Er sei sich mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) einig, dass Deutschland schnell Klarheit über den weiteren politischen Kurs brauche, sagte Olaf Scholz (SPD) am Mittwochabend in Berlin. In den Sitzungswochen des Bundestags bis Weihnachten wolle er alle Gesetze zur Abstimmung stellen, die keinen Aufschub duldeten. Dazu gehören nach seinen Worten die Stabilisierung der Rente sowie Sofortmaßnahmen für die Industrie.
Lindner hat "zu oft mein Vertrauen gebrochen"
Zuvor hatte Scholz die Entlassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bekanntgegeben und diesem schwere Vorwürfe gemacht. Dem FDP-Politiker gehe es um die eigene Klientel und um das kurzfristige Überleben der eigenen Partei. Die Unternehmen im Land bräuchten Unterstützung, sagte er mit Blick auf die schwache Konjunktur und hohe Energiepreise. Er verwies zudem auf die internationale Lage mit den Kriegen in Nahost und der Ukraine. "Wer sich in einer solchen Lage, einer Lösung, einem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Als Bundeskanzler kann ich das nicht dulden."
CDU fordert sofortige Neuwahlen
Die rheinland-pfälzische CDU forderte Scholz auf, den Weg für Neuwahlen sofort frei zu machen - und nicht erst im Januar. "Eine solche Hängepartie aus parteitaktischen Gründen können wir uns in der aktuellen wirtschaftlichen und außenpolitischen Lage nicht leisten", sagte Generalsekretär Johannes Steiniger.
Die Bilanz von Scholz nach drei Jahren sei erschütternd: "Eine historische Wirtschaftskrise, die Verdopplung der AfD und eine höchst verunsicherte Bevölkerung, die das Vertrauen in Politik und Staat verloren hat." Die CDU stehe bereit, die Verantwortung für unser Land zu übernehmen, so Steiniger.
AfD fordert Rechtsruck
Auch die AfD forderte sofortige Neuwahlen. Der Landesparteivorsitzende Jan Bollinger sagte, das Aus der Ampel-Koalition sei gut für Deutschland. "Diese schlechteste Regierung aller Zeiten versagt in allen Politikfeldern, lässt illegale Zuwanderung seit Jahren zu, treibt mit ihrer katastrophalen Politik die Wirtschaft aus dem Land und bürdet unseren Bürgern immer neue Belastungen auf."
Am besten wäre es, wenn auch die Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz mitgerissen werde, so Bollinger. "Auch sie schadet unserem Land nachhaltig und ist nicht in der Lage, entschlossene Antworten auf die drängenden Probleme unserer Zeit zu bieten." Der Mainzer AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier erklärte, Deutschland brauche einen Rechtsruck, um wieder in die Spur zu kommen.
Schweitzer kritisiert Bundes-FDP
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) hat die Bundes-FDP für der Scheitern der Ampel in Berlin verantwortlich gemacht. "Eine Dreier-Koalition kann nicht bestehen, wenn eine Seite nicht mehr zur konstruktiven Zusammenarbeit bereit ist", sagte er.
"Ich bin meinen Koalitionspartnern dankbar für die konstruktive Zusammenarbeit. Wir zeigen in Rheinland-Pfalz, dass es anders geht", betonte Schweitzer. Auch Innenminister Michael Ebling (SPD) lobte die rheinland-pfälzische Regierungkoalition. "Wir machen das anders. Da passt kein Blatt Papier zwischen die Koalitionspartner".
Bätzing-Lichtenthäler attestiert Scholz Führungsstärke
Die Landesvorsitzende der SPD in Rheinland-Pfalz, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, sagte dem SWR, Olaf Scholz habe mit seiner Entscheidung Verantwortung übernommen und Führungsstärke bewiesen. Trotzdem bedauere sie das Zerbrechen der Ampel auf Bundesebene, in RLP gelinge sie dagegen sehr gut.
Koalitionsfraktionen in RLP bekräftigen ihre Zusammenarbeit
In einer Pressemitteilung der Koalitionsfraktionen im Mainzer Landtag, erklärt sie zusammen mit Pia Schellhammer (Grüne) und Philipp Fernis (FDP): "Als Koalitionspartner in Rheinland-Pfalz steht für uns außer Frage, dass wir unsere gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit für unser Land fortsetzen werden. Die herausfordernden Zeiten erfordern die Übernahme gemeinsamer Verantwortung, der wir in den vergangenen Jahren in Rheinland-Pfalz gerecht geworden sind und auch weiterhin gerecht werden".
