Clubs und Musikveranstalter haben es seit Jahren nicht leicht. Spätestens die Corona-Pandemie hat die Bedingungen für lokale Veranstalterinnen und Veranstalter erschwert – Viele haben sich bis heute nicht davon erholt. Inflation und steigende Betriebskosten kamen als Herausforderungen dazu.
Doch sogenannte Livemusikstätten seien Orte der Begegnung, der kulturellen Vielfalt und des gesellschaftlichen Diskurses, betont die Jury des APPLAUS-Awards. Seit 2013 zeichnet sie deshalb bundesweit die Programme von unabhängigen Musikclubs und Veranstaltungsreihen mit hochdotierten Preisen aus.
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90 Auszeichnungen in sechs Kategorien
Mit dem Award wolle man vor allem ein Zeichen für kleinere Clubs in ländlichen Regionen setzen, die vor „existenziellen Herausforderungen“ stünden, so die Jury. Sie setzt sich aus Musikerinnen und Musikern sowie Booking Agents, Tourmanagern und anderen Musikexperten zusammen.
Für das Jahr 2024 hat die Jury insgesamt 90 Auszeichnungen in sechs Kategorien vergeben: Ausgezeichnet werden „Beste Livemusikprogramme“, „Beste Livemusikspielstätten“ und „Beste kleine Spielstätten und Konzertreihen“.
Außerdem gibt es drei Fachjurys, die jeweils Preise in den Kategorien „Awareness“, „Inklusion“ und „Nachhaltigkeit“ vergeben. Einige Preisträgerinnen und Preisträger kommen aus dem Südwesten: sieben aus Baden-Württemberg und einer aus Rheinland-Pfalz
1. Kulturzentrum Kinett in Kusel: Bestes Musikprogramm
2. Konstanzer Mahagoni-Kollektiv: Auszeichnung für Awareness
3. KOHI in Karlsruhe: Preisgekröntes Programm von Vereinsmitgliedern
Kulturzentrum Kinett in Kusel: Bestes Musikprogramm in der Provinz
Für das Kinett in Kusel in der Nordpfalz kommt der APPLAUS für das beste Liveprogramm mit dem Preisgeld von 45.000 Euro genau zur richtigen Zeit. „Das bedeutet, dass wir zwei Jahre weitermachen können“, sagt Andreas Becker, der das Kulturzentrum betreibt.
Gemeinsam mit Wolfram Butz hat Becker das ehemalige Kino in der Nordpfalz zu dem Musikclub umgebaut.
Indie-Bands aus der ganzen Welt kommen nach Kusel
Im Kulturzentrum Kinett veranstalten sie seit 2022 rund 80 Konzerte pro Jahr mit Indie-Bands aus aller Welt. Aus Rom, Seattle, New York, Berlin oder Bristol – jeden Tag bewerben sich Bands aus aller Welt beim Kinett. Der Club hat sich in der internationalen Indie-Szene einen Namen gemacht – für Livemusikfans aus der Region ein Glücksfall.
Ich bin jetzt oft schon an einem Punkt, wo die Bands so gut sind, dass ich mich manchmal kneifen muss, ob das wirklich da ist.
Engagement und Begeisterung trotz finanzieller Herausforderungen
Zuständig für das Programm ist Andreas Becker, der selbst auch Musiker ist. Er brennt für seinen Club: „Wenn man aus dem Konzert rausgeht und die Energie von der Musik aufgenommen hat, weil es ein unglaubliches Konzert war – das ist das, warum man das macht.“
Dennoch sei im vergangenen Jahr nicht ganz klar gewesen, wie es mit dem Kinett weitergehe. Die Betreiber des Kinetts verdienen nichts mit dem Club, sie sind Überzeugungstäter. Und die Herausforderung, das Projekt zu finanzieren, bleibt trotz Preisgeld.
Für ihr Engagement in der Provinz ist der APPLAUS-Award in jedem Fall eine Anerkennung. „Was ich mir wünschen würde ist, dass noch mehr Leute aufmerksam würden auf das, was hier passiert, denn das ist wirklich unglaublich“, findet Becker.
Mahagoni-Kollektiv in Konstanz: Mit Awareness einen inklusiven Raum schaffen
Einer der Sonderpreise für Awareness geht an das Mahagoni Kollektiv in Konstanz, die Elektro-Konzerte und Partys sowie andere Veranstaltungen, wie zum Beispiel einen Flohmarkt organisieren. Kriterien für diesen Preis sind unter anderem eine „diskriminierungssensible Programmgestaltung“ und ein „klar erkennbares Konzept, um Diskriminierung und Gewalt vorzubeugen“.
Der gemeinnützige Verein des Mahagoni Kollektivs hat genau das zum Ziel: Sie wollen einen inklusiven Raum schaffen, „in dem sich alle wohl und sicher fühlen können“.
Veranstaltungen sollen sicherer Ort für alle sein
Awareness versuche das Team auf verschiedenen Ebenen mitzudenken, so die Preisbegründung: von der Auswahl der Künstler:innen, die auftreten, über das Marketing bis zum Design. Außerdem gebe es direkt am Eingang des Clubs einen Awareness-Stand mit Menstruationsartikeln, Erste-Hilfe-Täschchen und Verhütungsmittel.
Das Mahagoni Kollektiv versucht so, die „lokale Kultur- und Veranstaltungsszene nachhaltig zu verändern“. Mit ihrer Awareness-Arbeit konzentrieren sie sich vor allem darauf, Bedingungen zu schaffen, damit „Menschen unterschiedlicher Hintergründe respektvoll aufeinander treffen“.
Die Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Für ihr Engagement haben sie mit dem APPLAUS-Award ein Preisgeld von 10.000 Euro erhalten.
KOHI in Karlsruhe: Vereinsmitglieder machen das Programm
Der Verein KOHI Kulturraum e.V. in Karlsruhe will seit 2007 seinen Mitgliedern „eine Plattform für ihre Ideen und Projekte“ bieten. Der freie Kulturverein veranstaltet Ausstellungen, Lesungen oder Konzerte – die Mitglieder gestalten das Programm.
Das Ergebnis wurde ebenfalls mit dem APPLAUS-Award in der Kategorie „Beste Livemusikprogramme“ mit einem Preisgeld von 45.000 Euro ausgezeichnet. Von Indie über Punkrock bis Jazz – Die musikalische Vielfalt und das Engagement für die lokale Szene habe die Jury überzeugt, heißt es.
Das Karlsruher KOHI: Ein Kulturort für alle
Musikalische Abwechslung im Kulturraum
So sind in diesem Jahr unter anderem Konzerte von regionalen Acts aus Karlsruhe sowie von Bands aus Frankreich, Belgien und den USA geplant. Musikalisch ist aus vielen Genres etwas dabei: egal ob Punk, Indie oder Elektro-Pop.
Die organisatorische Besonderheit: einen Ticket-Vorverkauf für die Veranstaltungen gibt es in der Regel nicht. Denn KOHI ist den Angaben zufolge über ein Mitgliedschaftssystem organisiert.
Um eine Veranstaltung zu besuchen, brauche man eine befristete Test-Mitgliedschaft. Wer ein ständiges Mitglied des Vereins ist, kann hingegen vielleicht das nächste preisgekrönte Programm mitgestalten.