Am Tag nach dem Brand eines Wagens beim Fastnachtsumzug in Kehl (Ortenaukreis) sind der Polizei inzwischen acht Personen bekannt, die infolge des Feuers verletzt wurden. Mitten im laufenden Umzug war am Sonntag ein als Piratenschiff gestalteter Wagen in Flammen aufgegangen. Mehrere Menschen auf dem Wagen retteten sich mit einem Sprung auf die Straße vor dem Feuer. Ein Schwerverletzter musste mit Verbrennungen per Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik geflogen werden, befindet sich aber nicht in Lebensgefahr. Laut Polizei könnte sich die Anzahl der Verletzten noch erhöhen. Nach dem Unglück stellt sich auch die Sicherheitsfrage.
Fastnachtswagen vom TÜV abgenommen
Die Fastnachtswagen des Umzugs sind nach Angaben des Veranstalters vorher vom TÜV abgenommen worden. Sie müssen den Vorschriften der StVZO entsprechen. "Sonst dürfen die gar nicht kommen", sagte Stefan Kaiser, Erster Vorsitzender des Fördervereins Kehler Fastnacht. "Wir lassen uns die TÜV-Bescheinigung vorher per E-Mail schicken", sagte Kaiser. Zusätzlich wurden die Wagen vom Veranstalter vor dem Umzug kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Menschen unter die Fahrzeuge geraten können. Wie die Stadt Kehl mitteilt, ist der Veranstalter für die ordnungsgemäße Durchführung und Aufrechterhaltung der Schutz- und Sicherungsmaßnahmen verantwortlich. Der Veranstalter sei verpflichtet, die Fahrzeuge entsprechend zu überprüfen und Teilnehmer mit nicht vorschriftsmäßigen Fahrzeugen von der Teilnahme auszuschließen.
Der TÜV Süd bestätigt, dass der in Brand geratene Fastnachtwagen im Rahmen der vorgeschriebenen Prüfungen begutachtet wurde. Dabei geht es unter anderem um Bremsausrüstung und Sicherheitsvorkehrungen für die Personenbeförderung. Zum konkreten Fall in Kehl könne er aufgrund laufender Ermittlungen derzeit aber keine Aussagen machen, erklärte ein Sprecher des TÜVs Süd. Neben Bremsen, Kippsicherheit und Kupplung geht es laut TÜV-Verband darum, ob Geländer vorhanden und hoch genug sind, ob der Auf- und Abstieg sicher, der Boden rutschfest und eine Verständigung zwischen Fahrer und Mitfahrer möglich ist.
Was hat die Verpuffung ausgelöst?
Der ausgebrannte Anhänger wurde beschlagnahmt und wird von Brandsachverständigen und Kriminaltechnikern der Polizei untersucht. Unklar ist, was zu der Verpuffung an einem Stromaggregat auf dem Wagen einer Fastnachtsgruppe aus Glottertal (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) geführt hat. War das betreffende Stromaggregat zum Brandausbruch überhaupt in Betrieb oder sind noch andere elektrische Geräte genutzt worden? War ein Bedienungsfehler oder ein technischer Defekt der Auslöser? Solche Fragen müssen die Ermittler nun klären.
Glottertäler Winzerbube sind entsetzt
Bei den Glottertäter Winzerbube, deren Wagen abgebrannt ist, herrscht große Betroffenheit. Florian Steger aus dieser Gruppe war gestern beim Unglück dabei. Es sei erstmal ein großer Schock gewesen, als die Arbeit von drei Monaten in Flammen aufging, sagt er. Er habe nur noch funktioniert, den Feuerlöscher geholt und geschrien: "Alle vom Wagen runter".
Die Genesung der Verletzten sei nun ihre oberste Priorität, schreiben die Glottertäler Winzerbube in den Sozialen Medien, und: "Die Unterstützung und Anteilnahme, die wir erfahren, bedeutet uns unglaublich viel." Für die Winzerbube läuft online eine Spendenkampagne. Sie selbst hatten erst vor wenigen Monaten die Betroffenen eines schweren Bauernhofbrands im Glottertal unterstützt und Spenden für sie gesammelt.
