Ein Proband des Projekts "Blicke verstehen" der Uni Ulm trägt eine Eye-Tracking-Brille.

Neues Forschungsprojekt an der Universität Ulm

Augenmerk aufs Auge: Ulmer Forscherin will Blicke verstehen

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Markus Bayha
SWR Aktuell Autor Markus Bayha
Hannah Schulze
Hannah Schulze

Das Sprichwort besagt: Blicke sagen mehr als tausend Worte. Ein Forschungsteam der Universität Ulm will das jetzt wissenschaftlich belegen und nimmt Blicke zwischen Menschen unter die Lupe.

Was passiert, wenn sich zwei Menschen in die Augen sehen? Können Augen lügen? Und können wir wirklich schwarz und rosa-rot sehen? Die Ulmer Forscherin Anke Huckauf will herausfinden, was uns die Augen sagen. Das Projekt heißt: "Blicke verstehen". Darin untersucht die Psychologin zum ersten Mal den Blickwechsel zwischen Menschen.

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Das Blickverhalten in der Gruppe entschlüsseln 

Ein Versuchsaufbau der Forscherin: Vier Probanden sitzen im Kreis und spielen das Spiel "Mäxle". Es ist ein Würfelspiel. Dabei dürfen oder müssen die Teilnehmen sogar lügen, um zu gewinnen. Wer von den vier Testpersonen gewinnt, das ist Anke Huckauf egal. Sie schaut aber genau auf die Blicke, die die Probanden untereinander austauschen, wenn sie lügen. Wo schauen sie hin, wie schnell blinzeln die vier? Um das genau untersuchen zu können, tragen die Probanden dicke, schwarze Brillen, so genannte Eye-Tracking-Brillen.

Vier Probanden der Uni Ulm sitzen am Tisch und spielen das Würfelspiel "Mäxle".
Beim Würfelspiel "Mäxle" muss man gut lügen können. Die Eye-Tracking-Brillen der Probanden verraten dem Forschungsteam, wo die Augen dabei hinwandern.

Neue Technologien bringen neue Möglichkeiten

"Wir in der Psychologie haben lange versucht, Informationen aus den Augen zu lesen", erklärt die Forscherin. Bisher mussten die Versuchspersonen bei der Analyse von Blicken auf einem Stuhl sitzen und auf einen Bildschirm schauen. Der hat die Augenbewegungen gemessen - für die Genauigkeit und zur Überprüfung wird diese Methode immer noch verwendet. Neue Technologien wie die Eye-Tracking-Brillen machen es aber möglich, die Blicke von Menschen zu analysieren, die sich frei im Raum bewegen, im Gespräch oder Kontakt mit anderen.

Forscherin Anke Huckauf von der Uni Ulm mit einer Studentin.
Anke Huckauf, Leiterin der Abteilung Psychologie an der Uni Ulm, forscht schon seit vielen Jahren auf dem Gebiet der Kognitions- und Wahrnehmungspsychologie. In ihrem neuen Projekt sollen erstmals die Blicke zwischen mehreren Personen wissenschaftlich untersucht werden. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Proband des Projekts "Blicke verstehen" trägt eine schwarze Eye-Tracking-Brille.
Neue Technologie: Die Eye-Tracking-Brille ermöglicht dem Forschungsteam, die Blicke von Menschen zu analysieren, die sich frei im Raum bewegen und mit ihrem Gegenüber interagieren. Bild in Detailansicht öffnen
Eine Live-Übertragung auf den Bildschirm aus Sicht des Probanden - der rote Punkt zeigt, welchen Fleck der Proband soeben fixiert.
Und so sehen die Aufzeichnungen der Eye-Tracking-Brille aus: der rote Punkt zeigt, welchen Fleck der Proband soeben fixiert. Bild in Detailansicht öffnen
Eine Probandin sitzt am Eye-Tracking-Computer, ihr Kopf ist fixiert - eine ältere Technologie, um Blicke zu analysieren.
Eine ältere Technologie ist der Eye-Tracking-Computer: Ähnlich wie bei einem Sehtest beim Augenarzt, sind die Probanden bei dieser Methode fixiert, um ihre Blicke analysieren zu können. Bild in Detailansicht öffnen

Erste Erkenntnisse: Blinzeln drückt Verbundenheit aus

Die Forschung ist noch am Anfang, es gibt aber schon erste Erkenntnisse: Blinzeln drückt Verbundenheit aus. Das hat ein weiteres Experiment gezeigt: Zwei Probandinnen schauten sich über einen Spiegel lange in die Augen. Das Blinzeln der beiden, im Fachjargon sind es die Lidschlüsse, synchronisierte sich mit der Zeit. "Das ist sehr spannend und wie unsere Daten zeigen, ist das ein Indikator für Verbundenheit", erklärt Anke Huckauf.

Zwei Probandinnen des Projekt "Blicke verstehen" der Uni Ulm schauen sich über einen Spiegel in die Augen.
Schau mir in die Augen, Kleines - wenn sich das Blinzeln der beiden Probandinnen synchronisiert, ist das ein Anzeichen von Verbundenheit, sagt Forscherin Anke Huckauf.

“Der gegenseitige Austausch über Blickkontakt ist nicht nur für die Vertrauensbildung unerlässlich, sondern auch für die soziale Abstimmung und die Koordination unseres Verhaltens und Handelns”, so die Psychologin. Sie forscht schon seit vielen Jahren auf dem Gebiet der Kognitions- und Wahrnehmungspsychologie. Zum ersten Mal geht es nun auch um den Blickwechsel zwischen mehreren Personen.

Sehen wir wirklich schwarz und rosa-rot?

Pessimisten sehen die Welt gerne schwarz - so das Sprichwort. Für Anke Huckauf stellt sich in ihrem Projekt die wissenschaftliche Frage: Sieht die Welt wirklich anders aus, wenn wir in verschiedenen Stimmungen sind? "Wir finden tatsächlich Evidenz dafür, dass die Welt anders aussieht." Die Pupillen werden größer oder kleiner, die Lidschlusszeiten verändern sich - und die Welt wird tatsächlich schwärzer, schärfer oder unschärfer.

Das Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist vorerst auf drei Jahre angesetzt. Was interpretieren Menschen im Blick der anderen? Und wie gut sind sie in ihrer Interpretation? "All das untersuchen wir hier", so die Ulmer Forscherin Anke Huckauf. "Das dauert noch etwas und dann erzählen wir Ihnen, was da herauskommt."

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