75 Jahre DLRG in Rheinland-Pfalz

Überall, wo Wasser ist: Wissenswertes über die Lebensretter der DLRG

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Autor/in
Götz Kohlmann
Götz Kohlmann ist Redakteur bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz

Wer gerne Zeit am und im Wasser verbringt, kennt sie: die wachsamen Beobachter in ihrem rot-gelben Dress. Die DLRG ist überall dort, wo Menschen sich im Wasser tummeln. Wir haben Wissenswertes über die Lebensretter gesammelt.

In Lehmen im Kreis Mayen-Koblenz hat die DLRG Rheinland-Pfalz am Samstag ihr 75-jähriges Bestehen gefeiert. Dort befindet sich das Ausbildungszentrum. 1949 gründete sich der Landesverband, aber es gab die DLRG schon zuvor auf dem Gebiet des späteren Bundeslandes. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, wie sie vollständig heißt, ist die größte ehrenamtliche Wasserrettungsorganisation der Welt.

Das Unglück von Binz - Anlass zur Gründung der DLRG

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gründen Engagierte vielerorts Schwimmvereine. Auch Übungen des Rettungsschwimmens gehören zum Vereinsleben. Doch erst ein tragisches Ereignis führt zur Gründung der DLRG.

Am Abend des 28. Juli 1912 stehen hunderte von Menschen auf der Seebrücke von Binz auf Rügen. Viele von ihnen warten auf einen Dampfer, der sie nach Greifswald bringen soll. Sie waren gerade auf einem Pferderennen und sind auf dem Heimweg. Auch Badegäste und Schaulustige haben sich auf der hölzernen Brücke versammelt. Sie hält der großen Belastung nicht stand. Als der Dampfer eintrifft, bricht die Brücke teilweise ein. Etwa 70 bis 80 Menschen stürzen ins Wasser, 16 von ihnen ertrinken in der Ostsee. Nur einige wenige Anwesende, hauptsächlich Soldaten der Marine, können überhaupt schwimmen und retten viele Menschen.

Historische Fotos der Seebrücke hängen im Rahmen einer Ausstellung auf dem Anleger in Binz auf Rügen. Die Zerstörung des Vorgängerbaues 1912 war Anlass zur Gründung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) 1913 in Leipzig.
Ein historisches Foto der ersten Binzer Landungsbrücke hängt auf dem heutigen Schiffsanleger. Ein Unglück mit vielen Todesopfern an der alten Seebrücke war der Anlass für die Gründung der DLRG.

Ein knappes Jahr später, am 5. Juni 1913, veröffentlicht der "Deutsche Schwimmer", amtliches Organ des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), einen Aufruf zur Gründung einer Lebensrettungs-Gesellschaft. Vorbild ist die britische "The Royal Life Saving Society". Am 19. Oktober 1913 wird schließlich in einem Leipziger Hotel die DLRG ins Leben gerufen.

Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg

Während der NS-Zeit wird auch die DLRG der Ideologie der Nationalsozialisten unterworfen und in eine staatliche Organisation eingegliedert. Mit der Kapitulation Deutschlands im Mai 1945 zerbricht die DLRG. Doch bereits 1946 nehmen die Mitglieder in der britischen und in der amerikanischen Besatzungszone ihre Arbeit wieder auf. Anders sieht es in der sowjetischen Zone und späteren DDR aus. Im Osten wird die DLRG nicht anerkannt. Die Aufgaben der DLRG übernimmt in der DDR der Wasserrettungsdienst. Er gehört ab 1952 zum Deutschen Roten Kreuz.

Im Westen gibt es einen Aufschwung. Die Mitgliederzahlen steigen ab 1960 stark an. Mit der Wiedervereinigung fasst die DLRG dann auch in den neuen Bundesländern schnell wieder Fuß.

1974 fand die Einweihung des DLRG-Ausbildungszentrums Rheinland-Pfalz in Lehmen an der Mosel statt.
1974 fand die Einweihung des DLRG-Ausbildungszentrums Rheinland-Pfalz in Lehmen an der Mosel statt.

Fast ein Drittel der Mitglieder sind Kinder

Rund 607.000 Mitglieder zählte die DLRG am Jahresende 2023. Das war ein Anstieg um 4,7 Prozent im Vergleich zu 2022 und ein neuer Rekord. Im Landesverband Rheinland-Pfalz waren es genau 34.363 Mitglieder, ein Plus von 5,9 Prozent gegenüber Ende 2022. Sie verteilen sich auf 125 Ortsgruppen.

Etwa 60 Prozent der Mitglieder bundesweit sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Gut 189.000 sind Kinder bis zwölf Jahre. Mehr als 42.000 Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer wachen über die Sicherheit der Badegäste und Wassersportler, allein 6.000 waren es im Sommer 2023 an Nord- und Ostsee.

Und über 1,3 Millionen Förderinnen und Förderer unterstützen die lebensrettende Arbeit mit Spenden. 

Wie viele Menschen werden im Jahr gerettet?

Im Jahr 2023 haben die Mitglieder der DLRG 1.120 Menschen das Leben gerettet; in 870 Fällen bewahrten sie jemand vor dem Ertrinken. In den übrigen Fällen wurden Menschen außerhalb des Wassers gerettet, etwa indem sie nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand am Strand oder auf der Liegewiese reanimiert wurden. Hinzu kommen Situationen, in denen DLRGler bei sonstigen Unfällen neben anderen Rettungsdiensten als Ersthelfer beteiligt sind, wie DLRG-Pressesprecher Martin Holzhause erläutert.

Insgesamt mehr als 60.000 Mal wurde Personen geholfen - und 351 Mal übrigens Tieren.

