Kinder haben zwar viel seltener Symptome von Covid-19, aber sie haben offenbar die gleiche Viruslast im Rachen wie Erwachsene. Das ist das Ergebnis einer Laborauswertung der Charité. Virologen untersuchten 3712 Abstriche von positiv auf Corona getesteten Patienten auf ihre Altersverteilung. Darunter waren 37 Kindergartenkinder, 16 Grundschüler und 74 Jugendliche.
Kinder wohl genau so ansteckend wie Erwachsene
Die Zahl der erfassten Kinder ist zwar gering, aber die Ergebnisse geben doch erste deutliche Hinweise darauf, so der Berliner Virologe Christian Drosten, dass Kinder offenbar genauso infektiös – also ansteckend – seien wie Erwachsene. Bisher ist diese Studie noch ungeprüft. Drosten setzt nun darauf, dass weitere Großlabore ihre Abstriche auf Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen hin untersuchen, um diese ersten Ergebnisse zu verifizieren.
Kinder stecken sich bei Erwachsenen an, wenn Kitas und Kindergärten geschlossen sind
Einige Studien hatten gemutmaßt, dass Kinder weniger ansteckend seien als Erwachsene. Aufgrund dieser Studien hatten viele Menschen die rasche Wiederöffnung von Grundschulen und Kitas gefordert. Doch zum großen Teil wurden diese Studien unter Kindern erst durchgeführt, nachdem die Schulen und Kindergärten in den meisten Ländern schon geschlossen waren.
Kinder, die zu Hause geblieben sind, konnten sich daher tatsächlich fast nur noch bei Erwachsenen in ihrem Haushalt anstecken. Schließlich durften Kinder sich ja schon nicht mehr mit Gleichaltrigen treffen. Der Lockdown hat die Infektionsquellen Kindergarten und Schulen so gut wie ausgeblendet – so der Virologe Drosten.
Kinder haben bei Corona-Infektion oft keine oder geringe Symptome
Dazu kommt, dass Kinder meist einen milden und oft sogar einen Verlauf ganz ohne Symptome haben. Deshalb gibt es extrem wenig Daten zu dieser Altersgruppe. Logisch, Kinder ohne Symptome oder nur mit ganz schwachen Beschwerden werden selten Ärzten vorgestellt oder im Krankenhaus behandelt.
Corona-Infizierte Kinder haben viele Viren im Rachenraum
Deshalb hat Virologe Christian Drosten mit der Untersuchung der Rachenabstriche quasi über Bande gespielt. Denn er konnte damit auf Labordaten von positiv getesteten Patienten von Januar bis fast Ende April zugreifen. Darunter waren wenige, aber doch einige Kinder und Jugendliche. Deren Viruslast im Rachen verglichen mit der Viruslast im Rachen von Erwachsenen ergab keine signifikanten Unterschiede. Das heißt, obwohl Kinder und Jugendliche oft keine Symptome haben, sind sie offenbar genauso ansteckend wie Erwachsene.
Chinesische Studie: Schulschließungen bremsen rasante Ausbreitung der Pandemie
Die jüngste Erkenntnis aus der Berliner Charité wird zumindest indirekt auch durch zwei Arbeiten aus China gestützt. Eine Studie aus Shanghai bestätigt, dass die frühen Schul- und Kindergartenschließungen die Ansteckungsgefahr stark reduziert habe. Dabei haben Forscher haben die Kontaktdaten von jeweils mehreren hundert Infizierten unterschiedlichen Alters in Shanghai und Wuhan untersucht und zwar vor, während und nach dem Seuchenausbruch.
Die Wissenschaftler sagen: Die rasche Schulschließung hat zwar das Infektionsgeschehen nicht stoppen können, aber die Zahl der Neuinfektionen auf dem Höhepunkt der Epidemie konnte dadurch um 40 bis 60 Prozent gesenkt werden.
Virenforscher warnen vor uneingeschränkter Wiedereröffnung von Schulen und Kindergärten.
Und eine Kontaktstudie aus Shenzhen kommt nach der Analyse von knapp 400 Infizierten und ihren fast 1300 Kontakten zum gleichen Schluss wie die Charite-Studie: Kinder sind offenbar genauso infektiös wie Erwachsene.
Die Charité-Forscher schreiben deshalb in ihrem Fazit: In Hinblick auf weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen, warnen wir vor einer uneingeschränkten Wiedereröffnung von Schulen und Kindergärten. Da immer noch ein Großteil der Bevölkerung nicht immun ist und die Übertragung niedrig gehalten werden muss, sollte man hier äußerste Vorsicht walten lassen.