Der Bezirksbeirat sei "nicht begeistert"

Psychisch kranke Straftäter in Bad Cannstatt? Bezirksvorsteher reagiert

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Autor/in
Frederike Hagedorn
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In das Krankenhaus vom Roten Kreuz in Bad Cannstatt ziehen möglicherweise 80 psychisch erkrankte oder suchtkranke Straftäter ein. Der Bezirksbeirat Bad Cannstatt reagiert verhalten.

Der Bezirksvorsteher von Stuttgart-Bad Cannstatt Bernd‐Marcel Löffler sieht die Pläne des Sozialministeriums für eine forensische Psychiatrie im Krankenhaus vom Roten Kreuz Bad Cannstatt (RKK) kritisch. Der Bezirksbeirat sei "nicht begeistert", so Löffler gegenüber dem SWR. Derzeit wird das Vorhaben geprüft. Zuerst hatte die "Stuttgarter Zeitung" berichtet.

In zwei bis drei Jahren forensische Psychiatrie in Bad Cannstatt?

Das RKK in Stuttgart-Bad Cannstatt könnte zu einer forensischen Psychiatrie werden. Im Sozialausschuss des Gemeinderats in Stuttgart hat das baden-württembergische Sozialministerium einen Plan vorgestellt, wonach mindestens 80 Personen im Maßregelvollzug in Stuttgart-Bad Cannstatt untergebracht werden könnten.

Ministerialdirektorin Leonie Dirks bestätigte im SWR-Interview, das es einen Vorvertrag mit dem Landesverband Deutsches Rotes Kreuz gibt. Demnach strebt das Sozialministerium an, einen Mietvertrag zeitnah umzusetzen. Laut der Stadt Stuttgart könnten mit einem Umbau des RKK die Pläne des Sozialministeriums in zwei bis drei Jahren umgesetzt werden. Die Kosten dafür seien im zweistelligen Millionenbereich und würden vom Land getragen werden, so das Sozialministerium.

Ein Entscheidungsrecht über die finalen Pläne haben weder der Bezirksbeirat noch die Stadt Stuttgart. Die Verantwortung für Einrichtungen des Maßregelvollzugs liegt in der Hand des Landes.

Sucht- und psychisch kranke Straftäter in Bad Cannstatt

In der forensischen Psychiatrie sollen Straftäter im sogenannten Maßregelvollzug untergebracht werden. Es geht um Menschen, die eine Straftat begangen haben und als psychisch krank oder suchtkrank gelten. Voraussetzung für die Unterbringung im Maßregelvollzug ist die Feststellung der Schuldunfähigkeit. In den Maßregelvollzugskrankenhäusern sollen die Patienten unter anderem die Möglichkeit bekommen, sich von der Drogen- oder Alkoholsucht zu entwöhnen und sich auf ein sucht- und straffreies Leben vorzubereiten. Gleichzeitig hat die Sicherheit der Bevölkerung oberste Priorität, schreibt das Sozialministerium im Netz.

Am Standort Stuttgart sollen vor allem Personen untergebracht werden, die schon eine sehr hohe Lockerungsstufe erreicht haben. (...) Das ist sehr wichtig zu sagen, weil das entsprechend auch in Bezug auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung wichtig ist.

Laut der Ministerialdirektorin des Sozialministeriums, Leonie Dirks, sollen in Bad Cannstatt Patientinnen und Patienten untergebracht werden, die in der Behandlung schon weit fortgeschritten sind. Außerdem seien ein Abschluss der Behandlungen und eine Wiedereingliederung der Patientinnen und Patienten in Sicht.

Sozialausschuss und Bezirksbeirat reagieren verhalten auf die Pläne

Im Sozialausschuss waren die Reaktionen gemischt, sagte ein Sprecher der Stadt dem SWR. Von CDU und FDP seien Bedenken geäußert worden. Die SPD zeigte sich, laut Stuttgarter Zeitung "wohlwollend". Am vergangenen Mittwoch wurde das Thema im Bezirksbeirat besprochen. Auch dort waren die Reaktionen verhalten, so Bezirksvorsteher Bernd‐Marcel Löffler gegenüber dem SWR.

Er sehe den Standort in der Altstadt von Bad Cannstatt kritisch, da eine solche Einrichtung abschreckend wirken könne. Gleichzeitig könne er verstehen, dass die Patientinnen und Patienten irgendwo untergebracht werden müssen.

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Der Bedarf an Maßregelvollzugseinrichtungen sei gestiegen. Seit 2017 haben die Zuweisungen in den Maßregelvollzug in Baden-Württemberg um 55 Prozent zugenommen, so das Sozialministerium. Die Situation im Maßregelvollzug sei in Baden-Württemberg angespannt, weswegen der Ausbau an Einrichtungen wichtig sei. In der Region Stuttgart fehle es bisher an geeigneten Einrichtungen für den Maßregelvollzug. Das habe zur Folge, dass Patientinnen und Patienten in anderen Landesteilen untergebracht werden.

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