Die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) will die private Handynutzung an Schulen einschränken. Wie das Ministerium dem SWR bestätigte, ist eine "schulgesetzliche Regelung mit klaren Leitplanken für den Umgang mit Smartphones an Schulen" in Planung.
Kultusministerium BW: "Es ist Zeit, zu handeln"
"Es geht mir um den Schutz unserer Kinder und Jugendlichen", sagte Schopper der Deutschen Presse-Agentur. Die negativen Einflüsse von Smartphones seien inzwischen ausreichend belegt. Als Beispiele nannte Schopper Folgen für die Konzentrationsfähigkeit, das Lernvermögen und die mentale Gesundheit. Auch könnten diese zu Cybermobbing oder emotionaler Vereinsamung führen. "Es ist Zeit, zu handeln", sagte die Ministerin.
Ein generelles Handyverbot für alle Schulen halte Schopper jedoch nicht für sinnvoll. Im Rahmen einer Diskussion in der Kultusministerkonferenz Ende des vergangenen Jahres hatte sich die BW-Kultusministerin gegen ein bundesweites Handyverbot an Grundschulen ausgesprochen. Es sei keine "so einfache Geschichte mit Schwarz und Weiß", sagte Schopper Anfang Dezember 2024. Statt einem Verbot sprach sie sich dafür aus, das Fach Medienkompetenz in den Lehrplan zu integrieren.
BW-Ministerin Schopper: Angemessene Alterskontrollen nötig
Nun sagte Schopper, das gemeinsame Ziel müsse sein, dass Kinder und Jugendliche nicht unentwegt mit zerstreuenden Inhalten bombardiert würden. "Deshalb brauchen wir klare, altersgerechte Regelungen an unseren Schulen, die auf breite Akzeptanz stoßen."
Aus Sicht von Baden-Württembergs Kultusministerin Schopper sollte das Handy in der Schule zum Beispiel im Flugmodus bleiben. Nur in entsprechenden Unterrichtszeiten solle die Nutzung erlaubt sein, um etwa im Internet zu recherchieren.

Wie genau die Regeln aussehen sollen, sagte Schopper nicht. Sie wolle in Abstimmung mit ihren Ministerkollegen aus anderen Bundesländern auf entsprechende Konzepte hinarbeiten. Ziel sei es, auch die Interessen der Eltern über die Elternvertretungen einzubeziehen - nur so könnten die Handyregeln am Ende akzeptiert werden, so Schopper. Bislang liegt es im Ermessen der Schulen, ob sie die Nutzung von Handys in der Pause verbieten.
An manchen Schulen gilt bereits ein Handy-Verbot
Es gibt bereits einige Schulen in Baden-Württemberg,an denen ein teilweises oder komplettes Handy-Verbot gilt. Beispielsweise am Goethe-Gymnasium Gaggenau (Kreis Rastatt) dürfen die Schüler und Schülerinnen auf dem gesamten Schulgelände kein Handy nutzen. Einzige Ausnahme: wenn die Handy-Nutzung vom Lehrer oder der Lehrerin ausdrücklich erwünscht ist, beispielsweise als Stoppuhr.
Grund für das Verbot seien unter anderem ausufernde TikTok-Challenges und Übergriffe durch Cybermobbing. Vor allem aber, so Schulleiter Bernhard Krabbe, habe ihn das Verhalten der Schüler bewegt: Vor dem Verbot habe es in Gemeinschaftsräumen, in der Bibliothek oder der Mensa praktisch keine Kommunikation mehr unter den Schülern und Schülerinnen gegeben. Alle hätten sich nur noch über ihr Handy gebeugt, wie man das an der Bushaltestelle kenne. Inzwischen würden sie sich wieder miteinander unterhalten, es sei eine ganz andere Stimmung an der Schule.
