Kunst am russischen Zarenhof

Ostereier für die Zaren: Fabergé und der Prunk der Romanows

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Autor/in
Dominic Konrad

Es sind wahre Kleinode aus Gold, Juwelen und Emaille: Ab 1885 fertigte der Goldschmied Peter Carl Fabergé alljährlich für das Osterfest am russischen Zarenhof kunstvolle Eier aus den kostbarsten Materialien. Die wertvollen Fabergé-Eier wurden zum Symbol des Überflusses und des Niedergangs der Romanow-Dynastie.

Fabergé-Ei in Wladiwostok: Das Transsibirische-Eisenbahn-Ei im Arseniev State Museum
Der dreiköpfge Kaiseradler der russischen Zaren krönt das „Ei mit der transsibirischen Eisenbahn“ von 1900. Das Ei aus Silber ist mit farbigem Emaille überzogen. Im Inneren verbirgt sich ein Miniatur-Zug aus Platin mit Rubinen, Diamanten und Bergkristall.

Ein kostbares Überraschungsei erobert den Zarenhof

Zarskoje Selo bei Sankt Petersburg, Osterfest 1885: Für seine Kaiserin Maria Fjodorowna hat der Zar Alexander III. ein besonderes Geschenk: ein Ei aus purem Gold, 6,4 Zentimeter groß und mit weißer Schmuckemaille überzogen.

Im Inneren des Eis befindet sich eine gelbgoldene Kugel, ein Dotter, und darin versteckt sich eine goldene Henne, die wiederum eine goldene und edelsteinbesetzte Krone und einen Rubinanhänger verbirgt.

Dieses Ei, heute als das „Erste Hennen-Ei“ besser bekannt, begeistert die Zarin und den Hof derartig, dass der Zar es zur jährlichen Tradition macht, seiner Gemahlin ein solch wertvolles Ei zu überreichen. Hinter diesem prachtvollen Geschenk: die Werkstatt des Petersburger Goldschmieds Peter Carl Fabergé.

„Romance to Revolution“: Die Fabergé-Eier der Zaren 2021 im Londoner Victoria and Albert Museum

Fabergé-Eier in London: Ausstellung „Romance To Revolution“ im Victoria and Albert Museum (2021)
Aus einem Block Bergkristall wurde das Winter-Ei (1913) geschnitzt und mit Platin, Rosendiamanten, Brillanten und Mondstein verziert. Es war das kostbarste der kaiserlichen Eier, der Zar bezahlte 24.600 Rubel dafür. Im selben Jahr entstand das „Ei zum 300. Herrschaftsjahr“, das auf 18 Miniaturen alle Zarinnen und Zaren abbildet. Nur vier Jahre später fiel die russische Monarchie. Bild in Detailansicht öffnen
Fabergé-Eier in London: Ausstellung „Romance To Revolution“ im Victoria and Albert Museum (2021)
Das „Moskau Kreml-Ei“ von 1906 ist der Uspenski-Kathedrale im Moskauer Kreml nachempfunden. Durch Glasfenster kann man ins Innere schauen. Das „Schwanen-Ei“ aus demselben Jahr ist aus Gold, mit mauvefarbener Emaille über- und mit einem diamantenbesetzten Rosengitter umfangen. Im Inneren befindet sich ein mechanischer Schwan, der auf einem aus Aquamarin geschnitzen See schwimmt. Bild in Detailansicht öffnen
Fabergé-Eier in London: Ausstellung „Romance To Revolution“ im Victoria and Albert Museum (2021)
Das „Ei mit Liebestrophäen“ (1907) wurde im französischen Louis-XVI-Stil entworfen und ist mit einem Korb emaillierter Rosen und Laub- und Blumengirlanden verziert. Auch das Pfauen-Ei (1908) orientiert sich am Rokoko. Im Inneren des aus zwei Bergkristall-Hälften geschliffenen Eis befand sich der mechanische Pfau aus Gold und Emaille. Bild in Detailansicht öffnen
Fabergé-Eier in London: Ausstellung „Romance To Revolution“ im Victoria and Albert Museum (2021)
In Erinnerung an die Geburt des Thronfolgers Alexei schenkte Zar Nikolaus II. seiner Frau 1910 das Kolonnaden-Ei, dessen Form an einen arkadischen Liebestempel erinnern soll. Auch das Alexanderpalast-Ei (1908) aus grünem Nephrit zieren Miniaturporträts der kaiserlichen Kinder. Bild in Detailansicht öffnen
Fabergé-Eier in London: Ausstellung „Romance To Revolution“ im Victoria and Albert Museum (2021)
Das Mosaik-Ei von 1904 ist über und über mit Edelsteinen und Halbedelsteinen besetzt. Im Inneren befand sich ein Bildständer mit einem Medaillon, das die Zarenkinder im Profil zeigt. Eines der letzten Fabergé-Eier für den Zarenhof war das „Rotkreuz-Ei mit dem Auferstehungstriptychon“ (1915). Das weiß Emaillierte und rot gouillochierte Ei verbarg im Inneren auch Bildnisse der Zarentöchter Olga und Tatjana. Bild in Detailansicht öffnen

Weltruhm erlangt Fabergé auf der Pariser Weltausstellung

Auch in Russland haben Eier zu Ostern, dem wichtigsten Fest der russisch-orthodoxen Kirche, eine besondere Tradition. Spätestens seit dem 17. Jahrhundert ist es Sitte, sich zum Fest geschmückte Eier zu überreichen. Unter Adeligen und wohlhabenden Bürgern wird es Mode, statt gewöhnlicher Hühnereier eiförmige Gegenstände als Holz, Porzellan oder Glas zu verschenken.

