Wenn Menschen mal weit, weit hinaus ins Weltall geschickt werden sollten, stünde man vor einer ganzen Reihe an Herausforderungen. Eine davon: Die Astronaut*innen verbrauchen durchs reine Rumsitzen eine Menge Energie, sie müssen ständig essen und die Nahrungsmittel müsste man transportieren. Wie praktisch wäre es da, wenn man die Raumfahrer*innen in eine Art Standby-Modus versetzen könnte wie bei einem Winterschlaf?
An dieser Idee wird seit Jahrzehnten geforscht, denn so ein Ruhezustand wäre nicht nur für weitreisende Astronauten praktisch. Jetzt ist eine Forschungsgruppe diesem Traum ein Stück näher gekommen, wie sie in der Fachzeitschrift Nature Metabolism veröffentlicht haben.
Ultraschallimpulse auf bestimmte Hirnregion lösen Ruhemodus aus
Etwas merkwürdig sehen die Versuchsmäuse schon aus: Wie ein winziger Helm klebt auf ihren Köpfen ein Sender, Kabel führen vom Mausekopf zur Käfigdecke. Doch die kleinen Nager können sich ganz normal bewegen und sind auch erstmal putzmunter. Doch das ändert sich, sobald der Versuch losgeht: Die Mäuse werden müder, träger. Das Bild einer Wärmekamera wechselt langsam von rot zu grün-blau, die Körpertemperatur der Tiere sinkt. Aber so bleibt es nicht: Nach etwa einer Stunde sind die Mäuse wieder „normal“ drauf, auch die Wärmebildkamera zeigt: Alles wieder warm und rot.
Den Auslöser für diesen Mause-Ruhemodus konnte man jedoch nicht sehen. Er kam aus den kleinen Sendern auf dem Kopf – sechs Ultraschallimpulse in drei Minuten, zielgerichtet auf eine bestimmte Hirnregion und die Mäuse sind in eine Mini-Winterruhe gefallen.
Mäuse haben natürlichen Ruhezustand für schwierige Umweltbedingungen
Dass Mäuse einen Ruhezustand haben, wusste man bereits. Der schaltet sich bei schwierigen Umweltbedingungen ein, zum Beispiel wenn es nicht genug Futter gibt, Torpor wird er genannt. Diesen Torpor würde man gerne künstlich herbeiführen, daran wird schon länger intensiv geforscht. Denn sollte es gelingen, diese Erkenntnisse auf den Menschen zu übertragen, könnte das Leben retten.
Man stelle sich zum Beispiel Schlaganfallpatienten vor, die innerhalb kürzester Zeit in einen Ruhezustand versetzt werden: Ihr Gehirn könnte auf der Fahrt ins Krankenhaus weniger Schaden durch Sauerstoffmangel erleiden, einfach weil es weniger Sauerstoff benötigen würde.
Wie also bringt man das Gehirn dazu, in den Energiespar-Modus umzuschalten?
Mittlerweile kennt man die Hirnregionen, die bei Mäusen den Torpor auslösen. Doch um die Tiere von außen in diesen Zustand zu versetzen, brauchte man bisher gentechnische Eingriffe oder kleine Operationen am Gehirn. Das ist im Rettungswagen kaum umsetzbar – und wäre auch viel zu riskant.
Deshalb ist die aktuelle Studie so interessant: Der eingesetzte Ultraschall ist nicht-invasiv, das Gehirn wird bei der Behandlung also nicht geschädigt. Außerdem ist Ultraschall relativ günstig und leicht einsetzbar, insgesamt also sehr praktisch. Und die Forschungsgruppe konnte zeigen: Wenn die richtige Hirnregion stimuliert wurde, sank nicht nur die Körpertemperatur der Mäuse: Auch das Herz der Tiere schlug langsamer, der Stoffwechsel fuhr herunter und stellte auf Fettverbrennung um – genau wie es beim echten Torpor der Fall wäre.
Schwierigkeit: Menschen haben keinen natürlichen Ruhezustand
Doch es gibt ein Problem: Menschen haben einen solchen Ruhezustand natürlicherweise nicht. Ob diese Maus-Ergebnisse also so auch auf sie übertragbar sind, bleibt abzuwarten.
Allerdings konnte die Forschungsgruppe zeigen, dass auch Ratten mit dieser Ultraschall-Technik in eine Art Energiesparmodus gebracht werden konnten. Ein wichtiges Ergebnis, denn auch sie kennen eigentlich keinen Torpor-Zustand -- genau wie wir Menschen. Auch ihre Körpertemperatur sank nach der Behandlung – wenn auch nicht so stark wie bei Mäusen.
Insgesamt ist aber auch bei der Maus noch vieles an diesem Vorgang nicht verstanden. Bis wir vom Rettungssanitäter im Notfall in einen Winterschlaf versetzt werden, dürfte es also noch etwas dauern.