Hinsehen, Notizen machen, berichterstatten. So könnte Joe Weingartens Auftrag in Kurzform umschrieben sein. Als Teil einer insgesamt 180-köpfigen Gruppe der europäischen Sicherheitsorganisation OSZE wird Weingarten am Dienstag - dem eigentlichen Wahltag - im US-Bundesstaat Maryland Stimmabgaben und Auszählungen überprüfen. Ausgestattet mit einem Diplomaten-Pass und als "stiller Beobachter", wie Weingarten im SWR-Gespräch erzählt. Dass er bei seiner Arbeit gestört und vielleicht sogar bedroht werden könnte, glaubt der Politiker nicht.
Seit November 2019 sitzt der Sozialdemokrat für den Wahlkreis Bad Kreuznach/Birkenfeld im Bundestag. Bei der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, ist Weingarten Mitglied der parlamentarischen Versammlung und bei der US-Wahl 2024 einziger offizieller OSZE-Beobachter aus Rheinland-Pfalz. Die Beobachterinnen und Beobachter kommen aus insgesamt 40 Ländern - darunter sind zwölf Deutsche. Weingarten bildet ein Team mit einer Kollegin der FDP-Bundestagsfraktion.
20 bis 25 Wahllokale werde er mit seiner Kollegin am Dienstag im US-Bundesstaat Maryland besuchen, für je circa 30 Minuten, so Weingarten. Um 7 Uhr Ortszeit soll es losgehen. Die Vorbereitung auf den Einsatz war auf zwei Tage beschränkt. In Washington gab es für die offiziellen OSZE-Beobachter eine Einweisung in das US-Wahlsystem und Informationen über die Begebenheiten vor Ort in den jeweiligen Wahllokalen. Dort, so Weingarten, werde er dann mit seiner deutschen Kollegin unter anderem kontrollieren, ob die Wählerinnen und Wähler ihre Stimme geheim abgeben können und ob es Versuche der Beeinflussung gab oder gibt, beispielsweise durch Werbung. Doch Unregelmäßigkeiten erwartet Weingarten eigentlich nicht: "Das würde mich schwer wundern".
Maryland gilt als Staat der Demokraten. Die Bewohnerinnen und Bewohner dort sind eher Harris-freundlich eingestellt. Zu den sogenannten "Swing States", also den Staaten, die noch stark umkämpft sind und für den Wahlausgang vermutlich entscheidend sein werden, gehört Maryland nicht.
"Aggressiver" Politik-Stil von Republikaner Donald Trump
Sich äußern zur Wahl, zu den Kandidaten oder der US-Politik allgemein, dürfen die OSZE-Beobachter während ihres Einsatzes nicht. "Nicht in den Wahllokalen und auch nicht bei Social Media", sagt Weingarten.
Im Gespräch mit dem SWR macht der SPD-Politiker aber einen deutlichen Unterschied zwischen der Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris und dem Republikaner Donald Trump aus. Trumps Politik-Stil sei ein "aggressiver". Bei Trump gehe es mehr um das "gegeneinander" - anders als bei Joe Biden (amtierender US-Präsident; die Red.). Biden sei auch berechenbarer gewesen als sein Amts-Vorgänger und möglicher Nachfolger.
Egal, wer am Ende der 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein wird: Joe Weingarten geht davon aus, dass sowohl ein Präsident Donald Trump als auch eine Präsidentin Kamala Harris Forderungen an Deutschland stellen werden: Zum einen, dass Deutschland sich in die Lage bringt, sich selbst zu schützen. Zum anderen, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben innerhalb der NATO auf über zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöht.
Weingarten: Keine Veränderungen bei der US-Luftwaffe in RLP
Beim größten Berührungspunkt von Rheinland-Pfalz und den USA, dem Militär, ist sich Joe Weingarten nach eigenen Angaben sicher, dass es zumindest bei der US-Luftwaffe nach der Präsidentschaftswahl keine Veränderungen geben wird. "Ramstein wird das Drehkreuz für den Nahen Osten [...] bleiben", so der SPD-Politiker. Und auch das neue Hospital in Weilerbach werde gebraucht.
US-Truppenabzug wahrscheinlich Was ein Sieg von Trump für Ramstein und Spangdahlem bedeuten könnte
Rund 50.000 amerikanische Soldaten sind in Rheinland-Pfalz stationiert. Doch das könnte sich ändern, wenn der nächste US-Präsident Donald Trump heißt, sagen Experten.
Anders als bei der U.S. Air Force schätzt Weingarten die Situation bei der US-Army in Rheinland-Pfalz ein. Hier könne es durchaus zu Verschiebungen bei den "reinen Kampftruppen" kommen.
Die Androhung von Strafzöllen auf Waren von Unternehmen, die nicht in den USA produzieren wollen, hat zuletzt vor allem deutsche Unternehmen aufschrecken lassen. Denn kein anderes Land der Welt exportiert derzeit so viel in die USA wie Deutschland. Bislang hat nur der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump eine solche Drohung offen fallen lassen. Doch SPD-Bundestagsabgeordneter Weingarten ist sich sicher, dass sich deutsche, und damit auch rheinland-pfälzische Unternehmen nach der US-Wahl auf jeden Fall auf Veränderungen im Handel mit den USA einstellen müssen. Denn sowohl bei Trump als auch seiner Gegenkandidatin Kamala Harris stünden wirtschaftliche Interessen im Vordergrund, so Weingarten.
Am Dienstag oder vielleicht auch erst später, wird der Sieger oder die Siegerin der US-Wahl 2024 feststehen. Joe Weingarten aus Bad Kreuznach wird seinen Teil zur US-Wahl 2024 am Mittwoch abgeschlossen haben, sobald die OSZE ihren Wahlbeobachter-Abschlussbericht vorlegt.