Die politische Ausgangslage
Auch wenn in Ludwigshafen und Frankenthal viel gearbeitet wird - als klassische Arbeiterstädte lassen sie sich im politischen Sinne nicht (mehr) definieren. Viele die hier arbeiten, wohnen hier nicht. Und die Zeiten, in denen die SPD in Industriestädten automatisch politische Mehrheiten hinter sich hatte, sind auch hier vorbei. Im umgebenden Rhein-Pfalz-Kreis wird ohnehin eher konservativ gewählt, dort gibt es auch viel Landwirtschaft, vor allem Gemüseanbau.
Rekordwert für die AfD im Wahlkreis Ludwigshafen-Frankenthal: Die Partei hattte bei der Bundestagswahl 2017 im Wahlkreis einen Stimmenanteil von 15,5 Prozent der Zweitstimmen geholt – der höchste Wert in einem Bundestagswahlkreis in Rheinland-Pfalz. Vor allem in den beiden Städten Ludwigshafen und Frankenthal lag der Anteil der AfD-Wählerinnen und -Wähler besonders hoch. Die CDU hatte bei der Wahl 2017 entsprechend viele Stimmen eingebüßt.
Schon über viele Wahlperioden hinweg war die Entscheidung über das Direktmandat im Wahlkreis Ludwigshafen-Frankenthal umkämpft. Torbjörn Kartes war 2017 neu als CDU-Kandidat angetreten und hat das Mandat verteidigt – gegen die langjährige Bundestagsabgeordnete Doris Barnett von der SPD. Sie tritt nun auch nicht mehr an, hatte sich aber einst immer mal wieder auch gegen Helmut Kohl (CDU) durchgesetzt, der diesen Wahlkreis nur zweimal gewinnen konnte.
Die größten Herausforderungen vor der Bundestagswahl
Die Städte – Ludwigshafen mehr als Frankenthal – kämpfen mit struktureller Unterfinanzierung. Ludwigshafen hat inzwischen mehr als eine Milliarde Euro Schulden. Aus eigener Kraft wird die Stadt von diesem Schuldenberg auch nicht wieder runterkommen. Denn mit zwei maroden Hochstraßen – eine musste schon teilweise abgerissen werden – stehen zusätzlich sehr teure Verkehrsprojekte an. Da ist der Bund zwar als Zuschussgeber gefragt – bundespolitische Dimensionen haben diese Bauprojekte dennoch nicht, weil unstrittig ist, dass sie irgendwie finanziert werden müssen. Dafür machen sich praktisch alle Parteien stark.
Die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten
- CDU: Torbjörn Kartes (42)
Der Jurist ist in Freiburg im Breisgau geboren und in Ludwigshafen aufgewachsen. Er lebt dort mit seiner Frau und seinen beiden Kindern. Vor vier Jahren hat er erstmals für den Bundestag und das Direktmandat kandidiert und es knapp gewonnen.
- SPD: Christian Schreider (49)
Der Jurist stammt aus Worms und lebt in Ludwigshafen. Er ist bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt tätig und auch Stadtrat für die SPD in Ludwigshafen.
- FDP: Michael Goldschmidt (63)
Der Wirtschaftsinformatiker lebt im Rhein-Pfalz-Kreis und arbeitet bei der BASF. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.
- Grüne: Dr. Armin Grau (62)
Der promovierte und habilitierte Mediziner lebt in Altrip (Rhein-Pfalz-Kreis), ist verheiratet und hat fünf Kinder. Er ist Chefarzt am Klinikum Ludwigshafen.
- Freie Wähler: Hans Arndt (64)
Der Kraftwerksmeister lebt in Ludwigshafen und ist verheiratet.
- AfD: Dr. Stefan Scheil (58)
Der promovierte Historiker lebt in Neuhofen (Rhein-Pfalz-Kreis). Er ist als Journalist und Wissenschaftler freiberuflich tätig.
- Die Linke: Dr. Liborio Ciccarello (50)
Der Sozialwissenschaftler und Psychologe lebt in Ludwigshafen, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Stadtrat von Ludwigshafen.
- MLPD: Lieselotte Seiberth (65)
Die Hauswirtschaftsleiterin lebt in Hochdorf-Assenheim.
- dieBasis: Alexander Kiesow (53)
Der Barfußläufer lebt in Ludwigshafen.
- LKR: Markus Böhm (53)
Der Programm-Manager lebt in Ludwigshafen.
- AusUnsererMitte: Bernd Hackel (47)
Der Chemielaborant lebt in Mutterstadt.
- Klimaliste: Martin Schöne (47)
Der technische Fachwirt lebt in Ludwigshafen.
- Politik durch Bodenständigkeit und Bürgerbeteiligung: Rainer Bechtel (57)
Der Betriebsrat lebt in Bobenheim-Roxheim.
Die Top-Themen im Wahlkampf
Zu den wichtigsten Themen in Ludwigshafen und Umgebung gehört natürlich die marode Verkehrsinfrastruktur: Die marode Hochstraße Süd musste wegen Einsturzgefahr teilweise abgerissen werden, die Hochstraße Nord soll zu einer ebenerdigen Stadtstraße umgebaut werden und alle hoffen, dass die Brücken noch so lange durchhalten. Auch dieses Projekt ist vom Bund abhängig, weil ein großer Bundeszuschuss benötigt wird – wahlbestimmend ist das allerdings eher nicht.
Bei dem im Moment allgemein wichtigsten Thema jenseits von Corona, der Klimapolitik, ist die Perspektive in der Industrieregion Ludwigshafen-Frankenthal natürlich eine ganz eigene. Die BASF geht als Arbeitgeber von rund 39.000 Menschen in Ludwigshafen allerdings mit klaren Klimazielen voran und kauft kräftig Windstrom für die Industrieproduktion ein. Denn der Chemiegigant will seine Produktion langfristig klimaneutral machen.
Ob die Wählerinnen und Wähler rund um das Werk ähnlich entschlossen sind und ihre Wahlentscheidung von der Klimapolitik der Parteien abhängig machen - das ist allerdings fraglich.