Umweltwissenschaftler Alexander Wagner von der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft steht auf einer Kahlfläche auf der Montabaurer Höhe. Vor ihm an einem Baumstumpf hängen zwei kleine Kästen. Das eine ist eine Wildkamera, die selbstständig Fotos von allen Tieren macht, die vorbeilaufen. Das andere ist ein Rekorder, der die Geräusche der Tiere im Wald aufnimmt.
Von diesen Geräten hängen in den Wäldern bei Montabaur und Altenkirchen einige, sie liefern jeden Monat tausende Daten. Die Wissenschaftler wollen durch die Aufnahmen untersuchen, wie sich der Wald entwickelt. "Für uns Wissenschaftler ist es ein großer Aufwand, all diese Fotos und Tonaufnahmen auszuwerten. Die Künstliche Intelligenz hilft uns dabei", erklärt Wagner. Denn die Kameras lösen auch aus, wenn sich Grashalme im Wind bewegen.
Jeden Monat gibt es also tausende Bilder, auf denen nur Gras zu sehen ist. Diese Bilder sortiert die KI aus, sodass nur die Fotos übrigbleiben, auf denen Tiere wie Hirsche, Rehe, Wildkatzen oder Wölfe zu sehen sind. Die schauen sich die Forscher dann genauer an und ziehen Rückschlüsse daraus, wie sich der Wald entwickelt.

Wald bei Montabaur und Altenkirchen wird sich selbst überlassen
Vor drei Jahren wurden bei Montabaur und Altenkirchen zwei sogenannte Naturwaldreservate ausgewiesen. Dort wird der Wald nach dem großen Fichtensterben der letzten Jahre sich selbst überlassen. Die Wissenschaftler beobachten dort, wie sich die Natur allein entwickelt. Diese Flächen vergleichen sie dann mit anderen Waldgebieten, wo Forstwirtschaft betrieben wird.
In den Naturwaldreservaten werden Säugetiere vom Hirsch bis zur Maus erfasst, außerdem alle dort vorkommenden Vogelarten. Einige Forscher schauen sich auch speziell die Vielfalt der Insekten, Spinnen und Mikroorganismen an. Spezielle Messstationen erfassen außerdem etwa die Temperatur und Feuchtigkeit von Luft und Boden.

Künstliche Intelligenz hat auch ihre Grenzen
Bei der Erforschung der Vogelwelt kommt die KI jedoch auch an ihre Grenzen, so Wagner. Auf den Tonaufnahmen seien auch mal quietschende Bäume zu hören, die sich im Wind bewegen. "Die KI denkt dann, dass sei der Ruf eines Kiebitzes gewesen. Diese Vogelart kommt hier im Wald aber definitiv nicht vor."
Es gebe zudem auch Vögel, die andere Vögel sehr gut imitieren könnten – Eichelhäher oder Stare zum Beispiel. Auch das könne die KI nicht erkennen und unterscheiden. Die Rekorder seien daher eine gute Ergänzung für die Forschung. Es sei aber trotzdem nötig, dass erfahrene Vogelkundler sich die Waldgebiete vor Ort genau anschauen, um alle Arten zu erfassen.
Forschung soll bei der Waldentwicklung der Zukunft helfen
Ziel der Forschung ist es, ein möglichst gutes Konzept für die Waldentwicklung der Zukunft zu erstellen, so Wagner. Im Westerwald waren in den letzten Jahren fast alle Fichten durch Dürre und Borkenkäferbefall abgestorben. Ein Szenario, dass für die Förster von heute völlig neu war.

In anderen Regionen in Rheinland-Pfalz gibt es diese großen Fichtenbestände aber noch. "Wir befürchten allerdings, dass auch diese Wälder dem Klimawandel nicht standhalten werden", so Wagner. Die Forschung im Westerwald könne daher dabei helfen, wie man mit diesen Wäldern künftig umgehen möchte.