Alleinessen. Das ist nicht nur ein akutes Symptom von social distancing, sondern ein sich seit Jahren ausbreitendes kulturelles Phänomen. In puncto Gesundheit trifft dieser, als "solo-dining" getaufte, Trend jedoch auch auf Unmut: Allein essen, das sei ungesund, mache krank und einsam. Aber stimmt das?
Forschung zum Alleinessen: Folgen für die Gesundheit sind individuell
Dem Magen und dem Darm ist natürlich egal, ob beim Essen neben uns jemand sitzt oder nicht. Schlagzeilen darüber, dass allein essen ungesund sei, liest man dennoch immer öfter. Ganz abzuweisen sind diese Aussagen jedenfalls nicht. Die Forschung weiß: Ob allein essen ungesund wirkt, entscheidet sich am persönlichen Kontext.
Alleinessen wird zum beliebten Trend
Im Bordbistro des ICE, in der Mittagspause im Homeoffice oder noch schnell vor dem Schlafengehen. Fest steht: Wir essen immer häufiger allein. Das ist lästig und ungesund, aber wen wundert‘s, werden manche sagen. Die moderne Arbeitswelt und Social Distancing zwingen uns ja dazu.
Nicht ganz, sagen die anderen: Allein essen vermag ganz eigene kulinarische Erfahrungen zu ermöglichen. Das berichten zumindest zahlreiche Internetblogs. Mit der nötigen Portion Achtsamkeit heißt Alleinessen dann auf einmal "Solo-Dining" und wird zum beliebten Trend. Nicht mal davor, allein ins Restaurant zu gehen, wird sich noch gescheut. Das zeigen Daten von Online-Reservierungsportalen. Gesundheitliche Bedenken? Eher nicht, sagen die Blogger.
Es kommt auf unsere Ernährungsgewohnheiten an
Systematische Forschung dazu gibt es allerdings auch. Die sagt: Ob allein essen der Gesundheit schadet, hängt zunächst davon ab, wie wir uns ernähren. Eher gesund oder nicht so gesund eben. Das fand eine Studie heraus. Man konnte zeigen, dass Personen, die sich insgesamt gesund ernähren, das auch beim Alleinessen tun. Wer sich jedoch überwiegend ungesund ernährt, tut das sowohl allein als auch in Gesellschaft. Diese Menschen essen zudem häufig allein und unregelmäßig.
Dafür, dass Menschen mit ungesunder Ernährung öfter allein essen, lassen sich bisher nur schwer gemeingültige Aussagen formulieren. Es ist nämlich selbst im Einzelfall nicht immer zu klären, was zuerst da war: Das Alleinessen oder die ungesunde Ernährung. Wenn andere nicht dabei sind, fällt es mir schließlich leichter, meiner sündigen Phantasie, zwei Eisbecher mit Sahne hintereinander zu verdrücken, Taten folgen zu lassen. Hin und wieder ist das gesundheitlich kein Problem. Wird diese Vorliebe allerdings zwanghaft, dann esse ich auch bevorzugt allein, um dem Verlangen nachzugehen. Ein Teufelskreis.
Ein Zusammenhang zwischen Alleinessen und Erkrankungen ist erwiesen
Legt man eine Studie an, bei der viele Menschen befragt werden, kann man einen solchen Effekt auf die Gesundheit tatsächlich nachweisen. Eine viel beachtete Studie aus Südkorea fand Folgendes heraus: Verglichen mit Personen, die immer mit anderen essen, sind Personen, die oft allein essen, häufiger fettleibig und haben öfter einen erhöhten Blutzuckerspiegel. Diese Menschen sind damit auch anfälliger für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes Typ II. Indem es ein ungesundes Essverhalten begünstigt, kann Alleinessen somit tatsächlich krank machen.
Mögliche Folgen auch für die psychische Gesundheit – aber es bleibt komplex
Auch eine Wirkung auf das psychische Wohlbefinden gibt es. Denn Alleinessen setzt ja das Alleinsein voraus. Ein ebenfalls zunächst bedenkenloser Zustand. Unfreiwillig allein zu sein – und allein essen ist ja ein Merkmal davon – kann allerdings nachweislich einsam machen. Auf Dauer ist auch das ungesund.
All das passiert aber nicht ohne Weiteres. Schadhafte Essverhalten oder gar Essstörungen sind komplex in ihrer Entstehung und häufiges Alleinessen ist dabei nur eine von vielen möglichen Zutaten. Hier gilt: Genauso, wie jeder Mensch unterschiedlich gern mit sich allein ist, hängt auch das Verhältnis zum Alleinessen von persönlichen Einstellungen und der jeweiligen Esskultur ab. Zum Beispiel: Für junge Erwachsene in Frankreich hat das gemeinsame Essen den größten Stellenwert. Jungen Erwachsenen in Deutschland ist das gemeinsame Kochen am wichtigsten. In den meisten Esskulturen haben junge Menschen heute aber insgesamt weniger Vorbehalte, allein zu essen, als ältere. Das erklärt warum der Trend zum Alleinessen vor allem in der jüngeren Generation beliebt ist.
Ist gemeinsam essen immer gesünder? Quatsch mit Soße
Wie individuell das Ganze ist, wird zuletzt am Wissenstand über gemeinsames Essen nochmal deutlicher. Hier weiß man, dass gemeinsame Mahlzeiten länger dauern, meistens fetthaltiger sind und öfter aus Fleisch bestehen als die, die man allein isst. Auch die Portionen sind größer. Zwangsläufig gesünder ist gemeinsam essen also nicht. In Gesellschaft zu essen und unter Leuten zu sein spricht jedoch auch für ein großes soziales Netz und das, so weiß man, ist wiederum gut für die Gesundheit.
Fazit
Ob das Dinner for one ungesund ist, bleibt von Mensch zu Mensch unterschiedlich zu bewerten. Als freiwilliger Trend ist allein essen unproblematisch. Ungewollt oder unter Zwang kann das allerdings ungesund sein.
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