Maximin von Schubert schaut sich die Reben in seinem Weinberg im Ruwertal bei Trier an. Der Winzer greift nach einer Traube, die für ihn das ganze Dilemma zusammenfasst. "Eine Traube hat normalerweise 100 Beeren. Diese hat vielleicht noch 20."
Doch es hängen nicht nur sehr viel kleinere Trauben als sonst in den Reben, sondern auch sehr viel weniger. "Das, was wir hier jetzt erleben, ist für unseren Betrieb existenzbedrohend", sagt von Schubert.
Frost zerstört Triebe an der Mosel
Maximin von Schubert führt das Weingut seiner Familie in sechster Generation, beschäftigt 20 Mitarbeiter. Die Reben in seinen Steillagen seien wegen des Klimawandels in diesem Jahr schon sehr früh ausgetrieben, erzählt er. "Und dann kam eben dieser Frost und hat alles zerstört."
Ende April sanken die Temperaturen auf minus vier Grad. Und das über mehrere Stunden. Für von Schubert war in diesem Moment klar, dass ein Großteil der Triebe absterben und damit ein Großteil seiner Ernte ausfallen wird.
So wenig Wein wie noch nie
Am Ende könnte es lediglich ein Viertel des normalen Ertrags sein. Etwa 1.000 Kilo pro Hektar. So wenig wie nie zuvor meint von Schubert. Er rechnet mit einem Umsatzverlust von bis zu 50 Prozent, will ältere, wertvolle Weine aus seiner "Schatzkammer", wie er sagt, verkaufen, um den Verlust auszugleichen.
Reben vom Frost beschädigt Rekordverdächtige Frostschäden in den Weinbergen an Mosel, Saar und Ruwer
Frostige Nächte haben bei etlichen Winzern Spuren im Weinberg hinterlassen: Viele Reben an Mosel, Saar und Ruwer mit Kälte-Schäden.
Dennoch müssen viele Pläne, etwa die Modernisierung des Weinkellers, verschoben werden. "Man muss dann schnell vom Investitionsmodus in den Überlebensmodus schalten", sagt von Schubert.
Vielen Moselwinzern dürfte es nicht anders ergehen. Vor allem in den kühleren Seitentälern der Mosel, zum Beispiel an der Ruwer und im Liesertal. Dort hätte der Frost im April große Schäden hinterlassen, sagt Ansgar Schmitz von der Moselweinwerbung.
Historisch kleiner Jahrgang an der Mosel befürchtet
Hinzu käme der viele Regen im Frühjahr, der Pilzkrankenheiten verursacht hätte und Winzer wie von Schubert zum Einsatz von viel Pflanzenschutzmittel gezwungen habe.
Obwohl gerade an der Mittelmosel auch einige Winzer zufrieden mit dem Wein sein dürften, geht Schmitz in diesem Jahr von einer schlechten Ernte aus: "Es könnte in diesem Jahr im Weinbaugebiet Mosel die historisch kleinste Erntemenge seit Beginn der Aufzeichnungen geben", sagt der Moselweinwerbung-Geschäftsführer.
Das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Mosel rechnet ebenfalls damit, dass bei der diesjährigen Weinlese nur halb so viele Trauben geerntet werden können wie durchschnittlich in den vergangenen Jahren.
Weinlese zieht sich in die Länge
Und die Weinlese könnte sich in die Länge ziehen. Maximin von Schubert erzählt, dass der Spätburgunder in den vergangenen Jahren bereits Anfang September geerntet wurde. "Und jetzt sind es noch mindestens zwei Wochen, bis wir die Lese starten. Wir werden die Lese über den Oktober in den November ziehen."
Auch die Rieslinglese werde herausfordernd, sagt er. In den Rebstöcken würden viele Trauben in völlig unterschiedlichen Entwicklungsstadien hängen. "Die eine ist reif, die andere noch knallhart. Bei uns wird die Weinlese zum Wandertag", sagt er.
Winzer hofft auf gute Qualität
Winzer Maximin von Schubert hofft deshalb, dass es in den kommenden Wochen wenig regnet und es nicht zu warm wird. "Sonst käme die Fäulnis und wir wären gezwungen, noch früher loszulegen."
Wenn das Wetter stabil bleibt, ist von Schubert zumindest optimistisch, dass der historisch kleine Jahrgang 2024 ein qualitativ sehr guter werden könnte.