Den Einfluss der sozialen Medien auf Schönheitsoperationen belegt eine große Befragung, die die „Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie“ bei ihren Patientinnen und Patienten durchgeführt und im Oktober 2021 veröffentlich hat. Fazit: Die minimal-invasiven Eingriffe gewinnen an Popularität. Der Vergleich mit anderen triggert Behandlungswünsche. Und vor allem junge Frauen werden von den sozialen Medien beeinflusst.
Schönheitseingriffe „to go“ immer beliebter
Chirurgen und Dermatologinnen beobachten, dass die Hemmschwelle bei jungen Frauen – und Männern - sinkt, sich für Botox und Hyaluronsäure zu interessieren. Schönheitsstudios in den Innenstädten boomen, die solche Eingriffe „to go“ anbieten. Beliebt sind Lippen-Unterspritzungen. Mit einer dünnen Nadel wird ein Hyaluronsäure-Filler in die Lippe gespritzt, sie gewinnt an Volumen und Kontur.
Die Möglichkeiten der minimalinvasiven Schönheitsbehandlungen haben sich in den vergangenen Jahren zudem stetig erweitert. Wofür man früher unters Messer musste, reicht heute eine ambulante Behandlung. Das ist viel günstiger als eine Operation. Dazu kommt, dass Eingriff und Regeneration in der Regel schneller verlaufen. Sofort im Anschluss können Patienten in ihren Alltag zurückkehren.
Doch es kann Nebenwirkungen geben
Botox kann hängende Augenlider oder Kopfschmerzen auslösen, einige Patienten entwickeln Unverträglichkeiten gegen Botox. Die Folgen einer Behandlung mit Hyaluronsäure sind noch ernster. Wenn die Nadel ein Blutgefäß oder einen Nerv trifft statt die Hautschichten, können Zellen absterben. Die Folge ist eine Nekrose, die sich durch dunkle bis schwarze Flecken zeigt. Es besteht zudem eine – geringe - Gefahr, dass die Patientin erblindet.
Weil die Bezeichnung „Schönheitschirurg“ nicht geschützt ist, können auch Ärzte ohne entsprechende Facharzt-Ausbildung sich so nennen und Schönheits-OPs durchführen. 2021 stand deshalb ein Düsseldorfer Internist vor Gericht. Bei einem „Brazilian Butt Lift“, bei dem der Hintern mittels Eigenfett-Transplantation vergrößert wird, starben zwei seiner Patientinnen.
Die häufigsten Eingriffe bei Männern: Haare, Fett, Brust
Dem Ideal eines perfekten Körpers zu entsprechen, diesen Druck kennen auch junge Männer. Kopf- und Barthaar-Transplantationen sind bei ihnen beliebt. Der häufigste operative Eingriff bei Männern insgesamt ist laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie die Fettabsaugung. Gefolgt von der Gynäkomastie-Behandlung.
Die gutartige Vergrößerung der Brustdrüsen bei Jungs und Männern heißt „Gynäkomastie“. Manchmal verschwindet sie von allein. Diese Anomalie ist keine Krankheit, doch sie kann schmerzhaft sein oder schlicht psychisch belasten.
Schönheits-Druck von allen Seiten
Schönheits-Eingriffe werden zwar schon seit Jahrzehnten durchgeführt und im Fernsehen oder in Zeitschriften vorgeführt. Heute jedoch käme der Druck sich zu verschönern von allen Seiten, betont die Medienpsychologin Regine Frener von der Uni Hohenheim. Junge Menschen würden sich in den sozialen Medien ständig vergleichen, so Frener.
Doch mit Filtern bearbeitete Fotos können laut Frener zu einer leichten Dissoziation führen, also zu einer Wahrnehmung von sich selbst, die nicht unbedingt mit dem übereinstimmt, wie man eigentlich wirklich aussieht. All das kann die mentale Gesundheit von Jugendlichen verschlechtern und ihre Körperwahrnehmung beeinflussen.
Instagram und der Mutterkonzern Meta haben dazu eine Studie durchgeführt, wie sich ihre Foto-Sharing-App auf junge Nutzer auswirkt. Das alarmierende Fazit: „Wir verschlechtern das Körperbild bei einem von drei Mädchen im Teenager-Alter“ hatte Meta bewusst unter Verschluss gehalten.
Neue gesetzliche Regeln für Influencer-Kennzeichnung
Solche und andere Erkenntnisse haben in einigen Ländern zu strengeren Regeln geführt. Norwegen hat im Sommer 2022 u.a. Influencerinnen und Influencer und Beauty-Unternehmen dazu verpflichtet, gefilterte und retuschierte Fotos zu kennzeichnen. In Frankreich ist die Kennzeichnung bearbeiteter Fotos seit einigen Jahren Pflicht. Ziel ist, unrealistische Schönheitsstandards aufzudecken und dadurch den Druck auf junge Menschen zu minimieren.
SWR 2022