Einer der ältesten Berufe der Welt
Wohl zu allen Zeiten und in allen Kulturen haben sich Frauen gegenseitig bei Geburten geholfen. Schon aus dem Alten Ägypten und aus der römischen Antike sind Kunstwerke überliefert, die sogenannte „weise Frauen“ bei der Geburtshilfe zeigen.
![Seit der Antike helfen Hebammen Frauen nicht nur bei Geburten, sondern auch bei Komplikationen. (Foto: mauritius images) Seit der Antike helfen Hebammen Frauen nicht nur bei Geburten, sondern auch bei Komplikationen.](/swrkultur/leben-und-gesellschaft/1722523312482%2Crelief-hebamme-100~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Zudem gibt es Berichte darüber, dass schon damals besondere Tränke bekannt waren, die Geburten erleichtern sollten. Dieses uralte Wissen wurde von einer Generation an die nächste weitergegeben. „Hebamme“ gilt deswegen als einer der ältesten Berufe der Welt und war immer schon eine Domäne der Frauen.
Einführung der „Hebammenordnungen“
Lange Zeit konnten auch hierzulande Hebammen weitgehend selbständig und eigenverantwortlich arbeiten. Doch seit dem späten Mittelalter wurde ihre Arbeit von der Obrigkeit und vor allem von der Kirche immer argwöhnischer beobachtet. Ab dem 16. Jahrhundert wurden in vielen deutschen Städten sogenannten „Hebammenordnungen“ verfasst.
![Freiburger Hebammenordnung (Foto: Stadtarchiv Freiburg) Freiburger Hebammenordnung](/swrkultur/leben-und-gesellschaft/1722523309697%2Chebammenordnung-freiburg-100~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.png)
Strenge Regeln für Geburtshelferinnen
Die Hebammen mussten einen Eid leisten, der sie etwa dazu verpflichtete, Abtreibungen zu unterlassen und bei der Geburt die Eltern zu melden, wodurch auch uneheliche Kinder auffielen. „Diese Hebammenordnungen waren auch Ausdruck zeitgenössischer Wertevorstellungen“, erklärt die Medizinhistorikerin Nadine Metzger von der Universität Erlangen. Zum Beispiel war es wichtig, dass Kinder gleich nach der Geburt getauft wurden – wenn Gefahr für den Säugling bestand, zur Not auch durch eine Hebamme.
Nadine Metzger forscht zur Geschichte der Geburtshilfe. Sie erklärt, dass die Hebammenordnungen des 16. Jahrhunderts in einer Zeit entstanden, in der sich die Gesellschaft im Ganzen immer mehr strukturierte. Dazu gehörten auch Regeln und Verordnungen. Sie betont, dass die Hebammenordnungen auch viele Vorteile gehabt hätten. Zum Beispiel weil die städtisch zugelassenen Hebammen gewisse Ausbildungsstandards haben mussten.
In ländlichen Gebieten wurden Hebammen weniger strikt kontrolliert und konnten in Deutschland oft noch bis Ende des 18. Jahrhunderts ohne offizielle Zulassung arbeiten. Die strengen Verordnungen in den Städten ermöglichten es hingegen nur wenigen Frauen, als zugelassene Hebamme zu arbeiten.
„Winkelhebammen“ arbeiteten im Verborgenen
Es gab jedoch im 16. Jahrhundert jedoch sogenannte „Winkelhebammen“, die ohne Zulassung („im stillen Winkel“) arbeiteten. Eine davon war Ursula Seboltin in Freiburg. 1575 wird sie deswegen verurteilt, an den Pranger gestellt und aus der Stadt gejagt.
Männliche Profilierung auf dem Wissenschaftsgebiet
Dass sich im 18. Jahrhundert vermehrt Männer für Geburtshilfe interessierten, liegt vor allem auch daran, dass diese medizinisches Fachgebiet wurde. Frauen durften damals noch nicht studieren.
Den Männern sei es vor allem darum gegangen, sich in auf einem wissenschaftlichen Gebiet besonders zu spezialisieren und zu profilieren, so die Medizinhistorikerin Nadine Metzger. So haben männliche Ärzte zum Beispiel die heute kaum mehr verwendete Geburtszange erfunden.
Geburtshilfe wird zum akademischen Lehrfach
Frauen wurden durch die Akademisierung, von der sie ausgeschlossen waren, zu „Geburtshelferinnen“ degradiert. Sie wurden in eigenen Schulen von männlichen „Hebammenmeistern“ ausgebildet. In Deutschland gibt es erst seit 2020 eine akademische Ausbildung für Hebammen.
![Hebammenschule Karlsruhe (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Uli Deck/dpa | Uli Deck) Hebammenschule Karlsruhe](/swrkultur/leben-und-gesellschaft/1722523310757%2Chebammen-kampf-um-anerkennung-100~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Eine Chance, auf Augenhöhe mit Ärzt*innen ausgebildet zu werden. Und vielleicht auch endlich die wissenschaftliche Anerkennung und finanzielle Absicherung zu erhalten, die der Beruf verdient. Denn ein wiederkehrendes Problem vieler Hebammen sind die sehr teuren Haftpflichtversicherungen, ohne die sich Geburtshelferinnen nicht selbständig machen können. Viele Hebammen können sich ihren Beruf oft nicht mehr leisten, obwohl sie dringend gebraucht werden.
Krankenhäuser und Kreißsäle in Not "Alarmstufe Rot!": Schwanger und keine Hebamme?
Geburtshilfe gilt finanziell als nicht so attraktiv für Kliniken. Hebammen fürchten, dass noch mehr Stationen schließen. Sie beteiligten sich deshalb an Protesten in Mainz.
Auch Berufsordnungen für Hebammen gibt es bis heute. Heutzutage sind Hebammen allerdings zum Datenschutz verpflichtet und dürfen sensible Details nur mit Einwilligung der Gebärenden, beziehungsweise der Eltern weitergeben. Dass eine Geburt stattgefunden hat, muss die Hebamme immer mit einer Geburtsbescheinigung dokumentieren.
Tradition der Hebammen als Weltkulturerbe
Am 6. Dezember 2023 hat die UNESCO das Hebammenwesen in die Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen – eine globale Anerkennung für Hebammen. Das UNESCO-Komitee würdigt damit die herausragende Rolle, die Hebammen weltweit für den Erhalt des Lebens und den Fortbestand der Menschheit einnehmen.