Die Diskussionen um die geplante Schließung von 18 Notfallpraxen in Baden-Württemberg halten an. Davon betroffen wären rund 90.000 Patientinnen und Patienten. Das geht aus der Antwort des Gesundheitsministeriums auf Anfragen der SPD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag hervor, die dem SWR vorliegen.
Anfragen zu fast allen Notfallpraxen
Die SPD-Fraktion hat Daten und Fakten zu 16 der 18 Notfallpraxen abgefragt, die auf der Schließungsliste stehen. Dort sind im vergangenen Jahr insgesamt 86.000 Menschen behandelt worden. Davon allein 15.000 Patientinnen und Patienten in Backnang (Rems-Murr-Kreis), wo vor zehn Jahren das Kreiskrankenhaus geschlossen wurde. Auffallend auch: die meisten Notfallpraxen haben gegenüber dem Vorjahr steigende Patientenzahlen. Nagold (Kreis Calw) beispielsweise plus 14 Prozent, Münsingen (Kreis Reutlingen) plus 12 Prozent oder Eberbach (Rhein-Neckar-Kreis) plus 10 Prozent.
Sozialminister stellt sich hinter Veränderungen FAQ: Notfallpraxen schließen - wo sollen Kranke künftig hin?
Ab April sollen nach Plänen der Kassenärztlichen Vereinigung BW 18 Notfallpraxen schrittweise schließen. Es hagelt Kritik. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Das Gesundheitsministerium Baden-Württemberg verweist in seiner Antwort auf die Argumentation der Kassenärztlichen Vereinigung, wonach der ärztliche Bereitschaftsdienst neu strukturiert werden müsse, weil knapp 1.000 Hausarztsitze nicht besetzt seien. Wenn in den nächsten Wochen das Strukturkonzept vorliege, würden noch digitale Angebote, der Ausbau der Fahrdienste oder Patientensteuerung am Telefon geprüft, teilt das Ministerium auf SWR-Anfrage mit.
Anhaltende Kritik an geplanter Schließung von Notfallpraxen
Die von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) geplante Schließung von 18 Notfallpraxen soll im April 2025 beginnen und schrittweise vollzogen werden. Kritik daran kommt unter anderem von Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag. Gesundheitspolitikerinnen und -politiker mehrerer Fraktionen kritisieren, dass die Zahl der zu schließenden Notarztpraxen zu hoch gegriffen sei. Angesichts der bisherigen Schließungen und der 18 weiteren Standorte, die wegfallen sollen, sprechen manche in der Opposition von einem Kahlschlag im System der Versorgung.
Auch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund ist dagegen. Sie befürchtet, dass viele Patientinnen und Patienten nicht weitere Wege auf sich nähmen, sondern stattdessen in die Ambulanz des nächsten Krankenhauses gehen. Dann drohe dort eine Überforderung.
Breiter Protest gegen Schließungen 18 weitere Notfallpraxen in BW schließen: Diese Standorte sind betroffen
Die Kassenärztliche Vereinigung BW hat am Montag ihre Pläne für den ärztlichen Bereitschaftsdienst vorgestellt. Ab April 2025 sollen 18 Notfallpraxen schrittweise geschlossen werden.
Hunderte Menschen protestieren gegen Schließungspläne
Gegen die Schließungspläne der KVBW hat sich breiter Protest formiert - Ärzte, Landräte, Bürgermeister und Landtagsabgeordnete sind dabei. Hunderte Menschen demonstrierten unter anderem vor dem Gebäude der Kassenärztlichen Vereinigung in Stuttgart gegen das Vorhaben.
Als Grund für die geplante Schließung von 18 Notfallpraxen nannte die KVBW den Personalmangel unter niedergelassenen Ärzten. Man habe schlicht und einfach ein Personalproblem, sagte Karsten Braun, Vorstandsvorsitzender der KVBW. Wenn man die Versorgung im Land verantwortungsvoll aufrechterhalten wolle, müsse man sich auf die Regelversorgung fokussieren, also auf die normalen Praxen. "Wenn wir den Bereitschaftsdienst nicht anpassen, dann fahren wir die Regelversorgung im Land an die Wand. Das ist nun mal die Realität", so Braun.
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In Bad Saulgau soll die Notfallpraxis geschlossen werden. Doch der Plan der Kassenärztlichen Vereinigung stößt auf Widerstand in der Stadt. Dort wurde erst vor zwei Jahren das Krankenhaus zugemacht.