Glottertäler Narren legen Wert auf Sicherheit
Aus Kreisen der Glotterpiraten, einem Fastnachtsverein, der am Sonntag direkt hinter dem brennenden Wagen der Winzerbube gefahren war und auch mit gelöscht hatte, hieß es, die Glottertäler Narren und speziell auch die Winzerbube seien eigentlich dafür bekannt, dass sie hohe Sicherheitsstandards hätten. Die Wagen würden vom TÜV geprüft, ohne Abnahme gebe es keine Zulassung für einen Umzug.
"Das wirft einen Schatten auf alle anderen Umzüge"
Michael Schmid, Zunftnarrenrat der Breisgauer Narrenzunft, zeigt sich betroffen vom Brand in Kehl. Es sei ein tragischer Unfall. Die Breisgauer Narrenzunft veranstaltet den großen Rosenmontagsumzug in Freiburg und erwartet rund 100.000 Zuschauer. "Das wirft einen Schatten auf alle anderen Umzüge", sagt Schmid, "wir haben uns gefragt: kommen noch Vorschriften für unseren Rosenmontagsumzug dazu?" Auch in Freiburg werden am Umzug am Montag acht Wagen teilnehmen und rund 4.000 Hästräger aus mehr als 100 Gruppen. Die Zünfte würden ihre TÜV-Untersuchungen selbst organisieren. Für einen Wagen brauche die Zunft ja allein schon eine Zulassung, um über Straßen zum Umzug fahren zu können. Außerdem bezahle die Breisgauer Narrenzunft schon seit Jahren einen zusätzlichen TÜV-Sachverständigen, der zwei Stunden vor dem Umzug alle Wagen nochmal vor Ort überprüfe und zum Beispiel Bremstests durchführen lasse. Manchmal gebe es auch Auflagen, dass zum Beispiel keine Personen auf dem Wagen mitfahren dürfen.
Anwohner berichtet von Detonation
Der Umzugswagen sei beim Einbiegen in die Hauptstraße in Höhe des Hotels Rebstock in Brand geraten, teilte die Polizei mit. Das Feuer sei im Innenraum des Wagens ausgebrochen, der ein Schiff darstellte. Zeugen berichteten von einem lauten Knall, der am Startplatz der Umzugswagen zu hören gewesen sei. "Man hat eine Detonation gehört und dann hat es auf einmal hier ordentlich angefangen zu brennen", sagte Anwohner Jan Fritzsche dem SWR. Dann seien schnell Feuerwehr und Rettungskräfte gekommen. Viele Teilnehmer hätten ihre Wagen noch retten wollen. "Aber dann hat die Feuerwehr gesagt: Weg hier!"
Feuerwehr lobt Verhalten von Umzugsgästen
Mehrere Menschen sprangen von dem brennenden Wagen auf die Straße, um sich zu retten. Wie viele Menschen zu diesem Zeitpunkt auf dem Umzugswagen waren, ist derzeit nicht bekannt. Zuschauerinnen und Zuschauer reagierten der Feuerwehr zufolge besonnen, indem sie zur Seite gingen, um Helferinnen und Helfern Platz zu machen.
Zehntausende besuchen jährlich Kehler Umzug
Im Falle einer Massenpanik hätten viele weitere Menschen verletzt werden können, denn zum Fastnachtsumzug in Kehl versammeln sich am Straßenrand jeweils Zehntausende Schaulustige. Die Reaktion der Narrengruppe aus Glottertal auf den Brand ihres Fastnachtswagens am Sonntag in Kehl hat nach Einschätzung von Bürgermeister Wolfram Britz (parteilos) Schlimmeres verhindert. Die Mitglieder hätten sehr besonnen reagiert, sagte der Kehler Rathauschef. Der Vorfall sei beispiellos, sagte Britz. "Ein solches Unglück hat es in Kehl noch nicht gegeben."