Nahostkonflikt und Nationalsozialismus sind zentrale Themen, mit denen sich die Walter-Eucken-Schul-AGs auf vielfältige Weise auseinandersetzen. Ein wichtiges Projekt war die Reise einer AG ins ehemalige Internierungslager Gurs in Südfrankreich. Die Leiterin der Arbeitsgemeinschaften, Sandra Butsch, hat die Reise und die Erlebnisse der Jugendlichen in einer Graphic Novel dokumentiert, einer Art Comic-Roman. Für ihr Engagement hat die Lehrerin gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern am Mittwochabend den Rahel-Straus-Jugendpreis im SWR-Funkhaus in Freiburg erhalten.
Jugendliche berichten von ihrer Reise zum Internierungslager Gurs:
Graphic Novel: Ein leichter Zugang zu schweren Themen
Ein junger Mann steht vor einem Bergpanorama, gezeichnet im Comic-Stil. Neben seinem Kopf eine Gedankenblase. Darin steht: "So schön hier. Schwer zu glauben, dass hier so schlimme Sachen passiert sind...". Die Zeichnung ist Teil der Graphic Novel, die die Reise einer Schul-AG des Walter-Eucken-Gymnasiums in Freiburg nach Südfrankreich dokumentiert. Unweit des Bergpanoramas befindet sich das Internierungslager Gurs.
Die Graphic Novel hat die Lehrerin der AG, Sandra Butsch, geschrieben. Illustriert hat sie ihre Freundin Katja Hermann. Zukünftig könnte sie als Lehrmaterial an anderen Schulen eingesetzt werden. Die Lehrerin glaubt, dass sie im Comic-Stil mit wenig Text die Schülerinnen und Schüler besser erreicht.
Außerdem gibt die Lehrerin zu bedenken, dass es kaum noch Zeitzeugen gibt, die den Schülerinnen und Schülern von ihren Erfahrungen berichten können. Deren Geschichten in Graphic Novels festzuhalten, könne eine Form sein, die Erinnerung weiterhin aufrechtzuerhalten, meint Sandra Butsch.
Das Engagement der Schülerinnen und Schüler ist vielfältig
An der Graphic Novel über die Reise nach Gurs waren die Schülerinnen und Schüler nur als Protagonisten beteiligt. In den AGs zeichnen sie aber auch selbst eigene kleine Comics und Plakate. In diesen halten sie zum Beispiel Biographien von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen fest. Wichtig dabei sei, dass die Jugendlichen mit den Menschen selbst ins Gespräch kommen, meint die Lehrerin.
Die Reise nach Gurs ist ein Projekt von vielen. Mit einer AG der Berufsfachschule hat Sandra Butsch ein Theaterstück zum Thema "Flucht - Exil - Lager" erarbeitet. Mit einer anderen AG wurde der grenzüberschreitende Austausch mit Schulen aus Frankreich gesucht. Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schulen sprachen über die Zeit des Nationalsozialismus in ihrer Region.
Große Vielfalt an Projekten
Es ist die Vielfalt der Projekte, für die die Lehrerin mit ihren Schülerinnen und Schülern am Mittwochabend den Rahel-Straus-Jugendpreis erhalten hat. Die Landesarbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg des Vereins "Gegen Vergessen – Für Demokratie" verleiht den Preis. Sie möchte damit ehrenamtliches, bürgerschaftliches Engagement in der Erinnerungskultur in Baden-Württemberg auszeichnen.
Die Preisverleihung am Mittwochabend war gut besucht. Nachdem Jugendliche einige ihrer Projekte selbst vorgestellt hatten, sagte die Sprecherin des Vereins "Gegen Vergessen – Für Demokratie" Birgit Kipfer: "Es ist höchste Zeit geworden, dass sie diesen Preis bekommen." Die Schülerinnen und Schüler würden mit den Projekten für Erinnerungsarbeit begeistert, so Kipfer.
Landtags-Vizepräsident: Schul-AGs leisten wichtigen Beitrag
Auch der Landtags-Vizepräsident von Baden-Württemberg, Daniel Born (SPD), zeigte sich beeindruckt vom Engagement der Jugendlichen. Er betonte wie wichtig es sei, die Erinnerung an die NS-Verbrechen aufrechtzuerhalten. "Wir brauchen für unsere demokratische Reise das Erinnern", sagte Born in seiner Rede. Die Schülerinnen und Schüler hätten dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.
Außerdem verwies Born darauf, dass die AfD die Mittel für Fahrten nach Gurs streichen wolle. "Unsere Demokratie wird angegriffen", sagte der SPD-Politiker. Es sei eine Zeit, in der man auch mal Widerstand leisten und widersprechen müsse. Mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler sagte er: "Ihr habt genau diesen Mut gezeigt."
Landtags-Vizepräsident von Baden-Württemberg Daniel Born über das Engagement der Schul-AGs:
Walter-Eucken-Schul-AGs prägen Schülerinnen und Schüler nachhaltig
Für viele Jugendliche ist die Auszeichnung eine Bestätigung ihres Engagements. Die Schülerin Kim sagte: "Es zeigt einfach, dass unser Mut, den wir beweisen und die Arbeit, die wir leisten, wirklich gesehen wird und dass wir etwas bewegen."
Schüler Julian glaubt, dass sich sein Blick auf die Welt durch die Schul-AG verändert habe. "Stolpersteine nehme ich ganz anders wahr und es gibt auch so viele Orte der Erinnerung, die ich davor nicht wahrgenommen habe", sagte er nach der Preisverleihung gegenüber dem SWR.
Die AG, die nach Gurs reiste, sei eigentlich auf ein Jahr begrenzt gewesen, wurde dann aber fortgeführt. Julian ist jetzt schon das dritte Jahr dabei. Für ihn sei es eine Herzensangelegenheit geworden.
Auch die Schülerin Lea ist mit nach Gurs gereist. Davor habe sie nicht viel über das Internierungslager gewusst. "Es wird in der Schule viel über die NS-Zeit berichtet, aber nicht viel über das was direkt vor der Haustür stattfindet." Für sie sei es ein Schock gewesen, zu sehen, wie groß das Lager war. Lea engagiert sich weiter und bietet inzwischen Workshops für jüngere Schülerinnen und Schüler an.
Walter-Eucken-Schul-AGs erhalten 1.000 Euro Preisgeld
Bei der Preisverleihung wurde der Lehrerin der Schul-AGs, Sandra Butsch, eine Urkunde und ein Gedenkstein überreicht. Zudem ist der Rahel-Straus-Jugendpreis mit 1.000 Euro dotiert. Die Lehrerin sagte, sie fühlten sich durch die Auszeichnung gestärkt. An ihre Schülerinnen und Schüler gerichtet sagte Sandra Butscher: "Ich bin sehr, sehr stolz auf Sie. Auf jedes einzelne Projekt, jeden einzelnen Schüler und jede einzelne Schülerin."