Tuberkulose-Patienten aus aller Herren Länder sind 1917 in der angeblich neutralen Schweiz versammelt, aber auch Agentinnen und Agenten der Kriegsparteien: Deutsche, Russen und Engländer. Die Serie erzählt die Geschichte einer Krankenschwester, die aus Liebe zu ihrer Tochter zwischen alle Fronten gerät. Keine Neuauflage der „Charité“ sondern eher morbider „Babylon Berlin“-Charme in den Alpen.
Zweckehe zur Rettung des Familienbetriebs
Als Krankenschwester Johanna hochschwanger von der Westfront nach Hause ins Kurhaus Cronwaldt in Davos kommt, hofft sie, erstmal in Ruhe ihr Kind zur Welt bringen zu können. Aber ihr Vater, dem das Kurhaus gehört, nimmt ihr die Tochter direkt nach der Geburt weg, lässt sie aus Angst vor dem Ehr- und Gesichtsverlust verstecken. Johanna soll stattdessen einen reichen Politiker heiraten, um die Zukunft das Sanatoriums finanziell zu sichern.
Agentin wider Willen
Was nach einem tristen Frauenschicksal aussieht, bekommt schnell eine ganz andere Wendung, denn da, wo sich die Reichen und Einflussreichen erholen, wird allzu gerne spioniert. Agenten der Kriegsparteien belauern sich.
Die deutsche Delegation setzt Johanna unter Druck, für sie zu arbeiten. Johanna wird zur Agentin wider Willen, stellt sich aber als großes Spitzeltalent heraus. Und belauscht aus einem Versteck Gespräche zwischen Vertretern der Entente aus England, Russland und Frankreich.
„Babylon Berlin“ in den Alpen
„Davos 1917“ spielt zwar in einem Sanatorium, ist aber weit entfernt von einer historischen Krankenhausserie a la „Charité“. Die Serie setzt natürlich einmal auf die beeindruckende Berglandschaft.
Ihren Reiz bekommt sie aber vor allem durch untergründig brodelnde Atmosphäre im Haus: nicht nur Sonnenliegen und Decken, sondern auch Maskenbälle und Separées, Staatsangelegenheiten und Affären. Morbide Eleganz trifft auf die Anfänge moderner Kriegsführung und erschafft so eine Art alpenländische Version von „Babylon Berlin“.
Die Welt in einem Schweizer Sanatorium faszinierte schon im „Zauberberg“
Es herrscht eine strenge Zweiklassengesellschaft aus Bediensteten und Soldaten auf der einen und der Wirtschaftselite auf der anderen Seite. Das Ganze unter dem Deckmantel der Schweizer Neutralität. Die Welt in einer Nussschale bzw in einem Schweizer Sanatorium, das war schon bei Thomas Mann ziemlich faszinierend.
Bei „Davos 1917“ erscheint die schneegleißende Optik zwar manchmal etwas zu glatt und auch das Drehbuch erinnert etwas zu oft an ein Schweizer Uhrwerk, in dem alles widerstandslos ineinanderklickt.
Dominique Devenport und Jeanette Hain überzeugen
Sehr sehenswert ist die Serie trotzdem, vor allem wegen der zwei Hauptfiguren. Dominique Devenport spielt Johanna als nach außen zurückhaltende, aber im Zweifel entscheidungsschnelle und clevere Frau. Ihr gegenüber Jeanette Hain als schillernde Fürstin Ilse von Hausner, die sie anleitet und stützt. Zumindest so lange sie ihr nützlich ist.
Zwei Frauen, die sich gegenseitig das Messer an die Kehle halten und sich doch verbunden fühlen: weil sie der Krieg auch ihrer gesellschaftlichen Stellung enthoben und Anerkennung gebracht hat, Selbständigkeit und eine gewisse Portion Zynismus.
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