"DEMOKRA-WIE? - Lass uns über Wahlen reden" - unter diesem Motto sprachen am Donnerstag - drei Tage vor den Wahlen - Bea Wolf, Michael Wehner und Dejan Mihajlović darüber, wie Demokratie auch in Zukunft gelingen kann. Kritische Fragen aus dem Publikum sorgten für eine lebhafte Debatte. Şenay Awad, Leiterin des Sozialdienstes der muslimischen Frauen, musste ihre Teilnahme krankheitsbedingt kurzfristig absagen.
Über einen QR-Code konnte sich das Publikum im Schlossbergsaal des SWR Studios Freiburg interaktiv an der Podiumsdiskussion beteiligen. So konnten Meinungen aus dem Saal anonym geteilt und von SWR-Moderatorin Maya Rollberg aufgegriffen werden.
Das Dilemma der Demokratie
Viele Menschen fühlten sich von der Politik nicht mehr verstanden - vor allem junge Menschen, sagte Bea Wolf, Studentin und Aktivistin aus Freiburg. Die Lösung aus ihrer Sicht: Eine direktere Beteiligung der Bevölkerung am demokratischen Prozess. Denn Wahlen seien oft zu kompliziert, so Wolf, gerade bei so vielen Listen und Wahlmöglichkeiten wie in Freiburg. Wichtig sei es, so Wolf, dass alle Menschen an der politischen Debatte teilhaben könnten, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft oder ihrem Bildungsgrad. Deshalb plädiert sie für sogenannte Bürgerinnenräte, in denen die Bevölkerung offen diskutieren kann. Es brauche Formate, "wo die Menschen ausreichend Zeit haben, sich zu informieren, um dann auf sinnvollen Grundlagen stehende Entscheidungen zu treffen", sagt Wolf.
Der Politologe Michael Wehner von der Landeszentrale für politische Bildung ist anderer Meinung: "Wahlen sind das demokratischste Mittel der Bürgerbeteiligung". In einer repräsentativen Demokratie sei es oft nicht leicht, Mehrheiten zu finden. Trotzdem sei das auch einer der Vorteile der Demokratie, so Wehner - gewissermaßen Dilemma und Trumpf zugleich.
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Der Kommunal-O-Mat für die Freiburger Kommunalwahl am 9. Juni soll helfen, sich über die Themen und Positionen zu informieren. Das Angebot wurde bereits 30.000 mal genutzt.
Hass und Hetze gefährden die Demokratie
Im Wahlkampf der letzten Wochen gab es vermehrt Angriffe auf Politikerinnen und Politiker. Auch Bea Wolf und Lehrer Dejan Mihajlović haben solche Anfeindungen bei ihrem Aktivismus erlebt. Beide organisieren seit diesem Jahr Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Darauf hätten sie viele positive Rückmeldungen bekommen, aber eben auch rassistische und transfeindliche Kommentare oder sogar Morddrohungen. Politisches Engagement sei bedroht, aber das sei kein Grund aufzugeben, so der Konsens auf der Bühne.
Welche Rolle spielen die öffentlich-rechtlichen Medien?
Was kann und muss etwa der öffentlich-rechtliche Rundfunk in dieser Hinsicht besser machen? Das breite demokratische Spektrum abzubilden sei nicht leicht, sagt Wehner: "Die Medien müssen die Welt anschaulich machen, ohne in Weltanschauungen zu verfallen." Auf Nachfragen aus dem Publikum sagte Andreas Waetzel, Leiter der Redaktion SWR Aktuell Südbaden, auch der SWR müsse sich für mehr Transparenz, Glaubwürdigkeit und Teilhabe stark machen.
Zwei Stunden lebhafte Diskussion
"Ich finde das toll, dass Leute wie hier in Freiburg auch bei so schönem Wetter kommen und sich mit solchen Themen beschäftigen", so einer der Teilnehmer der lebhaften, zweistündigen Diskussion. Und weiter: "Das ist eine Stadt, wo politisches Engagement doch noch wesentlich mehr gelebt wird."
"Wenn wir uns Beteiligung wünschen, dann müssen wir auch soziale Politik machen", so eine andere Teilnehmerin, "damit Leute in der Lage sind, sich zu beteiligen." So müsse etwa Pflegearbeit ausreichend bezahlt werden, damit sich zum Beispiel auch Frauen politisch oder anderweitig in der Zivilgesellschaft engagieren könnten.