Die Ahr überschwemmt weite Teile der Ufergebiete. Insgesamt sind nach Auswertung der Satellitenbilder schätzungsweise fast 200 Hektar Fläche entlang der Ahr überflutet. Verheerend für die Anwohnerinnen und Anwohner. Entlang der Ahr im Landkreis Ahrweiler leben rund 56.000 Menschen. Für viele von ihnen kommt jede Warnung zu spät, sie sterben in den Wassermassen. Hunderte werden verletzt. Immer noch werden Menschen in den Trümmern vermisst.
Bis Mittwoch (24.11.2021) wurden 134 Tote im Ahrtal (und ein Toter in Trier) und 766 Verletzte gezählt. Insgesamt wurden 143 Tote geborgen, acht davon sind der Polizei zufolge aber keine Flutopfer, sondern waren bereits vor der Hochwasser-Katastrophe gestorben und aufgebahrt oder beerdigt worden. Die 135 unmittelbaren Flutopfer und die 8 anderen Toten sind identifiziert. 65 Opfer waren männlich, 70 Opfer waren weiblich.
Eine Leiche wenige Wochen nach der Flut bei Rotterdam gefunden. Die Tote konnte erst Ende September 2021 anhand von DNA-Proben zweifelsfrei identifiziert werden.
Am 23. Juni 2023 erhöht sich die Zahl der Opfer aus dem Ahrtal auf 135. Vermisst wird immer noch ein Mann: ein 60-Jähriger aus Kreuzberg. Insgesamt sind in Rheinland-Pfalz damit 136 Menschen bei der Flut ums Leben gekommen.
Wie der Opferbeauftragte Detlef Placzek in Mainz mitteilte, waren mehr als die Hälfte der Toten (70) in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler gemeldet. Weitere 33 Tote gab es in der Verbandsgemeinde Altenahr. In Sinzig waren es 13. Zwölf von ihnen hatten in einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung gelebt. Sechs Tote waren in der Verbandsgemeinde Adenau gemeldet. Unter den weiteren Opfern waren auch Menschen aus Nordrhein-Westfalen (neun) und Niedersachsen (eine Person) gemeldet. Im Kreis Neuwied - Bad Hönningen und Dierdorf - lebten drei der Opfer.
Jüngstes Todesopfer war vier Jahre alt
Das jüngste Todesopfer war vier Jahre alt, das älteste 97. Die meisten (106) waren älter als 60 Jahre. Es kamen aber auch drei Kinder sowie ein Jugendlicher bei der Flutkatastrophe ums Leben. Unter den Todesopfern ist auch eine Feuerwehrfrau. Dem Opferbeauftragten seien zudem vier Selbsttötungen im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe bekannt.
Das Ausmaß der Zerstörung des Hochwassers
Sturzfluten reißen Pegel im Kreis Ahrweiler davon
Als kurz nach 19:00 Uhr die Flutwelle die historische Marke von 3,21 Meter am Pegel in Altenahr überschreitet, ahnt vor Ort offenbar noch niemand, dass der Pegel in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli alle Rekorde brechen würde. Schon eine Stunde später steht der Pegel bei über 5 Meter. Dann überspülen die Sturzfluten das Messgerät. Erst nach 23 Uhr wird im Landkreis der Katastrophenalarm ausgerufen. Die Hochwasserzentrale schätzt, dass die beschauliche Ahr auf über 7 Meter angeschwollen war. Das ist mehr als das Doppelte vom historischen Höchststand vor fünf Jahren am 2. Juni 2016:
42.000 Betroffene des Hochwassers im Landkreis Ahrweiler
Entlang der Ahr im Landkreis Ahrweiler leben laut EU-Auswertung rund 56.000 Menschen. Dabei geht die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) von 42.000 Betroffenen aus. Davon haben mindestens 17.000 unmittelbar Hab und Gut verloren oder stehen vor erheblichen Schäden, so die Schätzung auf Basis der Satellitenauswertung.
Schätzungsweise 3.000 Gebäude nach Flut beschädigt - fast 500 zerstört
Die Flut am 14. Juli reißt mindestens 467 Gebäude mit, darunter mindestens 192 Wohnhäuser. Geschäfte, Hotels, Fabriken und Werkstätten werden vom Wasser zerstört. Von den 4.200 Gebäuden entlang der Ahr sind geschätzt mehr als 3.000 beschädigt worden. Das sind mehr als 70 Prozent aller Gebäude. Dazu kommen in Rheinland-Pfalz und dem benachbarten Nordrhein-Westfalen an die 100.000 beschädigte Telefon- und Internet-Leitungen. Laut Telekom konnten mittlerweile (Stand: 30.8.21) bei rund 80.000 der zwischenzeitlich vom Netz gegangenen Haushalte die Leitungen repariert werden.
Zerstörte Brücken und Straßen Folgen der Flutkatastrophe
179 Kilometer Verkehrswege könnten beschädigt sein. 5,2 Kilometer sind demnach vollständig zerstört, darunter 0,7 Kilometer Brückenwege. Mehr als 73,9 Kilometer der 179,7 Kilometer an Straßen, Brücken und Wegen an der Ahr weisen auf den Satellitenbildern Anzeichen auf eine Beschädigung auf.
Daten des EU Copernicus Emergency Management Service
Satellitenbilder liefern eine erste Möglichkeit, aus der Vogelperspektive Daten vor und nach der Flut abzugleichen. Daraus lässt sich eine grobe Schätzung der Schäden an Gebäuden, Flächen und Infrastruktur ableiten. Grundsätzlich tendiert diese Perspektive laut Experten dazu, das Ausmaß eher zu unterschätzen. Die tatsächlichen Schäden sind häufig größer und nicht immer auf den Luftbildern zu erkennen. Der SWR hat die Rapid Mapping Analyse der Europäischen Kommission ausgewertet und die Informationen in den hier gezeigten Karten und Charts aufbereitet.
Das Copernicus Emergency Management Service ist eine Einrichtung der Europäischen Kommission für das Krisenmanagement bei Katastrophen. Die Service-Agentur bietet auf Anfrage von Behörden ein Rapid Mapping mittels Satellitenbilder an. Dabei werden die betroffenen Krisengebiete abgesteckt. Anhand von Vorher-Nachher-Vergleichen und weiteren Daten über Bevölkerung, Fläche, Bebauung, Infrastruktur etc. wird das Ausmaß einer Naturkatastrophe analysiert. Im Falle der Flutkatastrophe an der Ahr hat Copernicus EMS am 21. Juli 2021 Karten und Daten zu einer ersten Abschätzung der Schäden veröffentlicht.
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Hinweis: In einer früheren Version hieß es, die Flutwelle habe die historische Marke von 3,21 Meter am Pegel in Altenahr bereits um 18:00 Uhr überschritten. Dies war falsch. Die Angaben des Pegels werden in der Mitteleuropäischen Zeit MEZ erfasst und ausgegeben. Diese Zeitangabe berücksichtigt keine in Deutschland geltende Sommerzeit. Deshalb war der Zeitpunkt nach Mitteleuropäischer Sommerzeit erst um 19:00 Uhr.