Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wäre nach eigenen Worten zu einem früheren Abtritt von seinem Amt bereit gewesen, um den Weg für einen grünen Nachfolger zu ebnen. Der 76-jährige Politiker sagte im SWR-Sommerinterview auf die Frage, ob es ihn ärgere, dass er es anders als die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) nicht geschafft habe, früher abzutreten: "Es lag ja nicht an mir. Insofern, was soll ich mich ärgern?" Damit komme man nicht weiter. "Das ist jetzt eben so. Solange ich gesund und fit bin, ist das ja auch verkraftbar."
Das komplette SWR-Sommerinterview mit Winfried Kretschmann sehen Sie hier:
Hagel machte grüne Hoffnungen auf fliegenden Wechsel zunichte
Kretschmann spielt mit seiner Aussage offensichtlich darauf an, dass CDU-Fraktionschef Manuel Hagel zur Mitte der Legislaturperiode erklärt hatte, seine Fraktion würde als Koalitionspartner keinen grünen Nachfolger mitwählen. Das wurde bei den Grünen als klarer Verstoß gegen den Koalitionsvertrag gewertet. Denn dort steht, dass die Grünen den Ministerpräsidenten stellen. Der 36-jährige Hagel, der auch CDU-Landesvorsitzender ist, gilt als Favorit auf die Spitzenkandidatur seiner Partei.
Kretschmann über Özdemir: Er war und bleibt im Gespräch
Kretschmann bestätigte, dass der grüne Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Frühjahr 2026 nach der Sommerpause gekürt werde. Auf die Frage, ob Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) es werde, sagte der Regierungschef: "Im Gespräch war er ja und er bleibt im Gespräch. Mehr gibt es zurzeit nicht zu sagen."
Nachfolge Kretschmann Özdemir erstmals klarer zur Spitzenkandidatur bei Landtagswahl
Zum ersten Mal hat sich Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir als Spitzenkandidat der Grünen für die Landtagswahl 2026 ins Spiel gebracht. Er äußerte sich entsprechend im SWR.
Kretschmann geht davon aus, dass sein möglicher Nachfolger seinen Weg fortsetzen wird. "Ich glaube, der Weg, den wird er sicher, wer auch immer das wird, sicher so beschreiten, wie wir das gemacht haben: Klar in den Zielen, offen in den Wegen." Man müsse zeigen, dass man bereit sei, auch über Umwege ans Ziel zu kommen: "Das müssen wir ausstrahlen." Derzeit liegen die Grünen BW in Umfragen allerdings etwa zehn Prozentpunkte hinter dem Koalitionspartner CDU.
Kretschmann fordert mehr Pragmatismus und mehr Bürgernähe
Mit Blick auf die Schlappe der Grünen bei der Europawahl forderte Kretschmann seine Partei zu mehr Pragmatismus und Bürgernähe auf. Sein Rat sei: "Immer hören, was sagen die Bürger zu dem, was man macht. Halten sie den Weg für richtig oder nicht? Ist er zu schnell, überfordert es sie?", sagte Kretschmann im Sommerinterview des SWR, das am Freitagabend ausgestrahlt wird. "Niemand erwartet von einem Grünen, dass er seine grünen Ziele aufgibt." Aber man könne von Grünen erwarten, dass sie bei der Wahl des Weges flexibel seien, "wenn der auf mehr Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürger stößt".
Klare Analyse nach Pleite bei Europawahl gefordert
Die hohen Verluste der Grünen bei der Europawahl haben Kretschmann nach eigener Aussage überrascht. "Dass es so hart kommt, hätten wir vielleicht nicht gedacht." Seine Partei müsse nun schauen, "was haben wir selbst falsch gemacht, was sind Trends in der Gesellschaft". Der Abwärtstrend der Grünen habe auch mit der Ampel-Bundesregierung zu tun. "Eine Ampel, die immer öffentlich Streit austrägt über alles, was sie macht. Da haben die Leute den durchaus falschen Eindruck, dass die gar nichts machen."
"Das schmerzt" Kretschmann nennt Gründe für "saftige Niederlage" der Grünen bei Europawahl
Ministerpräsident Kretschmann hat sich erstmals zu den Ergebnissen der Grünen geäußert und eine "saftige Niederlage" eingeräumt. Die Gründe dafür sieht er unter anderem in Berlin.
Kretschmann empfiehlt Ampel seinen Regierungsstil
In Baden-Württemberg gingen Grüne und CDU anders miteinander um. Zuletzt haben beide Koalitionspartner eine Reihe von strittigen Themen abgeräumt, "ohne dass Sie gehört haben, dass öffentlicher Zauber entfacht worden ist". Grüne und CDU stritten auch, aber man finde hinter den Kulissen Kompromisse und stehe dann dazu. "Das ist ein Regierungsstil, den man machen muss." So hätten sich Grüne und CDU auf Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie geeinigt, etwa bei der Landesbauordnung.
Grüne sollen bei Migration klar für Begrenzung eintreten
Kretschmann appellierte an die eigene Partei, beim Thema Migration aus Fehlern zu lernen. "Jedem ist klar: Wir müssen die begrenzen, die irreguläre Migration und die legale Migration erleichtern. Da waren wir zum Beispiel nicht klar genug. Das sind Dinge, die muss man korrigieren."