Einheitliche Regelungen? Lehrerverbände sind sich uneinig
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Baden-Württemberg begrüßt den Vorstoß der Kultusministerin für einheitliche Regelungen zur Handynutzung. Dass Schulen die Handynutzung bisher individuell regeln, führe laut VBE-Landesvorsitzenden Gerhard Brand zu größeren Diskussionen zwischen Schüler- und Elternschaft. "Um den Umgang mit KI und Sozialen Medien zu erlernen, benötigen die Schülerinnen und Schüler natürlich digitale Endgeräte. Der Einsatz dieser Geräte muss jedoch an unterrichtliche Zwecke gebunden sein", sagte Brand. Über die Schulen hinaus sehe der Verband aber auch die Eltern in der Pflicht, mit ihren Kindern eine "altersgerechte Mediennutzung einzuüben". "Die Schulen können nicht alles auffangen, was im Privaten schiefläuft", so der VBE-Landesvorsitzende.
Anders sieht das die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Monika Stein. Die Schulen hätten das Thema Handynutzung schon auf dem Schirm, es brauche daher keine schulgesetzlichen Regelungen. "Ich war bislang in keiner Schule, die bei dem Thema noch keine klaren Regeln formuliert hat", sagte Stein. Ein mögliches Handyverbot hält Stein sogar für kontraproduktiv. "Die Schulen sind der einzige Ort, wo alle Kinder und Jugendlichen unabhängig vom Elternhaus lernen können, sinnvoll mit dem Handy umzugehen und wo sie über Gefahren beim Medienkonsum aufgeklärt werden", sagte sie. Außerdem sei die digitale Entwicklung rasant. "Ein Schulgesetz hinkt da immer hinterher."
Elternbeirat will in Gestaltung der Regelungen einbezogen werden
Der Landeselternbeirat (LEB) begrüßt grundsätzlich das Vorhaben des Kultusministeriums. Es sei wünschenswert, einheitlich bindende Regelungen an allen Schulen vorzugeben, so der LEB-Vorsitzende Sebastian Kölsch. Allerdings sei man im Elternbeirat erstaunt über die fehlende Einbindung betroffener Schüler und Schülerinnen in den Entstehungsprozess der Regelungen. "Wir sind gerne zur konstruktiven Mitarbeit bereit“, sagte Kölsch.
SPD-Fraktion fordert schnelle konkrete Vorschläge
Im Landtag erhält Ministerin Schopper Zuspruch für ihre Pläne. Wichtig sei dabei auch für ihn die frühzeitige Einbindung von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften, sagte der Bildungsexperte der SPD-Fraktion, Stefan Fulst-Blei. "Wir erwarten nach der Ankündigung jetzt auch konkrete Vorschläge aus dem Kultusministerium. Ein kommunikatives Desaster wie bei Kompass 4 muss auf jeden Fall verhindert werden", so Fulst-Blei abschließend.
Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Timm Kern, fordert zusätzliche Angebote und Maßnahmen zur Handyregelung. "Die Schülerinnen und Schüler müssen auch durch gezielte Medienbildung und Werteerziehung lernen, wie sie ihre Geräte auch außerhalb der Schule sinnvoll und bewusst nutzen können. Es ist entscheidend, dass wir ihnen nicht nur Regeln aufstellen, sondern im selben Atemzug vermitteln, warum diese notwendig sind", so Kern.
Auch außerhalb der Schule angemessene Beschränkungen wichtig
Außerhalb der Schulen braucht es aus Sicht von Schopper einen wirksameren Kinder- und Jugendschutz. "Von gesundheitsschädlichen Videos über Pornografie bis zu Tötungsszenen - an all diese Inhalte kommen unsere Kinder durch ein nicht ganz wahrheitsgetreues Häkchen bei der Altersangabe heran", sagte die Ministerin. Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin fordert die grüne Landesministerin Union und SPD außerdem auf, Altersbeschränkungen für Social-Media-Plattformen in den Blick zu nehmen. Hier brauche es auf europäischer und auf Bundesebene strengere Regeln, so Schopper.