Legalisierung von Cannabis – Kiffen ohne Ende oder Schwarzmarkt in Grenzen?

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Moderator/in
Jens Wolters
Moderator Jens Wolters aus dem SWR1 Team moderiert regelmäßig die Sendung SWR1 Leute mit spannenden und interessanten Gästen

Besitz und kontrollierter Anbau von Cannabis zum Privatgebrauch sind seit April 2024 eingeschränkt erlaubt. Prof. Petra Beschoner (Akut-Klinik Bad Saulgau) über Folgen und Risiken.

Teilweise Legalisierung von Cannabis: Gefahr oder bessere Kontrolle?

Die in Cannabis enthaltenen Wirkstoffe THC und CBD können als Stimmungsaufheller dienen und Schmerzen lindern. Cannabis war aber seit Jahren auch die beliebteste illegale Droge in Deutschland. Jeder elfte Jugendliche hat es schon einmal konsumiert. Vermeintlich harmloses Kiffen werde gerade für Jugendliche zum Lotteriespiel, sagt Prof. Petra Beschoner: unter anderem können Konzentrations- und Merkfähigkeit betroffen sein und Entwicklungsstörungen auftreten.

Wir wissen, dass bei Jugendlichen in der Pubertät sozusagen Großbaustelle im Gehirn ist, wo sie besonders vulnerabel für psychoaktive Substanzen sind ... die Entwicklung [des Gehirns] dauert bis zum 30. Lebensjahr.

Wie wirkt sich das passive Inhalieren vom Wirkstoff THC, durch zufälliges vorbeilaufen an einer rauchenden Person oder Aufenthalt z.b. in einer Räumlichkeit mit kiffenden Personen darin, aus? Die Studienlage dazu ist noch nicht eindeutig, es gibt allerdings erste Ansätze.

Von politischer Seite hofft man, durch die Teil-Legalisierung den illegalen Handel einzudämmen und den Konsum besser kontrollieren zu können. Das größte Problem beim bisherigen Schwarzmarkt-Cannabis, so Beschoner: Es sei verunreinigt und werde mit synthetisch hergestellten Cannabinoiden gestreckt. Und: es sei stark, sehr stark.

In der Hippie-Zeit der 60er war der THC-Gehalt – das ist der psychoaktive Teil – ein bis drei Prozent, heute sind es 15 bis 30 Prozent. Wenn ich heute einen Joint rauche, macht es das gefährlicher.

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Eltern besorgt: wo bekomme ich Hilfe?

Die [jetzt] für junge Menschen erlaubte Menge reicht, dass 2 bis 3 Joints am Tag konsumiert werden. Da sind wir in einem Bereich, von dem wir wissen: Da ist die Gefahr einer Abhängigkeit extrem hoch.

Besorgten Eltern rät Petra Beschoner, erst einmal das Gespräch zu suchen - ganz ohne Vorwürfe oder Drohungen. Sie sollten versuchen, zu verstehen, worin die Motivation fürs Kiffen liegt: Ist es "alle zwei Wochen mal ein Joint mit Freunden" oder ist die Belastung durch Leistungsdruck in Schule oder Ausbildung so hoch, dass der Jugendliche nur so etwas Ruhe findet?

Dieses Gespräch zeige dann auch: Brauchen wir gemeinsam Hilfe? Die bekommen Eltern und Kinder dann hier:

Nach dem Kiffen folgen härtere Drogen: ein Mythos?

Tabak und Alkohol sind Einstiegsdrogen. Die klassische 'Karriere' läuft so ab, dass schon im Kindesalter mit Tabak begonnen wird, dann kommt oft in den ersten Pubertätsjahren schon der Alkohol dazu und dann erst in den Folgejahren das Cannabis.

Alkohol und Tabak hätten eine viel größere Lobby, so Petra Beschoner und seien - zumindest der Alkohol - deutlich gefährlicher als Cannabis. Sie belegt das auch mit Zahlen. "Störungen", also Schäden und Abhängigkeit gebe es durch Alkohol bei 6 Prozent der Konsumenten, bei Tabak bei 3 bis 3,5 Prozent, bei Cannabis bei einem Prozent.

Dabei müsse man aber auch fragen: Ist das so, weil Alkohol und Tabak akzeptierter sind und einfachere Zugangswege haben – und wird Cannabis eine ähnliche Entwicklung haben? Die Auswirkungen werde man für Deutschland wissenschaftlich erst in 10 bis 20 Jahren eindeutig belegen können.

So belastet Cannabis das Gesundheitssystem

Professorin Dr. Petra Beschoner von der Akut-Klinik Bad Saulgau warnt, dass regelmäßiger Cannabiskonsum Kontrolle und Selbstregulierung einschränkt. Das belaste dann auch das Sozial- und Gesundheitssystem.

Wenn nur ein Prozent eine Cannabis-bezogene Störung hat, sind wir bei 600.000 bis 700.000 Betroffenen. Das sind kranke Menschen, die nicht in der Lage sind, am sozialen Leben teilzunehmen, nur mit Einschränkungen einen Beruf ausüben können und das Gesundheitssystem beanspruchen müssen. 

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