Über 1.000 Kulturstätten beschädigt: Was kann die UNESCO ausrichten?
Die letzte, reguläre Sitzung sollte 2022 im russischen Kasan stattfinden. Doch die UNESCO hat sie verschoben. Zu groß war die Diskrepanz zwischen dem eigenem Anspruch und dem Krieg gegen die Ukraine, in dem diese Grundsätze eiskalt missachtet werden.
Nun wird die Konferenz nach langem Gezerre bis zum 25. September im Saudi-Arabischen Riad nachgeholt. Und die Entscheidungen haben Signalwirkung:
Die UNESCO stuft die Sophienkathedrale und das Höhlenkloster in Kiew als gefährdetes Weltkulturerbe ein, auch die Altstadt von Lwiw wurde am 15. September in die entsprechende Liste aufgenommen.
![Altstadt Odessa: Zerstörte Verklärungskathedrale nach russischem Luftangriff (Juli 2023) (Foto: IMAGO, IMAGO / Cavan Images) Altstadt Odessa: Zerstörte Verklärungskathedrale nach russischem Luftangriff (Juli 2023)](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365938837%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-104~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Durch den Krieg seien die Welterbestätten in Gefahr, heißt es in einer Erklärung der UN-Kulturorganisation. Ihr Schutz werde durch die Kampfhandlungen erschwert. Das zuständige Komitee beklagte in seiner Entscheidung zudem das anhaltende Sterben in der Ukraine und rief die internationale Gemeinschaft zum Schutz des Kultur- und Naturerbes des Landes auf.
Nur wenige Denkmäler in der Ukraine durch die UNESCO geschützt
Bislang ist die Ukraine mit acht Weltkulturerbe-Stätten bei der UNESCO vertreten. Nicht viel für ein so großes Land. Deutschland hat beispielsweise 51 Stätten auf der Liste. Von diesen wenigen ukrainischen Weltkulturerbestätten sind durch den Krieg fast alle bedroht, vier von ihnen jedoch ganz besonders:
![Eines der Wahrzeichen von Kiew: das Höhlenkloster (Foto: IMAGO, IMAGO / Ukrinform) Eines der Wahrzeichen von Kiew: das Höhlenkloster](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365937606%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-108~_v-16x9@2dM_-ad6791ade5eb8b5c935dd377130b903c4b5781d8.jpg)
![Kuppel der Refektoriums-Kirche, Kiewer Höhlenkloster (Foto: IMAGO, IMAGO / Peter Seyfferth) Kuppel der Refektoriums-Kirche, Kiewer Höhlenkloster](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365937601%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-116~_v-16x9@2dM_-ad6791ade5eb8b5c935dd377130b903c4b5781d8.jpg)
![Eines der Wahrzeichen von Kiew: das Höhlenkloster (Foto: IMAGO, IMAGO / Ukrinform) Eines der Wahrzeichen von Kiew: das Höhlenkloster](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365936874%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-106~_v-16x9@2dM_-ad6791ade5eb8b5c935dd377130b903c4b5781d8.jpg)
![Der Neptunbrunnen auf dem Marktplatz im historischen Zentrum von Lwiw (ehemals Lemberg) (Foto: IMAGO, IMAGO / imagebroker) Der Neptunbrunnen auf dem Marktplatz im historischen Zentrum von Lwiw (ehemals Lemberg)](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365936326%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-110~_v-16x9@2dM_-ad6791ade5eb8b5c935dd377130b903c4b5781d8.jpg)
![Königliches Arsenal in der Altstadt von Lwiw (Foto: IMAGO, IMAGO / YAY Images) Königliches Arsenal in der Altstadt von Lwiw](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365936240%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-118~_v-16x9@2dM_-ad6791ade5eb8b5c935dd377130b903c4b5781d8.jpg)
