nicht der größte Freund von Teilzeit, aber lass es uns doch einfach mal versuchen.«
Diese und weitere Fragen besprechen wir mit der Fachanwältin Sandra Runge in SWR1 Leute.