Das Besondere an den Schmuckeiern aus dem Hause Fabergé: Die erlesenen Materialien, die Qualität der Schmuckarbeit und die meisterhaft ausgearbeiteten Überraschungen, die sich in jedem Ei verstecken. Sie erinnern teilweise an die ineinander schachtelbaren Matrjoschka-Puppen, die etwa zeitgleich in Russland in Mode kommen.

Fabergés Schmuckeier werden im Jahr 1900 auf der Pariser Weltausstellung ausgestellt. Sie sind dort so ein Erfolg, dass auch Superreiche außerhalb der Zarenfamilie beim Hofjuwelier Eier in Auftrag geben, unter ihnen Alfred Nobel und die Rothschild-Erbin Beatrice Ephrussi.

Fabergé „Krönungs-Ei“ von 1897
Auf etwa 24 Millionen Euro schätzte Sotheby's das „Krönungs-Ei“ von 1897. Das Ei, das mit schwarzem und gelbem Emaille überfangen ist, erinnert äußerlich an den Krönungsmantel der Zarin Alexandra. Im Inneren befand sich das Modell der Kusche, mit der Zar und Zarin zu ihrer Krönung fuhren.

Mehr als 24.000 Rubel zahlt Nikolaus II. für das teuerste Fabergé-Ei

Zehn Eier gibt Alexander III. bis zu seinem Tod 1894 als Geschenke für seine Frau in Auftrag. Sein Sohn Nikolaus II. übernimmt die Geste und lässt von nun an zwei Eier pro Jahr fertigen: eines für seine Mutter und ein weiteres für seine junge Zarin Alexandra, Prinzessin von Hessen-Darmstadt.

Dabei wird der Pomp der kleinen Schmuckeier von Jahr zu Jahr exzessiver: Kostete das „Erste Hennen-Ei“ von 1885 bereits stattliche 4.115 Rubel, zahlt der Hof 1913 für das sogenannte „Winter-Ei“ aus Bergkristall 24.600 Rubel.

Zeitgleich leidet die russische Bevölkerung unter Hungersnöten, schlechten Arbeitsbedingungen in den Fabriken und den wirtschaftlichen Folgen des russisch-japanischen Krieges und des Ersten Weltkriegs. Der Prunk bei Hofe wird zum roten Tuch für die Arbeiterinnen und Arbeiter.

Fabergé-Ei am Metropolitan Museum in New York
Das „Kaukasus-Ei“ von 1893 befindet sich heute im Metropolitan Museum of Art in New York. Das Goldei ist mit durchscheinendem, rubinrotem Glasschmelz überzogen und mit goldenen Lorbeerkränzen, Diamenten und Naturperlen ausgeschmückt. Im Inneren des Eis sind Miniaturbilder der kaiserlichen Jagdhütte Abastuman im Kaukasus zu sehen.

Die Russische Revolution verstreut die Zaren-Eier in die USA, nach London und nach Baden-Baden

Das zaristische Russland übersteht die Februarrevolution 1917 nicht. Nikolaus II., Alexandra und ihre Kinder werden in der Nacht zum 17. Juli 1918 im Keller des Ipatjew-Hauses in Jekaterinburg erschossen.

Das letzte Ei, das die Zarinmutter Maria Fjodorewna 1916 geschenkt bekommen hatte, nimmt sie auf ihre Flucht in die dänische Heimat mit. Die anderen Eier lässt Lenin beschlagnahmen und ab 1920 teilweise an westliche Kunsthändler verkaufen. So gelangen Fabergé-Eier in den Besitz der britischen Könige, verschiedener Museen und an private Sammler.

Die letzten beiden Eier, die 1917 für den Zarenhof gefertigt, aber nicht mehr übergeben wurden, sind das „Birken-Ei“ aus karelischer Birke, Gold und Smaragden und das unvollendete „Sternbild-des-Zarewitsch-Ei“ aus blauem Kobaltglas. Sie befinden sich heute im Fabergé-Museum Baden-Baden, das der russische Kunstsammler Alexander Iwanow 2009 eröffnete.

Fabergé-Ei in Sankt Petersburg: Das Maiglöckchen-Ei im Fabergé-Museum
6.700 Rubel zahlte Zar Nikolaus II. im Jahr 1898 für das „Maiglöckchen-Ei“. Es wurde für Zarin Alexandra nach der Mode des Jugendstils gefertigt und im Jahr 1900 bei der Weltausstellung in Paris ausgestellt. Heute ist es im Fabergé-Museum in Sankt Petersburg zu sehen.

Peter Carl Fabergé flieht vor der Revolution über Finnland und Wiesbaden in die Schweiz. Die Zerstörung seiner Existenz und seines Lebenswerks durch die Bolschewisten setzen ihm schwer zu. Er stirbt am 24. September 1920 in der Nähe von Lausanne. Der Nachruhm seiner größten Kunstwerke, der kaiserlichen Fabergé-Eier, lebt bis heute fort.

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