Gespräch

Die Sklaverei und die Deutschen – eine Geschichte von Ausbeutung, Profit und Verdrängung

Stand
Autor/in
Doris Maull

Lange bestand die These, Deutschland habe nichts mit Sklaverei zu tun gehabt, Deutsche seien nicht am internationalen Sklavenhandel beteiligt gewesen. Die Journalisten Jasmin Lörchner und Frank Patalong widerlegen diese These in ihrem neuen Buch „Die Sklaverei und die Deutschen“. Grund für die jahrzehntelange Verdrängung sei unter anderem, dass Deutschland nur für kurze Zeit Kolonialmacht war, sagt Jasmin Lörchner in SWR Kultur.

Holocaust-Aufarbeitung überschattete das Thema Sklaverei

„In Deutschland hat man sich lange an dem viel größeren historischen Unrecht, dem Holocaust, abgearbeitet“, so Lörchner. Aktuell steige das öffentliche Interesse an der deutschen Kolonialgeschichte jedoch.

Waren aus den Kolonialländern wurden am Ursprungsort von versklavten Arbeiterinnen und Arbeitern produziert oder geerntet. In der frühen Neuzeit habe es in Deutschland auch Fürstinnen und Fürsten gegeben, die versklavte Menschen mit schwarzer Hautfarbe als Hausangestellte beschäftigten.

Foto von Jasmin Loerchner
Jasmin Loerchner, Autorin von „Die Sklaverei und die Deutschen“

Wirtschaftsfaktor Menschenhandel

„Denen ließ man auch ein bisschen Bildung zukommen und rühmte sich dann, dass man ihnen eigentlich etwas Gutes tat“, sagt Lörchner. Diese Menschen seien jedoch meist auf afrikanischen Sklavenmärkten gekauft worden.

Bereits im Mittelalter sei Menschenhandel für die Franken ein Wirtschaftsfaktor gewesen. „Deswegen gibt es in der Forschung die These, dass die wirtschaftliche Grundlage auch auf Menschenhandel gelegt wurde, und das gilt auch für deutsches Gebiet“.

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Geschichte kann man nicht reparieren
Seit 2021 erkennt die Bundesregierung die Verbrechen an den Herero und Nama als Völkermord an. Historiker Zimmerer weist aber darauf hin: Es sei problematisch, dass im Gegensatz zur Bundesregierung der Bundestag zwar die Völkermorde an den Armeniern und an den Ukrainern anerkenne, den an den Nama und Herero aber bis heute nicht: „Natürlich sagen Leute weltweit, dass der Bundestag sich leichter tut, die Verbrechen anderer anzuerkennen, als die eigenen.“
Abkommen selbst könnte helfen
Das von der deutschen und der namibischen Regierung ausgehandelte Abkommen könnte, so Historiker Zimmermann, durchaus helfen, den Nachfahren der Opfer zu einem besseren Leben zu verhelfen und dafür sorgen, „dass sie nicht über Generationen in einer Armut hängen, die von den Deutschen mitverursacht wurde“. Problem sei, so Jürgen Zimmerer: Die Nachkommen der Opfer wollten dieses Abkommen mehrheitlich nicht, weil ihre maßgeblichen Sprecherinnen und Sprecher bei der Aushandlung nicht dabei waren.
Herero und Nama klagen gegen Abkommen
Dass Vertreter der Nama und Herero nicht mit am Verhandlungstisch gesessen hätten, sei eine diplomatische Dummheit erster Ordnung, so Historiker Zimmerer. Wenn man Aussöhnung wolle, sei es „eine absurde Vorstellung, dass die Nachkommen der Opfer klagen, dass dieses Abkommen nicht in Kraft tritt, während die Nachfahren der Täter in der Form der Bundesregierung sagen, wir ziehen das jetzt einfach durch, auch wenn ihr das nicht wollt“. Namibia war von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie. Zwischen 1904 und 1908 töteten deutsche Truppen zehntausende Herero und Nama.

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