Digitalisierung in der Schule

Analog versus digital: Sind Schulbücher noch zeitgemäß?

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Autor/in
Hannegret Kullmann
Hannegret  Kullmann, Autorin bei SWR Kultur

In Zeiten von Smartphones, Tablets und Laptops wirken sie reichlich antiquiert: Die guten alten Schulbücher. Und doch gehören sie fast überall noch zum Unterricht. Ein Kolloquium an der Universität Mainz diskutiert die neuesten Entwicklungen im Bereich der Bildungsmedien. Dabei schneidet das analoge Schulbuch nach wie vor gut ab.

91 Prozent der Deutschen begrüßen eine beschleunigte Digitalisierung an den Schulen. Gleichzeitig finden mehr als zwei Drittel der Eltern, dass das Buch immer noch das wichtigste Medium für den Schulerfolg ihrer Kinder ist, wie Umfrageergebnisse auf dem Internetportal Statista zeigen.

In der Regel wird das Schulbuch durch digitale Medien ergänzt

Was auf den ersten Blick wie ein Gegensatz wirkt, bildet den deutschen Schulalltag ab: das Nebeneinander von analogen und digitalen Medien. Denn trotz des Digitalpakts sind viele Schulen technisch nur unzureichend ausgestattet. Zudem entscheiden die Lehrkräfte nach ihren persönlichen Vorlieben und Fähigkeiten, wie sie den Unterricht gestalten.

Zwei Schülerinnen auf dem Schulhof schauen in Buch.
Digital Detox für Schülerinnen und Schüler: das Schulbuch lädt zum Anfassen und Blättern ein.

Das gedruckte Schulbuch ist für viele Pädagogen nach wie vor eine wichtige Säule im Unterricht, ein analoges Medium, das angesichts der digitalen Reizüberflutung ein verlässlicher Wissensspeicher ist. Tatsächlich gibt es gute Argumente für das gedruckte Schulbuch. Aber auch digitale Medien bieten Chancen und Vorteile.

Warum Schulbücher immer noch wichtig sind:

Warum digitale Medien in der Schule sinnvoll sind:

Warum Schulbücher immer noch wichtig sind

Die europäische Forschungsinitiative E-READ kam 2019 zu zwei wichtigen Ergebnissen („Stavanger-Erklärung"): Beim Bildschirm-Lesen überschätzen Leser häufig ihre Verständnisfähigkeit, insbesondere unter Druck lässt die Konzentration nach. Außerdem ist das Verständnis von „langen Informationstexten" beim Lesen von Papier besser als vom Bildschirm.

Die Erfahrungen an schwedischen Grundschulen weisen in eine ähnliche Richtung: Dort war die Digitalisierung des Unterrichts bereits weit fortgeschritten. 2023 ruderte die Regierung zurück, nachdem die Lesekompetenz der Schülerinnen und Schüler deutlich abgenommen hatte.

„Bücher allgemein und Schulbücher insbesondere sind nicht nur irgendwelche Gebrauchsgegenstände (...). Sie sind ein bedeutendes Kulturgut unserer Gesellschaft" sagt der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) in Baden-Württemberg, Gerhard Brand. Für ihn besitzen Bücher einen sinnlichen Wert, den kein digitalisiertes Medium vermitteln kann.

Auch der Buchwissenschaftler Christoph Bläsi von der Uni Mainz plädiert dafür, dass Kinder das Medium Buch weiterhin in der Schule kennenlernen, und zwar im Rahmen einer Medienerziehung. Schülerinnen und Schüler sollten seiner Ansicht nach auf jeden Fall erfahren, was ein gedrucktes Buch ist und wie es funktioniert.

Solange die Schulen noch nicht flächendeckend digitalisiert sind, seien Schulbücher nicht obsolet, meint Gerhard Brand vom VBE Baden-Württemberg. „Wenn alle Netze und Fördermittel zusammenbrechen, mit Schulbüchern können wir immer arbeiten.“

Warum digitale Medien in der Schule sinnvoll sind

Für die Rücken-Gesundheit der Kinder ist der digitalisierte Unterricht definitiv von Vorteil. Einfach ein Tablet in den Rucksack packen anstatt der vielen schweren Bücher. Es gibt eine Faustregel, wonach das Gewicht des Ranzens nicht mehr als 10 bis 15 Prozent des Körpergewichts ausmachen sollte. Trotzdem sind die Ranzen der Kinder oftmals viel zu schwer.

Auf digitalen Lernplattformen wie GeoGebra oder ANTON findet man Programme, Spiele und Apps, die man im Unterricht oder zuhause benutzen kann. Ein Vorteil dieser Tools ist, dass sie oft mehrere Sinne ansprechen, indem sie auditive und visuelle Informationen kombinieren. Der Unterricht wird dadurch anschaulicher und lebendiger.

Außerdem kann das Lernen je nach persönlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen individualisiert werden. Bei interaktiven Übungen erfahren die Schüler sofort, ob sie falsch oder richtig lagen. Mittlerweile gibt es KI-gestützte Lernapps, die personalisierte Lernpläne erstellen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von „adaptiven Lernplattformen".

Der Einsatz von Tablets in der Schule hilft auch bei der Inklusion: Menschen mit Sehschwäche können zum Beispiel auf einem Bildschirm die Kontrastschärfe erhöhen oder den Text vergrößern. Blinde Menschen können sich Texte vorlesen lassen.

Online-Medien lassen sich leichter aktuell halten als analoge Schulbücher. Vor allem in den Bereichen Politik, Gesellschaft oder Wirtschaft können sich Inhalte verändern, neue Begriffe oder Erkenntnisse auftauchen und Grafiken oder Statistiken schnell veraltet sein.

Die Schulbuchverlage haben die Veränderungen im Blick, brauchen aber Zeit für den Nachdruck. Ein weiteres Problem: Dort, wo es eine kostenlose Schulbuchausleihe gibt, bleiben die Bücher oft mehrere Jahre im Umlauf und sind allein dadurch inaktuell. Schneller und einfacher wäre es, das überarbeitete Buch einfach als pdf herunterzuladen.

Grundschulkinder sitzen auf dem Boden und schauen auf Tablets
Das Lernen am Tablet wird immer selbstverständlicher, ist in Deutschland aber noch längst kein Standard.

Bislang noch kein flächendeckendes E-Learning

Das deutsche Schulsystem befindet sich in einem Transformationsprozess, der uneinheitlich verläuft und sicher noch lange dauern wird, zwei Beispiele: An manchen Schulen gibt es zwar Tablets, aber nur für ausgewählte Klassen. Die Whiteboards in Klassenzimmern sehen zwar modern aus, werden aber nur von den technikaffinen Lehrkräften benutzt.

Prognose eines Experten: Digitale Schule wird kommen

Obwohl das Schulbuch heute in den meisten Fächern noch immer das meistgenutzte Medium in der Schule darstellt, zeichnet sich ab, dass digitale Bildungsmedien in Zukunft das gedruckte Schulbuch nicht nur ergänzen sondern ablösen werden.

Neben dem Buch gab es schon immer auch anderes Lehrmaterial

Das gedruckte Buch ist in den meisten Schulen vorerst noch das Leitmedium. Seit dem 19. Jahrhundert sei es ein zentraler Bestandteil des Unterrichts, sagt der Bildungsforscher Eckhardt Fuchs. Von Anfang an sei es durch zusätzliches Material ergänzt worden. Was früher Naturkabinette und Wandbilder waren, sind heute digitale Multimedia-Angebote.

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