Die beiden Landesvorsitzden der Grünen, Natalie Cramme-Hill und Paul Bunjes, bekräftigten ebenso die "konstruktive" und "vertrauensvolle" Zusammenarbeit in der rheinland-pfälzischen Ampelregierung.
Wann kommen Vertrauensfrage und Neuwahlen? Ampel-Aus: Politiker und Wirtschaftsvertreter aus der Region Trier reagieren
Aus der Region Trier gibt es zahlreiche Reaktionen auf das Ampel-Aus. Neben vielen Politikern auch hat sich Frank Natus von der Vereinigung Trierer Unternehmen geäußert.
FDP-Abgeordneter Höferlin: "Herr Scholz hatte Drehbuch"
Manuel Höferlin, FDP-Bundestagsabgeordneter aus Rheinland-Pfalz, warf Bundeskanzler Scholz vor, den Bruch mit Lindner und der FDP geplant zu haben. Der FDP-Chef habe vorgeschlagen, "geordnet mit einer vorhandenen Regierung in Neuwahlen zu gehen", sagte Höferlin. "Es war das Drehbuch, das Herr Scholz schon hatte, was dem entgegenstand." Dass das so genannte Lindner-Papier, in dem es um die wirtschaftliche Neuaufstellung Deutschlands ging, im Koalitionsausschuss von Grünen und SPD "nicht einmal als Redegrundlage" genommen worden sei, spreche Bände.
Der Koblenzer Landesvorsitzende der Jungen Liberalen, Florian Pernak, teilte in einer Pressemitteilung mit, dass er das Scheitern der Ampel bedaure. Er betonte aber, die Koalition habe eine echte Wirtschaftswende und ein Ende der Schuldenpolitik unmöglich gemacht.
Grünen-Landeschefs kritisieren Lindner
"Das Ende der Ampel gestern hat uns alle überrascht", teilten die Landesvorsitzenden der Grünen, Natalie Cramme-Hill und Paul Bunjes, mit. Christian Lindner und Teile der FDP seien nicht zu Kompromissen bereit gewesen "und haben stattdessen parteipolitische Interessen in den Vordergrund gestellt". Mit dem starren Festhalten an der Schuldenbremse habe Lindner versucht, soziale Sicherheit gegen äußere Sicherheit auszuspielen. "Doch Deutschland kann gleichzeitig ein verlässlicher Partner für ein starkes und solidarisches Europa sein - und Maßnahmen für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Wohlstand ergreifen."
Freie Wähler RLP: "Koalitionsbruch kommt zur falschen Zeit"
Der Zusammenbruch der Berliner Ampel komme zum absolut falschen Zeitpunkt, konstatiert Stephan Wefelscheid, Koblenzer Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der Freien Wähler in Rheinland-Pfalz. Die deutsche Wirtschaft befinde sich in der Rezession, die finanziellen Probleme der Kommunen nähmen zu und der Bundeshaushalt für 2025 sei noch nicht beschlossen. Es wäre für das Land Rheinland-Pfalz aktuell fatal, wenn auch die Regierung in Mainz in den Strudel Berliner Konflikte reingezogen würde. Er erwarte von der Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz, dass sie ihrer Verantwortung für das Land gerecht werde. Für parteipolitische Spiele sei jetzt keine Zeit.
Bundespolitisches Erdbeben Ampel-Aus im Bund - Reaktionen aus Kaiserslautern und der Region
Die Ampel-Koalition im Bund ist Geschichte - es wird wahrscheinlich Neuwahlen geben. Wir haben in Kaiserslautern und der Westpfalz Reaktionen gesammelt.
BSW Rheinland-Pfalz fordert schnelle Neuwahlen
Der Co-Landesvorsitzende des BSW in Rheinland-Pfalz, Alexander Ulrich, zeigte sich erfreut über das Aus der Bundesregierung. "Die schlechteste Bundesregierung aller Zeiten ist endlich am Ende. Es hat sich über mehrere Wochen angedeutet, dass die Bundesregierung keinen Haushalt für 2025 mehr hinbekommt und auseinanderbricht."
Ulrich forderte schnellstmöglich Neuwahlen. Jeder Tag länger schade dem Wohlstand, der Wirtschaft und den Arbeitsplätzen. "Das BSW in Rheinland-Pfalz wird am 1. Dezember in Alzey seine Landesliste für die Bundestagswahl aufstellen. Wir waren und sind für vorgezogene Bundestagswahlen vorbereitet."