Anita Bongart wohnt mit ihrer Familie in Altenburg an der Ahr. Nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021 musste sie ihr zerstörtes Haus abreißen. Sie wollte trotzdem bleiben - auch, weil hier in der Flutnacht alle das Gleiche erlebt haben: "Wir fühlen uns auch nach wie vor wohl hier. Das ist unser Zuhause."
Mehr Hochwasserschutz im eigenen Haus in Altenburg
Seit einigen Monaten wohnt sie in ihrem neu gebauten Haus auf dem selben Grundstück wie vorher. Aber die Familie hat sich um mehr Hochwasserschutz bemüht: Das Haus steht weiter zurück und etwa 50 Zentimeter höher. Im unteren Geschoss sind Garagen und Keller, gewohnt wird nur noch in den beiden Stockwerken oben: "Wir haben auch extra einen zweiten Ausgang gemacht, damit wir einen Fluchtweg haben und unser Haus Richtung Berg trockenen Fußes verlassen können", sagt Anita Bongart.
Sie wünscht sich, dass auch die Behörden möglichst viel für einen besseren Hochwasserschutz tun: zum Beispiel mehr Retentionsflächen schaffen, wohin das Wasser ausweichen kann. "Da wo bei uns der Campingplatz war, könnte Erde abgebaggert werden, damit das Wasser weniger schnell in den Ort läuft", schlägt Bongart vor.
Experte: Extremereignisse können so nicht verhindert werden
Maßnahmen wie hochwassergerechtes Bauen und Retentionsflächen seien wichtige Puzzleteile für einen besseren Hochwasserschutz, sagt auch Experte Thomas Roggenkamp, der sich als Geologe an der Universität Bonn seit Jahren mit Hochwassern an der Ahr beschäftigt. Allerdings müsse unterschieden werden, um welche Art von Hochwasser es sich handele.
Bei einem normalen Hochwasser, das vielleicht alle zehn Jahre auftritt, haben die genannten Schutzmaßnahmen laut Roggenkamp einen guten Effekt. Extremereignisse wie im Sommer 2021 könnten dadurch aber nicht verhindert werden. Das Ahrtal habe eine breite und flache Talsohle. Bei einem Extremhochwasser sei die gesamte Talsohle betroffen. "Also auch mit einem gewissen Abstand zur Ahr wird man dann vom Hochwasser betroffen bleiben", sagt Roggenkamp.
![Talsperre in Sachsen - Grafik (Foto: Landestalsperrenverwaltung Sachsen) Talsperre in Sachsen - Grafik](/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/1738161284488%2Chochwasserschutz-talsperre-sachsen-100~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Große Rückhaltebecken in den Seitentälern der Ahr könnten helfen
Wer sich vor extremen Hochwassern schützen wolle, müsse größer denken, sagt Roggenkamp. Das heißt, dort eingreifen, wo die Flutwellen entstehen: zum Beispiel an den Seitenbächen der Ahr, die in den Fluss münden. Dort, wie beispielsweise im Saarbachtal, könnten große Rückhaltebecken gebaut werden.
Solche Pläne gibt es auch schon im Kreis Ahrweiler. Insgesamt sollen entlang der Ahr 19 große Staudämme entstehen. Von solchen Bauwerken verspricht sich Experte Roggenkamp einen großen Effekt: "Würden wir solche Maßnahmen haben, dann könnten wir auch extreme Hochwasser ziemlich gut abfedern."
Drei Jahre Flutkatastrophe Im Ahrtal schon vor über 100 Jahren Pläne für Staudämme
Die Flutkatastrophe mit mehr als 130 Todesopfern im Ahrtal war nicht die erste Katastrophe im Norden von Rheinland-Pfalz. Auch Anfang des vergangenen Jahrhunderts gab es eine große Flutkatastrophe mit vielen Todesopfern. Danach gab es viele Pläne, um die Wassermassen im Tal aufzuhalten. Doch umgesetzt wurde nichts.
Ob Staudämme wirklich gebaut werden, ist fraglich
Aber solche Mammutprojekte haben auch ihren Preis: Sie kosten enorm viel Geld, würden die Landschaft deutlich verändern und müssten jahrzehntelang gebaut werden. Geologe Roggenkamp ist skeptisch, denn ihr Nutzen sei ja nicht direkt spürbar.
Beispiel 1910: Damals habe es an der Ahr ein ähnliches Hochwasser gegeben, sagt Roggenkamp. Danach seien auch ähnliche Ideen entstanden: "Umgesetzt wurde davon allerdings gar nichts." Die Gefahr besteht aus Sicht des Wissenschaftlers auch jetzt, dass - je länger es dauert - sich die Prioritäten doch wieder verschieben und das Projekt nicht realisiert wird.