Herr Nikiforov, wie sind Sie zum Singen gekommen?
Eigentlich ganz einfach. Ich war von Kindheit an musikalisch aktiv, weil meine Familie sehr musikalisch war. Es waren aber keine Berufsmusiker. Meine Mutter singt wunderbar. Sie hat mich damals mit einem bis heute sehr berühmten russischen Knabenchor aus Moskau in Kontakt gebracht. Seit diesem Zeitpunkt bin ich im Chor.
War das Ihr Wunsch, in den Chor einzutreten oder der Ihrer Mutter?
Um Himmels Willen. Selbst wollte ich das nicht (lacht). Sie hat mich einfach dort angemeldet und sagte mir, dass ich hier ein paar Stücke singen soll und tschüss. Als Kind konnte ich ja nicht widersprechen, habe ordentlich vorgesungen und wurde angenommen. Am Morgen des Vorsingens hatte ich mich versteckt, aber meine Mutter hat mich gefunden.
Wie ging es nach der Schule weiter?
Ich kam an das Tschaikowsky-Musikkonservatorium in die Abteilung Chordirigieren. Nach fünf Jahren hatte ich das Studium erfolgreich absolviert. Danach begann ich an der Chorkunstakademie (meine ehemalige Knabenchorschule) als Lehrer für Chordirigieren zu arbeiten. Mit 16 Jahren wurde klar, dass sich meine Stimme so entwickelt, dass ich etwas damit machen musste, und ein Freund meinte, dass ich mit meiner Stimme sofort ein Gesangsstudium absolvieren sollte. Ich habe mich beworben, wurde angenommen und bin sofort in das dritte Semester eingestuft worden.
Und wie sind Sie zum SWR Vokalensemble gekommen?
Ich war bei Wettbewerben in Brüssel und Genf, dabei habe ich meine ersten Engagements in Europa und vor allem in der Schweiz bekommen. Ich bin dann mit meiner Familie von Russland zu Verwandten nach Rostock umgezogen. Drei Jahre haben wir dort gelebt, wo ich auch gleichzeitig am dortigen Volkstheater engagiert war. Bei einem Besuch in Bonn habe ich einen Kollegen aus dem SWR Vokalensemble getroffen, der mir von einer freien Stelle dort berichtete.
Wie war die Umstellung vom Solosänger in Rostock zum Chorsänger in Stuttgart?
Es war für mich kein Sprung ins Fremde, sondern eher eine Art Rückkehr. Ich kenne und mag das Gefühl im Chor zu singen. Vor Kurzem waren wir in Luzern, und in einem Stück gab es mehrere solistische Parts. Da kam ein Gemeinschaftsgefühl auf, aber auch die Klarheit der einzelnen Stimmen hat seinen Teil dazu beigetragen, dass man sich wohlfühlt.
Was muss ein Sänger mitbringen, wenn er im SWR Vokalensemble singen möchte?
Was wir verlangen und beim Vorsingen testen, ist eine sehr gute intonatorische Technik. Wir sind ein kleines Kollektiv, das hört, wenn eine Stimme anders klingt. Bei der Stimme hat jeder sein Timbre. Hier muss man ab und zu auf die eigenen Eigenschaften verzichten. Der gesamte Chor muss wie eine Stimme klingen und nicht umgekehrt. Wir vier Bässe müssen gemeinsam klingen.