Auch bei Katastrophen wie Hochwasser im Einsatz

Nicht nur wer schwimmt und Wassersport macht, kann auf die DLRG vertrauen, auch bei Katastrophen sind die Helfer im Einsatz. So war es etwa beim Weihnachtshochwasser 2023 in Niedersachsen, als etwa 1.500 DLRG-Mitglieder unter anderem beim Schutz der Deiche halfen. Und auch nach der Flutkatastrophe an der Ahr leistete die DLRG mit über tausend Einsatzkräften aus dem Bundesgebiet Hilfe. So waren etwa Spezialtrupps bei der Erkundung der beschädigten Infrastruktur dabei.

Wie viele Menschen konnten früher schwimmen, wie viele heute?

Bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein konnten lediglich zwei bis drei Prozent der Bevölkerung schwimmen. Jahr für Jahr ertranken im Kaiserreich etwa 5.000 Menschen. Heute können etwa 65 Prozent der Bevölkerung in Deutschland schwimmen. Im Vergleich zur Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ertrinken deutlich weniger Menschen. Mindestens 378 waren es im vergangenen Jahr, davon zehn in Rheinland-Pfalz.

Welche Organisationen gibt es in anderen Ländern?

Es gibt einen weltweiten Dachverband: die International Life Saving Federation (ILSF). Unter ihm versammeln sich Organisationen aus rund 115 Ländern als Vollmitglieder. Der Verband soll unter anderem für einen Austausch der Rettungstechniken sowie der medizinischen und praktischen Erfahrungen sorgen, Ausbildungsstätten fördern und Wettkämpfe organisieren. Zudem lässt er das Risiko einzelner Strände bewerten.

Gewusst? Es gibt Weltmeisterschaften im Rettungsschwimmen

Und die finden sogar derzeit in Australien statt. Auch Schwimmerinnen und Schwimmer aus Rheinland-Pfalz sind mit dabei. Vom 20. August bis 8. September treten sie an der Gold Coast zur WM im Rettungssport an. Das Event beginnt mit vielen Wettkämpfen für verschiedene Altersklassen. Der offizielle Auftakt für die Nationalteams ist dann am 27. August. Ab 3. September folgt dann noch die "Interclubs", die WM der einzelnen Ortsvereine.

Zum zwölfköpfigen deutschen Team gehören auch Anna-Fiona Volz von der Ortsgruppe Nieder-Olm/Wörrstadt und Tim Brang aus Esch in der Vulkaneifel, der zur westfälischen Ortsgruppe Schloß Holte-Stukenbrock gehört. Über die World Games 2022 - die Spiele der nicht-olympischen Sportarten - erzählte er in einem Gespräch mit der SWR Landesschau.

Brang ist in der Disziplin "100 Meter Retten mit Flossen und Gurtretter" amtierender World Games Champion, Weltmeister und Vize-Europameister. Hierbei müssen die Athleten nach 50 Metern Freistil zu einer am Beckenboden liegenden 80 Kilo schweren Puppe tauchen und sie fachgerecht zum Ziel schleppen.

Rettungsschwimmerin Anna-Fiona Volz von der DLRG Nieder-OlmWörrstadt
Rettungsschwimmerin Anna-Fiona Volz von der DLRG Nieder-Olm/Wörrstadt gehört zum Nationalteam bei der WM in Australien.

Volz überzeugte zuletzt mit Spitzenplätzen im Beckenschwimmen. Mitte Juli war die 20-Jährige aus Rheinhessen auch zweitbeste Mehrkämpferin beim Internationalen DLRG Cup in Warnemünde.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer treten in zahlreichen Disziplinen an, auch in Form eines Triathlons. Neben den Pool-Wettbewerben gibt es simulierte Rettungsszenarien am Meer, die bewertet werden und Wettkämpfe im Brandungsschwimmen. Bei Beachtrack-Events wird einzeln und in Staffeln über den Sand gesprintet. Zudem gibt es Wettkämpfe mit dem Rettungskajak, mit Surfbrettern und motorisierten Rettungsbooten.

Und vielleicht werden ihre Wettkämpfe bald sogar olympisch. 2032 in Brisbane könnten sich vielleicht erstmals Rettungsschwimmer bei Olympischen Spielen messen.

Die Schwimmabzeichen: von Seepferdchen bis Rettungsschwimmer Gold

Um vielleicht einst für die DLRG bei Olympia dabei zu sein, sollte man eine ganze Reihe von Abzeichen erwerben. Es beginnt mit dem Frühschwimmer (Seepferdchen), der noch kein Nachweis für sicheres Schwimmen ist. Es folgen die deutschen Schwimmabzeichen von Bronze (Freischwimmer) bis Gold. Für Rettungsschwimmer beginnt es nun erst. Die Palette reicht vom Juniorretter bis zum Rettungsschwimmabzeichen Gold.

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Wer Gold möchte, muss schon extrem fit sein. Da gibt es zum Beispiel folgende Elemente, die bestanden werden müssen: 300 Meter Flossenschwimmen in höchstens sechs Minuten, davon 250 Meter in Bauch- oder Seitenlage und 50 Meter Schleppen eines Menschen in Kleidung; drei Mal Tieftauchen (zwischen 3 und 5 Meter) in Kleidung innerhalb von drei Minuten und dabei jeweils zwei 5 Kilogramm schwere Tauchringe heraufholen.

Dennoch: der Leistungsgedanke steht bei der DLRG nicht im Vordergrund, sondern das "sicher Schwimmen" und "sicher Retten", wie es in der Jubiläumsbroschüre heißt.

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