Bislang konnten wichtige Beschlüsse der Kultusministerkonferenz zur deutschen Bildungspolitik in der Regel nur einstimmig beschlossen werden. Deshalb haben jetzt die Bildungsministerinnen und -Minister in einer Sondersitzung beschlossen, diesen Einstimmigkeitsbeschluss aufzuweichen.
Institutionen beginnen sich so gegen eine mögliche Blockadepolitik durch etwaige AfD-Regierungsbeteiligungen zu wappnen. Das scheint angesichts der Pläne der AfD für den Wissenschaftsbetrieb und die Schulen bitter nötig, meint Anja Braun aus der SWR Wissenschaftsredaktion.
Keine Blockademöglichkeit für die AfD in der Bildungspolitik
Die Kultusministerkonferenz hat quasi in letzter Minute ihr Einstimmigkeitsprinzip entschärft. Das bedeutet: keine Vetomöglichkeit mehr für ein einzelnes Bundesland. Kann keine Einigung mit allen erreicht werden, dann wird ein Klärungsverfahren durchgeführt.
Am Ende reicht es dann, wenn 13 Bundesländer zustimmen. Das sei eine Stärkung der institutionelle Resilienz , erklärt die KMK-Pressestelle. So könnten im Fall einer möglichen AfD-Regierungsbeteiligung künftig keine Beschlüsse blockiert werden.
Marina Weisband: Demokratiebildung – Was Schulen besser machen könnten
Bildung ist ein zentrales Thema der AfD
All das sind denkbare Szenarien, denn die Bildungspolitik ist die zentrale Kampfarena der AfD. Denn in den Schulen können die jungen Menschen am frühesten und zeitlich umfassend erreicht und geprägt werden.
Erhielte die in Teilen rechtsextreme Partei ein Bildungsministerium, dann hätte sie große rechtliche Spielräume. Sie könnte Lehrpläne nach ihrem Gusto umgestalten - zum Beispiel im Fach Geschichte oder Inhalte wie den Sexualkundeunterricht rausnehmen.
Zugang zum Gymnasium nur noch mit sehr guten Noten
Insgesamt hat die AfD vor, im Schulbereich mehr Disziplin, Ordnung und Fleiß durchzusetzen. Außerdem will sie schon früh eine Elite fördern. Deshalb soll der Zugang zum Gymnasium deutlich erschwert werden.
Nur noch die Heranwachsenden mit wirklich guten Noten sollen weiterkommen. Das ist nicht allein ein Wunschtraum der AfD, sagt Politikwissenschaftler Peer Pasternack, Direktor des Institut für Hochschulforschung in Halle:
"Dann sieht man, dass die AfD sich sozusagen bei jedem Thema immer die jeweils konservativste Position heraussucht und manche dieser Positionen dann ins Radikale steigert. Was die Frage nach dem Gymnasialbesuch betrifft, gibt es Überschneidungen mit dem Deutschen Philologenverband, dem Verband der Gymnasiallehrer oder einigen politischen Parteien konservativer Richtung."
AfD setzt auf Trennung von deutsch - und fremdsprachigen Kindern in der Schule
Kinder und Jugendliche, die kein Deutsch sprechen, sollen so lange in extra Klassen unterrichtet werden, bis sie die Sprache beherrschen. Für die schlechten Leistungen im internationalen PISA-Vergleichstest macht die AfD vor allem Kinder mit Migrationshintergrund verantwortlich.
Inklusion hält die AfD für einen Irrweg
Das Thema Inklusion, also die Einbindung z. B. geistig behinderter Menschen in den Regel-Unterricht hält die rechte Partei für einen ideologischen Irrweg. Sie setzt stattdessen auf eine Trennung und den Unterricht dieser Kinder und Jugendlichen an Förderschulen.
AfD stellt sich gegen die europaweiten Studienabschlüsse Bachelor und Master
Auch im Hochschulbereich möchte die AfD die Zeit zurückdrehen. So fordert sie die Studienabschlüsse Diplom, Magister und Staatsexamen wieder einzuführen. Der Bologna-Prozess mit den europaweit einheitlichen Abschlüssen Bachelor und Master wird abgelehnt.
AfD will Studiengänge wie "Gender-Studies" abschaffen
Die Absolventen wären dann zwar bei der Arbeitsplatzsuche möglicherweise auf das Bundesland ihres Abschlusses beschränkt. Doch das spielt der AfD in die Karten, denn sie will ja die regionale Entwicklung stärken. Eine weitere AfD-Idee ist es, Ausländer für ihr Studium bezahlen zu lassen. Übersehen wird dabei allerdings, dass die Hochschulen in Ostdeutschland bereits jetzt nicht ausgelastet sind.
Und die AfD will ihr missliebige Studiengänge wie zum Beispiel "Gender-Studies" abschaffen. Dabei könnte sie die Studiengänge nicht einfach verbieten. Aber wenn die Partei an einer Landesregierung beteiligt wäre, könnte sie darauf hinarbeiten, die Fördermittel für bestimmte Forschungsrichtungen zu streichen und diese dann einfach auszuhungern.
Abgrenzung schadet Bundesländern
Insgesamt setzt die AfD darauf Gesellschaft und dann auch Bildung und Wissenschaft auf das eigene Land zu konzentrieren mit der Begründung, wir müssen uns zuerst um die regionale Entwicklung kümmern. Gesellschaftswissenschaftler Pasternack hält das nicht für ausreichend, denn ein Bundesland, dass sich abschottet, wird immer unattraktiver für Menschen von außen.
"Das führt dann über kurz oder lang zu einer Provinzialisierung, die dann auch schädliche Auswirkungen auf die Entwicklung des jeweiligen Landes hat, weil dann Beziehungen auch außerhalb des Landes im Laufe der Zeit geringer werden.", sagt Pasternack.