Nach Vorwürfen gegen Jagdtouristen

Warum jagen so viele Niederländer in Eifel und Hunsrück?

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Autor/in
Ludger Peters
Foto von Ludger Peters, Multimedia-Redakteur SWR Aktuell Rheinland-Pfalz

Weite Wälder, wenig Menschen und viel Wild: Niederländische Jäger lieben Eifel und Hunsrück. Fast 70.000 Hektar Jagdfläche haben sie dort gepachtet. Vor allem, um Geschäfte zu machen.

"Wir bieten Ihnen ein unbeschwertes Wochenende: jagen, Wildgerichte genießen, ein Lagerfeuer. In unserer Grillhütte oder am Kamin Jagdgeschichten austauschen."

So wirbt ein niederländischer Jagdreise-Anbieter im Internet für seine Reviere in Rheinland-Pfalz. Die Kunden könnten dort auf 5.000 Hektar Fläche Wildschweine, Rehe und Rotwild jagen. Zwischen 350 und 500 Euro kostet ein Wochenende mit zwei Übernachtungen und Verpflegung. Wildschweinabschüsse im Preis inbegriffen. Wer Reh- oder Rotwild schießen will, muss draufzahlen.

Ermittlungen gegen Jagdtouristen

Mittlerweile ist das Thema Jagdtourismus in Eifel und Hunsrück in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Grund sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Trier nach der Drückjagd einer niederländischen Jagdgesellschaft in Bausendorf im Kreis Bernkastel-Wittlich.

Dabei sollen niederländische Jagdtouristen zahmes Wild, dass aus einem Tiergehege stammt, geschossen haben. Die Tiere sollen eigens zur Jagd dorthin transportiert worden sein.

Die SWR-Berichterstattung über den Fall in Bausendorf hat in den sozialen Medien rege Diskussionen ausgelöst. Immer wieder kam die Frage unter Lesern auf, warum niederländische Jagdgesellschaften in Eifel und Hunsrück jagen.

Niederländer pachten Jagden im großen Stil

Eine SWR-Anfrage bei den Kreisverwaltungen in der Region Trier zu Jagdpachten von Niederländern zeigt, dass sie sich im großen Stil in deutsche Jagdreviere einkaufen. Im Eifelkreis Bitburg-Prüm und im Kreis Bernkastel-Wittlich sind demnach rund 15 Prozent der Jagdreviere in niederländischer Hand. Die Jäger aus Holland verfügen dort über eine Jagdfläche von über 23.000 Hektar. Ähnlich sieht es im Kreis Bernkastel-Wittlich aus.

Beliebt unter niederländischen Jägern ist auch der Hunsrück. Im Kreis Birkenfeld wird sogar jedes fünfte Jagdrevier von ihnen gepachtet. Auch in den anderen Kreisen der Region gibt es holländische Jagdpächter. Die gesamte von Niederländern gepachtete Jagdfläche in Eifel und Hunsrück liegt bei über 60.000 Hektar.

Eifel/Mosel/Hunsrück

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Strenges Jagdrecht in den Niederlanden

In den Niederlanden selber ist das Jagen, so wie man es in Deutschland und anderen Ländern kennt, nicht möglich. 2002 hat der niederländische Staat viele Wildarten unter Schutz gestellt.

Nach diesem Naturschutzgesetz dürfen Wildschweine, Rehe oder Hirsche nicht bejagt werden. Daher ist das benachbarte Deutschland für niederländische Jäger attraktiv. Speziell die Eifel und der Hunsrück sind mit dem Auto schnell erreichbar.

Jagdreisen in Eifel und Hunsrück

Vorteile, die auch Veranstalter für Jagdreisen nutzen wollen. Denn mit den Jägern lässt sich gutes Geld verdienen. So sind bei einem niederländischen Anbieter bereits vier Drückjagden, die erst im kommenden Winter im Hunsrück stattfinden sollen, nach eigenen Angaben bereits ausgebucht.

Immer mehr Niederländer kommen in die Eifel oder die Niederland jagen. Die Jagdtouristen können über spezielle Reiseanbieter solche Jagden buchen. Mittlerweile sind auch viel Jagdpachten in niederländischer Hand.
Dieses Foto soll die Tiere zeigen, die bei der Jagd in Bausendorf erlegt wurden. In der ersten Reihe soll das zahme Damwild zu sehen sein.

Auch bei der Jagd in Bausendorf, die jetzt im Fokus der Staatsanwaltschaft steht, handelte es sich um eine niederländische Drückjagd.

Jagd auf zahmes Wild Einzelfall?

Der Landesjagdverband spricht bei den Schüssen auf zahmes Damwild bei der Jagd in Bausendorf von einem Einzelfall, der nicht zu tolerieren sei. Der Verband kündigte an, Strafanzeige zu stellen.

Das ist kein Einzelfall. Bei uns ist letztes Jahr Muffelwild aufgetaucht, das aus einem Gehege stammte

Klaus Kaiser widerspricht der Darstellung des Jagdverbands. Er ist ehemaliger Revierleiter des Forstamts Soonwald (Kreis Bad Kreuznach) und im Vorstand des ökologischen Jagdverbands Rheinland-Pfalz. "Das ist kein Einzelfall. Bei uns ist letztes Jahr Muffelwild aufgetaucht, das aus einem Gehege stammte." Die Tiere hätten noch Löcher von ihren Ohrmarken gehabt. Das sei ein sicheres Zeichen dafür, dass es Muffelwild aus einem Tiergehege gewesen sei.

Klaus Kaiser, ehemaliger Forstrevierleiter im Soonwald glaubt, dass häufiger zahme Tiere zur Jagd in den Wald gebracht werden.
Klaus Kaiser, ehemaliger Forstrevierleiter im Soonwald glaubt, dass häufiger zahme Tiere zur Jagd in den Wald gebracht werden.

"Wir haben hier in der Nähe auch jemanden, von dem man vermutet, dass der das macht", sagt Kaiser. Aber es sei sehr schwierig, so etwas zu beweisen. "Sie müssen quasi den Jäger oder den Besitzer des Wildes sehen, wie er den Zaun aufschneidet und die Tiere rauslässt."

Die Aussagen des ehemaligen Försters decken sich mit vielen Hinweisen, die der SWR in den vergangenen Tagen bekommen hat. Demnach sollen neben Mufflons und Damwild auch schon Sikahirsche und sibirische Silberfüchse in Wäldern gesichtet worden sein. Die Hinweisgeber gehen davon aus, dass die Tiere zum Zweck der Jagd ausgesetzt wurden.

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