Porträt zum 70. Geburtstag

Der Komponist Beat Furrer: „Disziplin ist für sich genommen nichts“

Stand
Autor/in
Marie-Therese Rudolph

Der österreichische Komponist Beat Furrer feiert am 6. Dezember seinen 70. Geburtstag. Unter den Werken von zeitgenössischen Komponisten gehören seine international zu den meistgespielten. Expressiver Sprachklang ist typisch für ihn.

Geräuschklänge, Atem- und Zischlaute

„Begehren“, eine von bald neun Opern, hat Beat Furrer Anfang der 2000er Jahre komponiert. Sie gilt als eines seiner zentralen Werke. Geräuschklänge, Atem- und Zischlaute sind charakteristisch für seine Musiksprache. Er hat sie in enger Zusammenarbeit mit dem von ihm 1985 gegründeten Klangforum Wien entwickelt.

Beat Furrer war aus dem schweizerischen Schaffhausen nach Wien gekommen, um hier bei Roman Haubenstock-Ramati Komposition zu studieren. Sie trafen sich wöchentlich morgens im Kaffeehaus, haben sich dort über die aktuellen Arbeiten, Kunst und das Leben ausgetauscht. Diesen Mentor und Lehrer bezeichnet Furrer als „ganz wesentlich“ für sein Denken.

Aufbruchstimmung in Wien

In der Wiener Kulturszene der 1980er Jahre herrschte Aufbruchsstimmung, auch die Gründung des Festivals „Wien modern“ durch Claudio Abbado fällt in diese Zeit. Der hat eine Partitur des jungen Komponisten dem progressiven Luigi Nono nach Venedig geschickt, woraufhin dieser „den Menschen hinter der Partitur“ kennenlernen wollte.

Rasch eroberten die Werke Beat Furrers die Opern- und Konzerthäuser: zuletzt zum Beispiel 2019 „Violetter Schnee“ an der Berliner Staatsoper Unter den Linden und demnächst, im März 2025 „Das große Feuer“ als Auftragsarbeit für das Opernhaus Zürich.

Sprache als Klangmaterial

Literatur ist ihm sehr nahe, Sprache für ihn essenzielles Klangmaterial. Wie etwa in „auf tönernen füßen“, das er für die Dichterin Friederike Mayröcker zum 75. Geburtstag komponiert hat.

Furrers Arbeiten kreisen um die Struktur, die Konsistenz, die Materialität von Klängen, aber wie hält er diese für sich fest?

Ich schreib das, was ich mir vorstelle, direkt auf – in einer Art Kurzschrift. Und wenn ich erst mal etwas aufgeschrieben habe, dann ist mein Gedächtnis damit besetzt.

Sich der Natur aussetzen

Über dreißig Jahre hat Beat Furrer Komposition an der Kunstuniversität Graz unterrichtet, viele internationale Studenten sind zu ihm gepilgert. Ende der 1990er Jahre gründete er dort gemeinsam mit dem Geiger Ernst Kovacic die „impuls“-Akademie für zeitgenössische Musik. Mittlerweile lebt er in einem ehemaligen Jägerhaus im steirischen Gesäuse.

Ich hatte oft Erklärungsbedarf, was meinen Wohnort anbelangt. Für mich ist das kein Rückzug. 

Beat Furrer setzt sich ganz bewusst der Natur des Nationalparks Gesäuse aus, auch akustisch – und versucht seine Beziehung zu ihr zu verstehen. Das sei auch eine Parallele zur Herangehensweise an seine Musik, sagt er. 

Gesäuseeingang mit Großem Ödstein im Nationalpark Gesäuse, Steiermark, Österreich
Beat Furrer lebt im Österreichischen Nationalpark Gesäuse. Im Bild: Gesäuseeingang mit Großem Ödstein.

Komponiert nicht am Computer

Unabhängig vom Ort braucht Beat Furrer nur wenig, um seine Klangvorstellungen zu Papier zu bringen. Ja, er komponiert nicht am Computer – wie der Großteil seiner Kollegenschaft heute. Das wichtigste sei für ihn die selbsteinteilbare Zeit.

Disziplin ist für sich genommen nichts. Das Feuer, das dich irgendwohin bringt, dass es dir fast notwendig macht, etwas aufzuschreiben, das muss erhalten bleiben.

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