Zahme Tiere zum Abschuss in den Wald gebracht

Landesjagdverband: "Jagd muss fair bleiben"

Stand
Moderator/in
Michael Lueg
SWR1-Moderator Michael Lueg
Onlinefassung
SWR1

Im Kreis Bernkastel-Wittlich haben Jagdtouristen für Aufregung gesorgt. Der Vorwurf: Zahme Wildtiere wurden in den dortigen Wald gebracht und ihnen Beruhigungsmittel verabreicht, damit sie leichter abgeschossen werden können.

Der Vizepräsident des Landesjagdverbands Rheinland-Pfalz, Gundolf Bartmann, hat unsere Fragen zu diesem Fall beantwortet.

SWR1: Haben Sie von so einem Fall schon mal gehört?

Gundolf Bartmann: Nein, in den sicherlich letzten 30 Jahren, in denen ich das jagdliche Geschehen in Rheinland-Pfalz aktiv verfolge, ist so ein Fall noch nicht vorgekommen.

SWR1: Der Kreis Bernkastel-Wittlich hat den Jagdleiter bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Im Raum steht ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Müssten Sie solche Vorkommnisse nicht mitkriegen?

Bartmann: Nein, sowas Illegales bekommt man natürlich nicht mit. Wir, und auch die Gremien, haben das nicht mitbekommen, verurteilen das aber aufs Schärfste. Nach dem Landesjagdgesetz ist das Aussetzen von Wild, insbesondere zum Zwecke der Bejagung, grundsätzlich verboten.

Bausendorf

Anzeige gegen Jagdleiter Jagdtouristen sollen in Bausendorf zahmes Wild erlegt haben

Niederländische Jäger sollen bei Wittlich Wildtiere erlegt haben, die es dort in freier Wildbahn nicht gibt. Der Vorwurf: Die Tiere seien als leichte Beute dorthin gebracht worden.

SWR4 RP am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

SWR1: Haben Sie als Landesjagdverband auch Möglichkeiten, gegen solche Verstöße vorzugehen und dem Jagdleiter zum Beispiel den Jagdschein wegzunehmen?

Bartmann: Behördliche Befugnis haben wir nicht, aber wir würden sofort in einem solchen Fall, wenn wir Kenntnis davon bekommen, Anzeige erstatten. Das ist absolut gegen unsere Grundsätze, wie wir – man nennt das "Waidgerechtigkeit" – mit unserem Ehrenkodex und dem Wild umgehen wollen.

Da geht es gar nicht, dass man zahme, ausgesetzte Tiere jagt oder praktisch anderen Jägern zur Verfügung stellt, damit diese Tiere abgeschossen werden können. Das hat mit Jagd nichts zu tun, die Jagd muss fair bleiben.

SWR1: Ist es denn denkbar, dass jemand gegen Geld vielleicht eine leichte Beute organisiert hat, damit andere Erfolgserlebnisse haben?

Bartmann: Sowas ist denkbar, aber echt kriminell und überhaupt nicht mit jagdlichem Handeln zu vertreten. Das machen wir nicht aus irgendwelchen individuellen sportlichen Genüssen heraus oder aus Tötungslust. Oder damit vielleicht noch Geschäftspartner gefügig machen zu wollen.

All das ist abscheulich, und wir verurteilen das. Das hat mit der Jagd - wie wir sie in Deutschland kennen, praktizieren und jungen Jägerinnen und Jägern beibringen wollen, nichts zu tun. Wir wollen sehr fair und nach den Grundsätzen des Tierschutzes mit dem Wild umgehen.

Das hat mit Jagd nichts zu tun, die Jagd muss fair bleiben.

SWR1: In diesem speziellen Fall waren es offenbar Niederländer, die hierhergekommen sind, um zu jagen. Ist das ungewöhnlich, dass Jäger aus dem Ausland bei uns auf die Jagd gehen?

Bartmann: Nein, sie können das unter bestimmten Voraussetzungen. Und wir haben auch nichts gegen ausländische Jagdpächter, wenn sie sich an die Gesetze, die hier im Land gelten, streng halten und sich auch integrieren in unsere Vorstellung von Jagd.

Da kenne ich gute Beispiele, gerade aus meinem benachbarten Ausland, wie Luxemburg und Holland. Aber ich kenne auch schwarze Schafe. Und da liegt es am Verpächter, also demjenigen, der diese Jagd verpachtet, ob er eher auf einheimische, zuverlässige und ihm bekannte Jäger setzt. Oder ob er das Risiko eingeht, mit von sehr weit herkommenden Jägern - vielleicht aufgrund einer hohen Jagdpacht - die Jagd zu verpachten.

SWR1: Können Sie den Pächter einschätzen, der hier betroffen ist?

Bartmann: Nein, kann ich überhaupt nicht. Wir haben dort keine lokalen Kenntnisse und halten uns auch zurück, weil die Staatsanwaltschaft ermittelt. Und das müssen wir zunächst alles abwarten.

Das Interview führte SWR1 Moderator Michael Lueg.

Weitere Informationen finden Sie unter den folgenden Links: Landesjagdverband Rheinland-Pfalz und Forstamt Trier.

Mehr zum Thema Wald & Jagd

Bausendorf

Anzeige gegen Jagdleiter Jagdtouristen sollen in Bausendorf zahmes Wild erlegt haben

Niederländische Jäger sollen bei Wittlich Wildtiere erlegt haben, die es dort in freier Wildbahn nicht gibt. Der Vorwurf: Die Tiere seien als leichte Beute dorthin gebracht worden.

SWR4 RP am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

Mainz

Nach Abschuss von Wildschwein in Mainz Richtiges Verhalten bei Begegnung mit Wildschweinen

Ein Wildschwein hat sich mehrere Nächte lang in Mainz herumgetrieben und Polizeieinsätze ausgelöst. Wie sollte man sich verhalten, wenn man einem Wildschwein begegnet?

Aktuell um 12 SWR1 Rheinland-Pfalz

Trier

Menschen hinterlassen Müll und Dreck Immer mehr los im Wald: Förster und Jäger schlagen Alarm

Seit Corona ist der Wald immer beliebter. Wanderer, Fahrradfahrer und Camper suchen dort Erholung. Ein Zustand, der auch Probleme macht.

Am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

Mehr Interviews

Mehr Gelassenheit an Heiligabend Margot Käßmann über die "Harmonie-Inszenierung" an Weihnachten

An Weihnachten muss alles perfekt sein. Wirklich? Nein, sagt Margot Käßmann, ehemalige Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

Satirischer Rückblick auf 2024 Jahresrückblick mit Dieter Nuhr: "Ich hab' meine Galle rausgeschmissen!"

Auch 2024 zeigt Das Erste den satirischen Jahresrückblick mit Kabarettist und Komiker Dieter Nuhr. Sein persönliches Highlight in diesem Jahr ist übrigens seine Galle.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

Oft gewünscht, aber schnell vergessen Studie zu Weihnachten: Warum Geld nicht das beste Geschenk ist

Wie feiern die Deutschen am liebsten Weihnachten? Und was ist das beste Geschenk? Antworten darauf gibt es in der Weihnachtsstudie der Bundeswehr.

Der Nachmittag SWR1 Rheinland-Pfalz