![Hölzerne Allerheiligen-Kirche in Svyatogorsk, Ukraine (Foto: IMAGO, IMAGO / Panthermedia) Hölzerne Allerheiligen-Kirche in Svyatogorsk, Ukraine](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365938189%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-120~_v-16x9@2dM_-ad6791ade5eb8b5c935dd377130b903c4b5781d8.jpg)
![Die Georgskirche in Drohobytsch (Foto: IMAGO, IMAGO / Westend61) Die Georgskirche in Drohobytsch](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365934759%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-102~_v-16x9@2dM_-ad6791ade5eb8b5c935dd377130b903c4b5781d8.jpg)
![Kathedrale von Odessa (Foto: IMAGO, IMAGO / Cavan Images) Kathedrale von Odessa](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365935823%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-112~_v-16x9@2dM_-ad6791ade5eb8b5c935dd377130b903c4b5781d8.jpg)
![Kathedrale Odessa nach Angriff (Foto: IMAGO, IMAGO / ZUMA Wire) Kathedrale Odessa nach Angriff](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365935824%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-122~_v-16x9@2dM_-ad6791ade5eb8b5c935dd377130b903c4b5781d8.jpg)
Die kulturelle Identität der Ukraine soll ausgelöscht werden
Der WDR berichtete kürzlich, dass nach ukrainischen Angaben über 1.000 Kulturstätten durch den Krieg beschädigt worden seien. Dies sei ganz klarer Hinweis darauf, dass eine ukrainische Identität und Kultur bei den russischen Invasoren unerwünscht ist und gezielt ausgelöscht werden soll.
Schließlich hat der russische Präsident Putin die Ukraine vor der Invasion von 2022 als russisches Kernland bezeichnet.
Ukraine-Konferenz in Riad: Saudi-Arabien als Vermittler im Krieg mit Russland
Was kann die UNESCO tun?
Wirklich eingreifen kann die UNESCO in den Ukrainekrieg nicht. Doch die Änderung des Status der ukrainischen Stätten habe Signalwirkung. Das erklärte der Generalsekretär der deutschen UNESCO-Kommission Roman Luckscheiter gegenüber dem WDR:
Das Signal könnte sein, dass die Welterbestätten Kiew Sophienkathedrale und die Altstadt von Lwiw auf die Liste des gefährdeten Welterbes kommen, das schafft eine ganz neue Aufmerksamkeit.
Rechtlich ermögliche schon der Welterbestatus an sich, so Luckscheiter, Zerstörungen durch kriegerischer Angriffe zu verurteilen und zu verfolgen. Dafür gäbe es gute Beispiele aus dem Syrienkrieg. Dort wurden IS-Anhänger nach der Zerstörung von antiken Tempelanlagen zur Verantwortung gezogen.
![Kriegsspuren im historischen Zentrum der Schwarzmeer-Metropole Odessa (Foto: IMAGO, IMAGO / Cavan Images) Kriegsspuren im historischen Zentrum der Schwarzmeer-Metropole Odessa](/swrkultur/kunst-und-ausstellung/1713365934591%2Cweltkulturerbestaetten-ukraine-100~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Russland scheint jede Scham verloren zu haben
Letztlich wird sich Russland durch die Neueinstufung natürlich nicht abschrecken lassen. Stattdessen ist es weiterhin reguläres Mitgliedsland und kann sogar sein Veto gegen die Aufnahme weiterer ukrainischer Weltkulturerbestätten einlegen.
Roman Luckscheiter hofft auf eine Änderung des Stimmrechts:
Jetzt beim Beispiel Welterbe wird ganz besonders sichtbar, wie unerträglich es ist zu wissen, dass hier ein Land Stimmrecht hat, dass diese Konventionen mit Füßen tritt. Und unser Anliegen wäre tatsächlich, dass es zu einer Reform kommt, wo in solchen Fällen Mitgliedsstaaten das Stimmrecht entzogen werden kann, um diese Schizophrenie zu vermeiden.
Wie so eine Reform rechtlich durchzusetzen wäre, vor allem ohne das grüne Licht von China, weiß derzeit wohl niemand. Die Zukunft für die ukrainischen Weltkulturerbestätten bleibt also vorerst weiter ungewiss.