Martin Benzing ist Landwirt, "Bauer", sagt er stolz. Mit 46 Jahren fängt er nochmal von ganz vorne an. Denn: In der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 2022 hat ein verheerender Großbrand seinen Eschbachhof in Trossingen im Kreis Tuttlingen zerstört. Nur das Wohnhaus und eine Lagerhalle sind noch da. Von seinen 130 Rindern sind fast alle verbrannt, ein Millionenschaden. Steine kannst du wieder aufbauen, sagt Martin – aber die Bilder seiner sterbenden Tiere – die muss er erst noch vergessen lernen. So geht es auch seinem Sohn David.
Großbrand zerstört Eschbachhof der Familie Benzing
Martin Benzing, seine Frau und die sechs Kinder sind im Tiefschlaf. Es ist halb zwei Uhr in der Nacht, als draußen alles in Flammen steht. Der Wind facht das Feuer an, es rast durch die Scheune und Ställe Richtung Wohnhaus. Nur eine halbe Stunde später gibt es den Eschbachhof nicht mehr.
Martin Benzing will Eschbachhof wieder aufbauen
Den Eschbachhof hatte Martin mit seinem Vater aufgebaut. Dass er abgebrannt ist, ist ein schrecklicher Verlust. Aber Martin gibt nicht auf: Er wird den Eschbachhof wieder aufbauen. Wie schafft man es, den Mut nicht zu verlieren?
Ein bisschen Würde in der Katastrophe
Wo früher der Hof stand, ist jetzt eine riesige Schotterfläche, graues Geröll, platt gewalzt. Die Brandnacht geht Martin nicht aus dem Kopf. Es gebe keine Worte für das was, er gesehen, gehört, gerochen und erlebt habe. Die Kinder kommen nach der Brandnacht bei Verwandten unter, während Martin die Kadaver seiner Tiere birgt. Da gehe es doch auch um Würde, sagt er.
Und dann dieser kurze Glücksmoment: Hofhund Susi – seit der Brandnacht weg – taucht auf einmal zwischen den Ruinen auf. Wenig später findet Martin seine Lieblingskuh Bärbel, die sich im nahegelegenen Wald versteckt hatte. Bärbel darf, wie die anderen überlebenden Rinder, bei einem benachbarten Bauern in den Stall, aber die Tiere sind angeschlagen. In Bärbels Lunge haben sich Rauch und Ruß festgesetzt. Martin hofft, dass die Lieblingskuh es schafft – drei Tage später muss sie eingeschläfert werden. Am Ende haben nur fünfzehn Rinder überlebt. Fünfzehn von 130.
Bereits kurze Zeit nach dem Brand kann die Familie wieder in ihr Haus einziehen, trotz der Schäden durch das Löschwasser. Viele Leute haben mit angepackt, sagt Martin Benzing. Er ist dankbar für die Spenden und vor allem für die Solidarität. Trotzdem gibt es Momente, in denen er hadert: "Warum ich?", "Warum ausgerechnet unser Hof?"
Weihnachten 2024 soll der Eschbachhof wieder stehen
In einer grünen Latzhose und einem hellblauen T-Shirt steht Martin da, die Hände tief in den Hosentaschen. Er lächelt und holt Luft: "Wenn's heftig kommt, dann nimm erstmal Tempo raus", sagt er, "nie drängeln lassen! Gar nie", sagt Martin. "Weil nur du kannst rausfinden, wie und wie schnell es weitergehen soll." Er habe Gottvertrauen, sagt er, ein Birkenwäldchen und eine Leidenschaft: seinen Beruf, das Leben als Bauer.
Das Birkenwäldchen hat Martin vor Jahren für sich gepflanzt, zwischen hohen Schwarzwaldbäumen, weil er Birken so gern hat. Damals hätten sich einige an den Kopf gefasst, lacht er. Aber wenn er heute durch sein Birkenwäldchen geht, dann macht ihm das gute Laune.
Sich nichts von anderen ausreden lassen, in Ruhe sein eigenes Ding machen: das ist auch das Motto von Martins Sohn David. Er soll den aufgebauten Hof mal übernehmen. Spätestens bis Weihnachten 2024 soll der neue Hof stehen. Bald müsste das Baugesuch für den neuen Stall durch sein. Die Tiere fehlen ihm, sagt Martin. Er wäre viel lieber im Stall, als Anträge und Akten zu wälzen. Die Staatsanwaltschaft Rottweil hat ihre Ermittlungen wegen Brandstiftung inzwischen abgeschlossen: Das Verfahren wurde eingestellt. Was das Feuer auf dem Eschbachhof ausgelöst hat, konnte nicht eindeutig geklärt werden.